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Der Zirkel Des Daemons

Titel: Der Zirkel Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Rees Brennan
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verdrängte, kehrte Nick zurück.
    Der Jahrmarkt der Kobolde packte zusammen. Die Reste der Buden standen verlassen da, während ihre Besitzer die nicht verkauften Waren in Kisten verstauten.
    Nick entdeckte die anderen mitten auf der Lichtung, in der Nähe des Zeltes der Wahrsagerin. Jamie schaute
sich unsicher um und erblickte ihn sofort. Mae lehnte sich an Alan, hatte die Wange an seine Schulter gelegt. Als Nick auf sie zukam, sah es so aus, als wollte sie Alan gänzlich umschlingen. Sie hob ihr Gesicht zu ihm empor.
    Offenbar war ihr in diesem Zustand jeder recht.
    Alan neigte den Kopf und küsste sie sanft, leicht, aber in aller Deutlichkeit zeigend, dass er sie nur für den Moment zurückwies.
    »Nein, Mae, es geht wirklich nicht. Ich würde die Situation ausnutzen.«
    In diesem Augenblick beugte sich die Wahrsagerin aus ihrem Zelt und zupfte Nick am Ärmel.
    Ihre Kristallkugel, die sie ihm hoffnungsvoll entgegenstreckte, lag wie ein riesiges Auge auf der Hand der Frau. In den kristallenen Tiefen wuchsen kleine, leuchtend grüne Spitzen, wie ein winziger Wald, und über das Grün zogen sich irisierende Streifen aus Blau, die wie Bänder miteinander verschlungen waren.
    »Willst du in die Zukunft schauen, junger Herr?«, krächzte die Alte theatralisch. Merris Cromwell hätte ihr wohl ein Hustenbonbon empfohlen.
    Das Gewirr aus Blau und Grün in der Kugel verdunkelte sich. Nick kam es so vor, als würde sich ein Schatten über einen See legen, er sah eine Silhouette, die die Konturen eines Gesichtes annahm.
    Es waren nur sein eigenes Gesicht, seine eigenen schattendunklen Augen, die ihm aus dem Kristall entgegenblickten.

    Nick nahm die Kristallkugel in die Hand und schleuderte sie mit aller Kraft gegen den nächsten Baum. Das Krachen ließ Mae und Alan zusammenzucken und herumfahren. Nick nahm die Bewegung aus dem Augenwinkel wahr, aber sein Blick blieb auf die glitzernden Kristallscherben geheftet.
    »Ich habe genug gesehen«, sagte er.
     
    Sie setzten Mae und Jamie zu Hause ab, und Alan gab die strikte Anweisung, Mae umgehend ins Bett zu stecken und sie den ganzen Tag lang nicht aufstehen zu lassen. Jamie gab ihm das feste Versprechen, seine Anweisungen zu befolgen, und hielt Maes Hand so fest wie ein besorgtes Kindermädchen.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte er, zu Alans Fenster vorgebeugt. »Und … Alan …«, fügte er hinzu, »danke.«
    Er gab Alan einen flüchtigen Kuss auf die Wange und verschwand dann mit einer sich wehrenden Mae im Schlepptau durch das Tor. Es war ein aufwändig dekoriertes Tor, mit schmiedeeisernen Wirbeln und Kreisen, die ein Muster bildeten, das Nick nicht vollständig erkennen konnte. Durch die Wirbel und Kreise hindurch erkannte er ein mit Efeu bewachsenes Haus, groß und weiß, das wie ein kostbarer Eisberg in der frühen Morgendämmerung schimmerte. Die Fenster im Obergeschoss warfen gelbe Lichtflecken auf einen großen Garten und einen Tennisplatz.
    Diese beiden hatten alles. Sie hätten Nicks Bruder in Ruhe lassen sollen.

    Nick verschränkte die Arme vor der Brust und sagte mit kalter Stimme: »Na, hattest du eine schöne Nacht?«
    Alan sagte: »Ich rede nicht mit dir, solange du noch eine Spur von der Fieberfrucht im Körper hast.«
    Das konnte Nick nur recht sein. Er starrte aus dem Fenster, während Alan den Wagen steuerte.
    Normalerweise hatte er auf der Rückfahrt vom Jahrmarkt der Kobolde ein gutes Gefühl. Es war anders als ein Umzug; sie waren allein im Wagen, ohne ihre Mutter. Alan stellte dann immer klassische oder Country-Musik im Radio ein und redete wie ein Wasserfall über das Thema, das ihn gerade am meisten interessierte, ob es Kultcomics oder Philosophie war. In Nicks Ohren klang das alles wie unzusammenhängendes Geschwafel, aber es machte ihm nichts aus, zuzuhören. Nick dagegen lag Alan ständig damit in den Ohren, dass er ihn ans Steuer lassen sollte.
    Diesmal schwiegen sie. Nick bot nicht an zu fahren. Er rechnete aus, an welchem Punkt sie die Hälfte der Wegstrecke erreicht hatten, und als es so weit war, blieb er stumm. Sollte Alan doch den Mund aufmachen, wenn er wollte, dass sie die Plätze tauschten. Sollte sich Alan doch zur Abwechslung mal um sich selbst kümmern. Nick warf Alan einen Seitenblick zu und sah, dass sein Bruder entschlossen das Kinn vorgereckt hatte. Er würde Nick nicht um Hilfe bitten; er war zu stolz dazu, um etwas zu bitten, das nicht freiwillig angeboten wurde.
    Eine boshafte Freude durchzuckte Nick. Alan war selbst schuld.

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