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Der zeitlose Winter

Der zeitlose Winter

Titel: Der zeitlose Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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oft, wenn er versuchte, diese Frage zu beantworten. »Es kann ein wenig Zeit in Anspruch nehmen…«
    »Hey«, sagte der Kopf, »ich bin nur ein Kopf - sieht es so aus, als hätte ich es eilig, irgendwohin zu kommen?«
    »Da hast du Recht«, sagte Fischmehl, setzte sich dem Kopf gegenüber auf eine Kiste und schlug die Beine übereinander. »Ich zeichne Karten von Orten, von denen noch niemand jemals Karten gemacht hat.«
    »Interessant«, sagte der Kopf und hob eine Augenbraue (was, wie Fischmehl bemerkte, eine ziemlich dramatische Geste war für jemanden, der nur aus einem Kopf bestand). »Meinst du damit, du besuchst Orte, wo noch niemand gewesen ist, und zeichnest dann eine Karte davon? Oder zeichnest du Karten von Orten, wo eine Menge Leute gewesen sind, deren Lage aber niemand kennt?«
    Fisch blinzelte. Diese Frage wurde ihm zum ersten Mal gestellt. Er war nicht sicher, ob er sie verstand, geschweige denn eine Antwort darauf wusste. »Bisher«, sagte er, »habe ich zum größten Teil nur Karten von Orten gezeichnet, die möglicherweise gar nicht existieren – Orte aus alten Büchern und Geschichten.«
    »Dann«, sagte der Kopf, »haben wir möglicherweise mehr gemeinsam, als es zunächst den Anschein hatte. Willst du diesem Kartenzeichnen dein ganzes Leben widmen?«
    »Eigentlich«, sagte Fisch und zupfte schüchtern an seinem Kragen, »ist es eher das Mittel zum Zweck – wirklich gern erlernen würde ich die Archäo-Astronomie. Ein Großteil der Disziplinen, die dafür benötigt werden, haben einfach etwas mit Kartografie zu tun… Außerdem macht mir das am meisten Spaß.«
    »So ist die Jugend«, seufzte der Kopf. »Zu meiner Zeit war es einfach: Man war Jäger oder Sammler. Dann wurden die Dinge komplizierter, aber um die Berufswahlmöglichkeiten stand es immer noch ziemlich gut – man konnte Waffenschmied werden oder Kaufmann oder vielleicht Rentier-Beschäler.«
    »Oho«, machte Fischmehl.
    »Nein, nein«, sagte der Kopf. »Man züchtet Rentiere, weißt du, so wie Hühner oder Frettchen vielleicht.«
    »Was ist ein Frettchen?«
    »Unwichtig. Also, was genau macht ein Archäo-Dingsbums überhaupt?«
    »Archäo-Astronom. Das ist eine praktische Anwendungsform der Astronomie, die sich mit frühen Kulturen und Zivilisationen beschäftigt. Astronomie und Archäologie gehen dabei eine Verbindung ein, weil die Archäo-Astronomie nicht nur das Studium der astronomischen Prinzipien umfasst, die in alten architektonischen Bauwerken angewendet wurden, sondern auch die Umsetzung von Astronomie bei den alten Völkern und ihre Beobachtungsmethoden.« Während er sprach, stieg seine Stimme vor Begeisterung an – der Enthusiasmus des jungen Mannes für sein Fach war offensichtlich stärker als sein zögerliches Selbstbewusstsein.
    »Eine ungemein gebildete Antwort für einen Hausmeister«, sagte der Kopf.
    »Ich habe ein ausgezeichnetes Gedächtnis für alles, was ich lese«, gab Fischmehl zu. »Das ist mein Talent.«
    »Dann ist diese Archäo-Astronomie im Grunde eine moderne Wissenschaft, die prähistorische Methoden verwendet.«
    »Ah, na ja, in gewisser Weise schon.«
    »Das hat einige Vorteile«, gab der Kopf zu. »Zumindest musst du dich nie darum kümmern, auf dem neuesten Stand der Forschung zu bleiben. Du brauchst nur herauszufinden, was jemand mit viel geringeren wissenschaftlichen Kenntnissen und einer unterlegenen Ausrüstung sich ausgedacht hat, um zu Schlüssen zu gelangen, die er tausend Jahre vor deiner Geburt gezogen und wieder vergessen hat.«
    »Ahm, ja«, sagte Fischmehl. Er war nicht sicher, warum die Worte des Kopfes richtig klangen, doch genau so war es.
    Nicht, dass sie ihn übermäßig gefreut hätten – er würde in Ruhe darüber nachdenken müssen, um eine bessere Antwort geben zu können, wenn ihn das nächste Mal jemand fragte.
    »Hey«, sagte der Kopf, »ist das eines von Delnas belegten Broten, was ich da rieche?«
    »Ja.«
    »Macht es dir etwas aus, mich abbeißen zu lassen?«
    »Ich glaube, das wäre keine gute Idee.«
    »Ach, komm schon«, sagte der Kopf. »In den alten Tagen konnten Skalden einen ganzen Winter lang bei einer Familie freie Unterkunft und Verpflegung erhalten, im Austausch für Musik, Geschichten und sonstige Unterhaltung. Skalden, die sich in dieser Kunst hervortaten, waren sehr gefragt - wenn wir wirklich gut waren, wurden wir von ganzen Stadtgemeinden verpflichtet, und manchen von uns wurde sogar ein Stück in der Handlung zuteil. Andererseits wurden weniger

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