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Der zerbrochene Kelch

Der zerbrochene Kelch

Titel: Der zerbrochene Kelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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anderen Ende der Leitung wurde es für einen Moment still, während Artois’ Gedanken in alle Richtungen flogen. »Das muss noch nichts bedeuten. Vielleicht war es nur ein Kurzschluss. Die Elektrik in diesen Lagerhallen ist oft …«
    »Die Elektrik war in Ordnung«, unterbrach ihn Julius energisch. »Ich bin mir hundertprozentig sicher, dass die Polizei da nichts finden wird. Es ist auch nicht die gesamte Halle abgebrannt, Étienne, sondern es ging einzig und allein um Karens Bücher. Das war kein Kurzschluss, das war gezielte Brandstiftung. Und gleichzeitig für mich ein eindeutiges Zeichen, dass ich mich zurückziehen soll.«
    Artois war aufs Äußerste beunruhigt. »Was du nicht tun wirst!«
    »Natürlich nicht. Er darf nicht gewinnen. Aber wir müssen künftig besser aufpassen, sonst wird unser Gegner mit seinen Warnungen deutlicher werden.«
    Artois schnaubte verärgert. »Darauf können wir keine Rücksicht nehmen. Im Gegenteil, endlich haben wir ihn aus der Reserve gelockt. Wir wissen nicht, wo er lebt, aber irgendwann wird er einen Fehler machen, und dann kriegen wir ihn.«
    »Wenn er uns nicht schon vorher findet und umbringt.«
    »Du weißt, wir können uns dem nicht entziehen. Genauso wenig wie Karen. Es ist unsere Aufgabe, dies durchzustehen und ihn mit all unseren Mitteln zu bekämpfen. Er darf seine Macht nicht ausweiten.«
    Julius seufzte. »Ja, ich weiß. Ich wollte dich jedenfalls informieren und warnen, dass er unsere Fährte aufgenommen hat.«
    »Das macht nichts«, erklärte Artois mit kämpferischer Zuversicht. »Ich glaube nicht, dass er uns zu diesem Zeitpunkt angreifen wird. Er wird versuchen, uns einzuschüchtern, ja, das wird er sicherlich, aber er wird noch nicht aus seinem Loch herauskriechen.«
    »Und was ist mit Karen? Glaubst du, dass sie rechtzeitig die Dinge erkennen wird, die mit der Kylix zusammenhängen? Für sie wird es immer gefährlicher …«
    Artois’ Stimme wurde eindringlich. »Für sie ist es bereits gefährlich, seit sie geboren wurde, Julius. Es liegt alles in Gottes Hand. Karen muss sich dem Problem selber stellen. Nur sie kann es lösen. Das weißt du.«
    »Trotzdem ist mir nicht wohl dabei. Was ist, wenn er seine Leute auf Karen angesetzt hat? Sie ist in Gefahr, ich spüre es.«
    »Natürlich ist sie das, aber was willst du tun? Ihr die griechische Armee zur Unterstützung schicken?«
    Julius grinste verbissen.
    »Bon, du hast Recht, Étienne. Sie muss es schaffen. Sie muss einfach. Oder sie wird untergehen. Und wir vielleicht mit ihr.«
    »Vertraue ihr, Julius. Sie wird nicht versagen.«
    »Das hoffe ich. Bei Gott, das hoffe ich«, murmelte er, nachdem er den Telefonhörer aufgelegt hatte und mit tiefen Sorgenfalten auf der Stirn in den sonnigen Maihimmel hinausblickte. Die Sonne gewann immer mehr an Kraft und sendete ihm ihre wärmenden Strahlen durch die großen Sichtfenster. Doch Julius konnte ihren Anblick nicht genießen, zu sehr war er mit seinen Gedanken bei Karen in Griechenland.

22
    In Delphi hatte Karen sich nach dem Telefonat mit Julius erst mal ein Frühstück gemacht.
    Vor dem Gespräch hatte sie keinen Bissen runterkriegen können, aber nachdem sie Julius’ ruhige Stimme und seine besänftigenden Worte gehört hatte, war sie erst mal froh, dass mit ihm alles in Ordnung war.
    Sie wusste, dass ihre Ängste oft übertrieben und voreilig waren, aber diese Träume waren immer so real und wirbelten ihr Innerstes so auf, dass sie sich nicht beruhigen konnte, ehe sie nicht mit der Person gesprochen hatte, die der Traum betraf. Das hatten Michael und Tom in New York auch schon so manches Mal zu spüren bekommen. Doch auch wenn Tom Karen deswegen immer wieder belächelte oder sie ihn sogar nervte, erzählte Michael eines Tages, dass einer ihrer Träume ihm ein halbes Jahr später bei einem Fall geholfen habe.
    Er hatte sich erinnert, dass Karen von einem jungen Mann berichtet hatte, der sich hinter einer Kellertür versteckte und von dort auf ihn und Tom schießen würde. Michael hatte in den nächsten Wochen immer auf die Beschreibungen der Straße, die Karen ihm genannt hatte, und der Häuser geachtet, aber dann vergaß er sie wieder. Bis zu dem Tag, als er und Tom einem jungen Mann in eine Sackgasse folgten und der Fremde plötzlich verschwunden war. Als Michael sich umsah, bemerkte er Fenster mit Gardinen, die ihm seltsam bekannt vorkamen, und auf einmal erinnerte er sich wieder an Karens Traum, den sie ihm vor einem halben Jahr erzählt hatte. Er

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