Der Zirkus der Abenteur
noch Bills Taschen durchsucht und den Schlüssel zur Steinhütte an sich genommen.
Bill horchte angestrengt. Waren sie fort? Was hatten sie mit Allie gemacht? Verzweifelt rieb er seinen Kopf am Boden entlang und versuchte das Tuch loszubekommen, das um sein Gesicht gebunden war. Vergeblich, die Männer hatten es zu fest geknüpft.
Bill war wütend über sich selber. Wie konnte er nur so leicht in diese Falle gehen! Die Frau, die die gefälschte Botschaft gebracht hatte, gehörte natürlich zu der Bande.
Deshalb wollte sie auch nicht ins Haus kommen und verschwand sofort wieder. Das hätte ihn gleich stutzig machen müssen. Wenn sie wirklich vom Eulenhof geschickt worden wäre, hätte sie auf ihn und Allie gewartet und wäre mit ihnen zusammen gegangen.
Er dachte an das Klicken des Telefons, das Jack am Nachmittag gehört hatte. Frau Tatiosa hatte wohl telefoniert und Hilfe zur Entführung des Prinzen angefordert.
Und dann war abends die gewünschte Verstärkung eingetroffen. Jetzt sah Bill alles so klar, aber nun war es leider zu spät.
Seine Gedanken wanderten zur Steinhütte. Was mochte sich dort abspielen? Der Mann hatte gesagt, daß dem Prinzen nichts geschehen würde. Bill zweifelte nicht daran. Die Aufrührer wollten ihn auf den Thron bringen, nachdem sie den König gestürzt hatten. Armer Gussel! Er würde ein erbärmliches Leben führen, wenn ihnen das gelang.
In der Steinhütte herrschte Ruhe und Frieden. Die Kinder schliefen fest. Das Schlafzimmerfenster der Jungen war geschlossen. Aber was nützte das! Die Männer hatten ja den Schlüssel zur Haustür in Händen.
Die Zeit verging. Punkt elf Uhr begann der Wecker unter Philipps Kopfkissen, gedämpft zu schnarren. Der Junge fuhr mit einem Ruck hoch. Zuerst wußte er gar nicht, was das Geräusch bedeutete. Aber dann fiel ihm ein, daß er den Wecker gestellt hatte. Vorsichtig steckte er die Hand unter das Kopfkissen und stellte ihn ab. Elf Uhr. Der Mond schien voll ins Zimmer und erfüllte es mit seinem silbrigen Licht. Die Nacht war wie geschaffen zum Beobachten von Dachsen.
Philipp schlich auf nackten Sohlen zu Jack hinüber und schüttelte ihn. »Wach auf! Es ist elf Uhr«, flüsterte er ihm ins Ohr. Sie durften Gussel auf keinen Fall wecken. Sonst wollte er womöglich mitkommen. Aber obwohl ihm der Mond ins Gesicht schien, schlief Gussel wie ein Toter.
Die schwarzen Locken fielen ihm über die Augen.
Kiki war bei dem Schnarren des Weckers ebenfalls erwacht. Aber das regte ihn weiter nicht auf. Er war an nächtliches Weckerschnarren gewöhnt. Gähnend streckte er seine Flügel. Wenn die Jungens ausgehen wollten, würde er nicht zurückbleiben.
Jack und Philipp zogen Shorts, Wollblusen und Schuhe mit Gummisohlen an. Bevor sie das Zimmer verließen, warfen sie noch einen Blick auf Gussel. Sein Mund stand offen. Jack grinste, als er daran dachte, wie Kiki ihm auf dem Zuckerhutberg Gras in den Mund gestopft hatte. Sie schlichen die Treppe hinab und horchten an Bills Tür, um sich davon zu überzeugen, daß er schlief.
»Es ist alles mäuschenstill«, flüsterte Jack. »Nicht der kleinste Schnarcher von Bill ist zu hören.«
Das war nicht verwunderlich, denn Bill lag in diesem Augenblick neben einem Heuschober und versuchte vergebens, seine Fesseln zu lösen.
»Wir wollen lieber zur Hintertür hinausgehen«, wisperte Philipp. »Stoß um Himmels willen nirgends an!«
Kiki hockte auf Jacks Schulter und verhielt sich ebenso still wie die Haselmaus in Philipps Hosentasche. Die Jungen konnten sich auf ihn verlassen. Er spürte es stets, wenn niemand sie hören sollte, und gab dann keinen Ton von sich. Zärtlich zog er Jack am Ohrläppchen und fragte sich, wo es wohl in dieser schönen Mondnacht hingehen mochte. Nachdem die Jungens das Haus verlassen hatten, berieten sie leise, welchen Weg sie nehmen sollten.
»Ich denke, wir durchstreifen zuerst den Wald«, sagte Jack. »Nachher gehe ich vielleicht noch in den Steinbruch, um den Eulen beim Mäusefangen zuzusehen.«
Leise gingen sie auf den Wald zu, der östlich von der Steinhütte lag. Dabei hielten sie sich möglichst im Schatten der Hecken. Der Mond schien so hell. Niemand durfte sie sehen. Philipp, der die Gewohnheiten der Dachse kannte, führte Jack zu einigen Büschen oberhalb eines Hanges. »Wir wollen uns hier auf die Lauer legen«, sagte er leise. »Solche Plätze liebt Meister Grimbart.«
Sie kauerten sich unter einen dichten Busch. Plötzlich kreischte eine Eule in ihrer Nähe. Sofort
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