Der Zeitsprung
Artefakt befand, mit dem quasi jeder Zauber gewirkt werden konnte. Doch jemand hatte es aufgespürt, so unglaublich das klang, und benutzte es nun für seine Zwecke.
Als Cain in der kanadischen Wildnis eingetroffen war, hatte er niemanden mehr dort vorgefunden, aber vielleicht bekam er hier in Chinatown einen Hinweis auf den Dieb. Irgendjemand musste doch etwas bemerkt haben!
»Wurde sonst noch etwas entwendet, Mr Fang?«, rief Cain durch den Schrank.
»Lassen Sie mich sehen.« Mr Fang reichte Cain einen Schlüssel, den er an einer Kette um den Hals trug. »Für die Luke im Boden. Ich mich schwer tun mit Öffnen. Dort nur Zutaten, die ich nicht verkaufe. Sollten auch längst nicht mehr hier sein.«
Cain trat ein Stück zur Seite und drehte den Schlüssel im verrosteten Schloss, doch … »Es ist offen!«
Der alte Mann murmelte einen chinesischen Fluch, und sein aschfahles Gesicht wurde noch weißer, während Cain mit Leichtigkeit, doch mit heftig pochendem Herzen, die schwere Tür anhob. Eine Truhe stand in dem dunklen Loch, gefüllt mit weiteren Phiolen. Der Chinese leuchtete wieder mit der Taschenlampe hinein, um die Fläschchen durchzuzählen. Plötzlich wurden seine Augen groß, und er begann noch einmal von vorne.
»Du liebe Güte, es fehlen eine Flasche mit schwarzem Dämonenblut!« Der alte Mann wollte Cain die Lampe geben, aber er sah die Phiolen auch im Dunkeln. Er erschauderte, aus jeder seiner Poren trat kalter Schweiß, schlagartig raste sein Puls. Schon ein Tropfen dieser Flüssigkeit war tödlich! Verdammt, was auch immer der Kelchdieb vorhatte – jetzt besaß er die mächtigsten Zutaten, um schwarze Magie zu wirken, dazu noch den Kelch!
Die Verantwortung legte sich wie Blei auf Cains Schultern. Die Panik, seine Aufgabe nicht zu schaffen, schnürte ihm fast die Luft ab.
»Wieder nur eine Flasche«, murmelte der Alte in seinen Bart. »Wer sich Gelegenheit entgehen lässt?«
»Warum bewahren Sie so gefährliche Zutaten in Ihrem Laden auf, Mr Fang?«, fragte Cain, dem an diesem Fall kaum noch etwas wunderte. Nichts schien einen Sinn zu ergeben. »Soweit ich weiß, lagern die hochgradig schwarzmagischen Zutaten im Bunker des Zentrallagers der Magier, wo sie schwerstens bewacht werden.«
»Ja, das stimmt.« Der Chinese seufzte laut, die Hand auf seinem Stock zitterte. »Ausnahme das gewesen. Vor einigen Stunden mir ein Bursche Kiste gebracht, ein junger Engel, der gesagt, habe sie Dämonen abgeknüpft. Sollte heute ins Zentrallager gehen.«
Cain erinnerte sich, solch eine Nachricht gehört zu haben. Eine eher unwichtige Untergruppe ihrer Organisation hatte zufällig hier in New York einen Dämonenklub ausgehoben, der ihnen schon lange ein Dorn im Auge war, weil der Besitzer mit verbotenen Gütern handelte. Die »Kiddies«, wie Cain die noch sehr jungen Engel nannte – jung im Sinne von Engeljahren –, die nicht fliegen konnten, sondern sich wie gewöhnliche Menschen fortbewegten, hatten die Kiste nicht ins Lager bringen können. Cain hätte am liebsten jeden einzelnen von ihnen den Hals persönlich umgedreht, weil sie derart dumm gehandelt hatten, doch er konnte die jungen Engel auch irgendwie verstehen. Sie wollten eben beweisen, dass sie auch etwas draufhatten. Zum Glück war keiner von ihnen ernsthaft zu Schaden gekommen.
Dann hatte die Excelsior Corporation von dem Kelchdiebstahl erfahren und darüber andere Aufgaben vernachlässigt. Verdammt!
Nachdem er wieder zurück in den Keller geklettert war, fragte Cain: »Gibt es einen anderen Ort, wo Sie die restlichen sechs Fläschchen Drachenblut und die weiteren Zutaten aufbewahren können?«
Der alte Chinese strich sich über den langen weißen Bart und nickte. »Wohl am besten, ich schließen erst einmal meine Laden. Alles soll in Bunker geschafft werden, bevor das Unheil hereinbricht über uns.« In seinen wässrigen Augen lagen Kummer und Sorge, sein ganzer Körper bebte. Er wusste als einer der wenigen eingeweihten Menschen, was geschehen würde, sollten sich ihre schlimmsten Vermutungen bestätigen, und dass dem Sonderkommando noch sechs Tage blieben, um den Kelch zu finden und ihn zu deaktivieren. Sechs Tage deshalb, weil der Kelch nur eine Zutat pro Tag aufnehmen konnte, insgesamt aber sieben brauchte, um ein magisches Gebräu herzustellen.
Normalerweise operierte die Excelsior Corporation verdeckt, doch manchmal wurden auch Sterbliche eingeweiht, wie Mr Fang. Wesen wie Cain bewegten sich stets unauffällig unter den Menschen,
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