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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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sann der Prinz darüber nach, wie er sie wohl herunterholen könnte.«
    »Er könnte den Raben rufen«, schlug Fischmehl vor.
    Der Kopf verdrehte die Augen. »›Du musst den Raben rufen‹, sagte der Wolf. Der Prinz rief also den Raben, und im Handumdrehen kam der Rabe herbei, flog hinauf und holte die Schlüssel. So gelangte der Prinz in den Turm. Und als er zu dem Brunnen kam, war dort die Ente und schwamm hin und her, genau wie der Riese es gesagt hatte. Der Prinz lockte und lockte sie, bis sie zu ihm kam und er sie packen konnte. Doch just als er sie aus dem Wasser hob, ließ die Ente das Ei in den Brunnen fallen. ›Verflixt‹, sagte der Prinz und verfiel in tiefes Nachdenken, wie er es wieder herausholen sollte.
    ›Nun, jetzt musst du zweifelsohne den Lachs rufen‹, sagte der Wolf. So rief der Königssohn den Lachs. Der Lachs kam und holte das Ei vom Grund des Brunnen herauf.«
    »Wie ist der Lachs denn in den Brunnen gekommen?«, fragte Fischmehl.
    »Er ist dorthin geschwommen«, sagte der Kopf.
    »Also, wenn der Lachs einfach so dorthin schwimmen konnte, warum hat Stiefelchen ihn dann nicht gleich zu Anfang darum gebeten, ihm das Ei zu holen, statt sich an den Wolf und den Raben zu wenden?«
    »Weil es ihm nicht eingefallen ist, bevor er dort ankam«, sagte der Kopf.
    »Ich hasse es, wenn das passiert«, sagte Fischmehl.
    »Der Wolf wies Stiefelchen an, das Ei zu zerdrücken. Und im selben Augenblick, als er damit begann, schrie der Riese in seinem Haus, oben auf den sieben Hügeln, vor Schmerz auf.
    ›Drück es noch einmal‹, sagte der Wolf. Als der Prinz das tat, schrie der Riese noch Mitleid erregender und bettelte verzweifelt, er möge ihn verschonen. Er versprach alles zu tun, was der Prinz wünschte, wenn er ihm nur nicht das Herz entzwei drückte.
    ›Sag ihm, du wirst sein Leben verschonen, wenn er deine sechs Brüder und ihre Bräute, die er in Stein verwandelt hat, wieder zum Leben erweckt‹, sagte der Wolf. Das erschien dem Riesen vernünftig. Er willigte ein und verwandelte die sechs Brüder wieder in Königssöhne und ihre Bräute in Königstöchter.
    ›Jetzt drück das Ei entzwei‹, sagte der Wolf. So zerdrückte Stiefelchen das Ei, und sobald er das tat, sprang das Herz des Riesen heraus und fiel zu Boden. Dort verwandelte es sich in Stein und im selben Augenblick fiel der Riese tot zu Boden. Nachdem er dem Riesen so ein Ende bereitet hatte, ritt Stiefelchen auf dem Wolf wieder zum Haus des Riesen zurück. Auf dem Hof standen all seine sechs Brüder lebendig und vergnügt beieinander, und ebenso ihre Bräute. Da ging Stiefelchen in das Haus, um seine Braut zu holen, und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Haus ihres Vaters. Du kannst dir vorstellen, wie glücklich der alte König war, als er alle sieben Söhne zurückkehren sah, ein jeder mit seiner Braut. ›Aber‹, sagte der König, ›die schönste von allen, ist doch Stiefelchens Braut, und er soll an der Stirnseite des Tisches sitzen, mit ihr zu seiner Linken.‹ Und so gingen sie hinaus und riefen ein großes Hochzeitsfest aus, und Frohsinn und Heiterkeit währten laut und lang, und es wurde viele Jahre hindurch gefeiert, und das ist ein guter Zeitpunkt, um die Geschichte zu beenden.«
     

     
    »Na, was meinst du?«, fragte der Kopf gespannt.
    »Nicht schlecht«, sagte Fischmehl.
    »Nicht schlecht!«, schrie der Kopf. »Nur dass du’s weißt - ich habe diese Geschichte schon erzählt, bevor der Großvater des Großvaters deines Großvaters überhaupt auf die Idee gekommen ist, Vater zu werden.«
    »Tut mir Leid«, sagte Fischmehl. »Ich wollte sagen, dass sie mir sehr gefallen hat.«
    »Humpf«, brummte der Kopf. »Was machst du denn so, wenn du nicht gerade Bücher liest und mit Köpfen redest?«
    »Auf dem Schiff bin ich der Hauptwartungstechniker.«
    »Der Hausmeister.«
    »Äh, ja«, gab Fischmehl zu. »Aber das ist nicht das, was ich wirklich mache.«
    »Sondern?«
    »Ich bin Kartograf«, sagte Fischmehl und streckte die Brust heraus.
    »Mhm«, meinte der Kopf. »Dann machst du also Karten.«
    »Ah, ja«, erwiderte Fischmehl und seine Brust sank ein wenig in sich zusammen.
    »Also gut«, sagte der Kopf. »Das ist wahrscheinlich ein ganz ehrenwerter Beruf. Was für Karten zeichnest du, Kartograf?«
    »Gute Karten«, sagte Fischmehl.
    »Nein, nein«, sagte der Kopf. »Ich meine, wovon machst du Karten?«
    »Das zu erklären ist etwas schwierig«, sagte Fisch verlegen und fühlte Schamröte aufsteigen, wie schon so

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