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Der Zeitspieler

Der Zeitspieler

Titel: Der Zeitspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
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überlegend die Stirn. »Du meinst, wenn jemand einen Streit anfängt?«
    »So etwas Ähnliches.« Cargill lächelte. »Aber auf breiterer Basis. Im zwanzigsten Jahrhundert, aus dem ich komme, hatten wir wahrscheinlich die fähigsten und entschlossensten Revolutionäre der ganzen Weltgeschichte. Ehe man ihnen auch nur den Wind aus den Segeln nehmen konnte, hatten sie bereits die halbe Welt überrannt. Es dauerte eine lange Zeit, bis wir anderen überhaupt erkannten, was sie taten. Aber schließlich dämmerte es uns doch, und wir begannen, uns mit ihren Methoden vertraut zu machen.«
    Lela hatte aufmerksam zugehört. »Meinst du die Russi?«
    »Genau.«
    »Denen haben sie es gegeben«, sagte Lela.
    Cargill, der inzwischen genau erfahren hatte, wie man es ihnen gegeben hatte, um Lelas Terminologie zu benutzen, ging nicht weiter darauf ein. Die gewaltige Landmasse war in vierzig getrennte Staaten aufgeteilt worden. Der Fall des Bolschewismus hatte eine Rückkehr zur Religion auf primitivster Ebene nach sich gezogen. Es war ein feudalistisches Desaster, ein Produkt der üblichen Ängste einer geistig kranken Hierarchie, alles andere als kreativ und so absolut suppressiv, daß die großen Geister fast einer Hälfte der Erdbevölkerung seit über zweihundert Jahren nie zur Entwicklung gekommen waren.
    »Für uns wäre es das beste, mit einer gezielten Propagandakampagne zu beginnen«, erklärte Cargill, »und dann die Reaktion abzuwarten. Der Kampf selbst«, er lächelte grimmig, »kommt zuletzt.« Er wandte sich wieder dem Fernsehgerät zu. »Mit dem ersten Schritt, einem geballten Beschuß, fangen wir gleich an.«
    Am fünften Tag seiner Übertragungen beschlich Cargill allmählich ein Gefühl der Unwirklichkeit. Er schien in die Leere, ins Nichts zu reden. Jetzt verstand er, wie die ersten Radioansager sich gefühlt haben mußten, sie hatten nur ein Mikrophon gehabt, auf das sie starren konnten. Was er brauchte, war eine Bestätigung, daß ihm überhaupt jemand zuhörte. Es gab keine Post, die ihm Zuschriften zustellte, absolut nichts, das ihn ermutigen konnte. Aber trotz seiner Zweifel machte er weiter.
    Dreißig Tage vergingen. Am Morgen des einunddreißigsten, gerade als Cargill seine Propagandarede beendet hatte, erschien das Gesicht eines Mannes auf seinem Bildschirm. Er war etwa fünfundvierzig und sah aus, als wüßte er, was er wollte.
    »Ich möchte mit Ihnen sprechen«, erklärte er.
    Eine Falle? Cargills Finger näherte sich dem Schalter, der die Verbindung unterbrechen würde. Doch er zögerte, und der Fremde hatte Zeit, sich vorzustellen. »Mein Name ist Guthrie. Ich möchte mich mit Ihnen über Ihre Aufwiegelei unterhalten.«
    Er redete und sah aus wie ein Boß. Er war ein typischer, älterer Schweber mit rauhen Manieren. Seine Worte waren Musik in Cargills Ohren. Aber die Zeit war noch nicht reif für Gespräche.
    »Ich bin nicht interessiert«, brummte Cargill und drückte auf den Schalter. Von diesem Tag an nannte er bestimmte Orte, an denen seine Anhänger zusammenkommen sollten. Das war natürlich gefährlich, aber das Leben war es auch. Was die Menge vor einem Gegenschlag schützen würde, war die Tatsache, daß jedes Schiff mit einer Strahlenkanone bewaffnet war.
    Die Tage vergingen. An einem Spätnachmittag kam Lela kurz aus dem Kontrollraum. »Bis wir den See erreichen, wird es schon dunkel sein«, sagte sie.
    Cargill lächelte. »Welchen See meinst du denn?« Schnell fügte er hinzu: »Vergiß es. Ich staune nur jedesmal aufs neue, wie du dir all diese Landeplätze aussuchst.«
    »Da ist gar nichts dabei«, versicherte sie ihm. »Schließlich fliege ich herum, seitdem ich auf die Welt gekommen bin. Ich kenne das Land wie meine Handfläche.«
    Sie schwebten dicht über den Bäumen und landeten mit Hilfe ihrer Scheinwerfer auf einer Lichtung. Als Cargill die Tür öffnete, blitzte in der Dunkelheit ein Strahler auf. Nur die Tatsache, daß er noch hinter der Tür stand, rettete sein Leben. Der Energiestrahl schoß an ihm vorbei und fraß sich in die Metallwand des Korridors. Die Hitze war fast unerträglich, und es stank entsetzlich. Cargill glaubte, ersticken zu müssen.
    Das Schiff hob sich, und im gleichen Augenblick zerriß ein weiterer Blitz, der schon mehr an eine explodierende Sonne denken ließ, erneut die Dunkelheit. Der Schuß mußte in Hecknähe eingeschlagen haben. Der Schweber zitterte und sank auf den Boden zurück, gerade als es Cargill endlich gelungen war, die Tür zu schließen.

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