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Der Zirkel Des Daemons

Titel: Der Zirkel Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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in die Erde schnitt, wandte sich Nick an Alan, der ihm die Muschel gab. Im Fackellicht schimmerte sie in allen Perlmuttfarben, blau und violett und apricot. Dann war sie
wieder weiß. Nick küsste sie, legte das Sprechamulett um Alans Hals und trat in den Beschwörungskreis.
    Auf Nicks Brust bohrte sich sein Talisman in einem weißen Blitz aus Schmerz in seine Haut. Nick legte den Kopf in den Nacken und ließ sich von dem Schock überwältigen, ließ ihn über sich hinwegrollen wie eine Welle. Dann lauschte er auf die Stimme seines Bruders.
    »Ich rufe den Dämon, den die Sumerer Anzu nannten!«, sprach Alan zum Klang der schneller werdenden Trommeln. »Ich rufe den Dämon, den man in Ägypten unter dem Namen Djehuty kannte! Ich rufe den Dämon, den die Römer den Dieb vor den Toren und den Nachtwächter nannten. Ich rufe ihn, so wie sie ihn riefen. Ich rufe Anzu herbei!«
    Mae hatte den Kreis neben ihm betreten, als Nick in seinen eigenen eintrat, doch er würdigte sie keines Blickes. Sie waren zwar Partner, aber sie würde allein tanzen - oder allein fallen.
    Die Trommeln brausten und pochten in seinen Schläfen und er schritt die Linien der Verständigung entlang. Die Linien, auf denen man zwischen den Welten wanderte, begannen, sich kreiselnd zu bewegen, als wären sie tatsächlich Speichen eines Rades, und er musste sich beeilen, um mit ihnen Schritt zu halten. Er wich geschickt aus, wirbelte und drehte sich im Mittelpunkt der Klänge, der Farben und der Linien.
    Leise Schreie der Bewunderung umkreisten ihn. Arme griffen nach ihm. Manche waren menschlich und er ließ ihre Berührung zu. Sie drückten warme Hände gegen
seinen Körper, gegen sein Gesicht, und wieder wurde ihm eine Fieberfrucht an den Mund gehalten. Er biss hinein, und die Welt um ihn herum strahlte hell auf, wie eine Glasfigur, die man zu nah an die Kante des Kaminsims gestellt hat, und in der sich das Licht bricht, ehe sie zu Boden fällt. Er schob seinen Körper zwischen die Welten, warf den Kopf zurück und stellte seine angespannten Nackenmuskeln, die sich windende Kraft seiner Hüften, sein Herz und seine verkrampften Hände in den Dienst des Dämons.
    Nick musste warten, bis seine Partnerin ihn eingeholt hatte. Er wartete, während das Herz in seiner Brust hämmerte und jeder Atemzug in seiner Kehle schabte. Die Welt glühte in der Hitze der Fieberfrucht.
    Unwillkürlich registrierte er, dass Mae ihre Sache gut machte, für eine Anfängerin sogar sehr gut. Ihre Schritte entlang des Webmusters waren sicher und sie vollführte die Gesten des Anbietens und der Anrufung korrekt. Dann sah er den Schwung ihres Rockes um die Beine, den Schimmer der Kette, die sie um ihren Bauch geschlungen hatte. Er sah, wie ihre Hände gleich denen eines Geliebten über ihre Kehle glitten, während sie den Kopf zurücklegte. All das sah er im Feuerschein, und ihm wurde klar, dass er sie - trotz allem - begehren könnte.
    Ihm wurde klar, dass er sie begehrte.
    Er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, denn an der Stelle, an der sich ihrer beider Kreise berührten, loderte ein kaltes Leuchten auf, es raste über die Linien des Webmusters und gewann dort, wo es seinen Ursprung
hatte, immer mehr an Kraft. Dann entsprang aus dem kalten Funkeln ein Feuer aus dumpfem Rot und inmitten der Röte bildete sich eine Gestalt.
    Anzu nahm heute die Gestalt eines Mannes an, obwohl die gebogene Nase an einen Adler erinnerte und die glänzenden Linien auf seinem goldenen Haar das Gefieder eines Vogels erahnen ließen. Die helle Haut, die er angelegt hatte, wurde von dem dumpfen Glühen des Feuers gerötet, und die Augen, zu Nicks Gesicht erhoben, waren riesig und so klar wie Wasser.
    Nick sah sein eigenes Spiegelbild in diesen Augen - schwarze Augen und schwarzes Haar, ein Gesicht, das viel älter und grimmiger erschien als das Gesicht des Dämons vor ihm. Das war natürlich genau Anzus Absicht.
    »Nick, nicht wahr?«, sagte Anzu und sprach Nicks Namen so aus, als hielte er ihn für einen guten Witz. »So, so. Du tanzt also wieder.«
    Nun griff Alan ein: »Dieses Paar tanzte für dich und du labtest dich an seinen Gefühlen. Du schuldest uns einen Dienst, Anzu«, sagte er.
    Anzu spähte über die Grenzen des Kreises hinaus. »Ach«, sagte er und wirkte noch belustigter. »Da ist ja auch Alan. Derjenige, der so viel weiß. Was für einen Dienst verlangst du?«
    Eine andere Stimme flog durch den Trommelschlag und das Zischen der Flammen.
    »Ich will meinen Bruder retten«, sagte

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