Der zögernde Schwertkämpfer
die mit überkreuzten Beinen dasaß, die Hände auf den Knien, eingerahmt von Ihrem langen Haar. Gewaltig groß und unfaßbar und majestätisch ragte Sie immer höher auf, je weiter er sich Ihr näherte. Schließlich gelangte er an den Rand des Sockels und warf sich ehrfurchtsvoll zu Boden.
Die Durchführung des Exorzismus verlangte nach vielen Priestern und Priesterinnen, nach Gesängen und Tänzen, nach bedeutungsvollen Bewegungen, Ritualen und einer feierlichen Zeremonie. Honakura stand am Rand und überließ Perandoro von der Sechsten Stufe die Rolle des Ersten Exorzisten, denn es war eine seltene Gelegenheit. Er selbst hatte nur ein einziges Mal als Erster Exorzist fungiert. Der Schwertkämpfer kauerte in der Mitte des Kreises auf den Knien, mit gesenktem Kopf und ausgestreckten Armen, wie man ihn angewiesen hatte – hätte man eine Tischdecke über diesen Rücken gebreitet, hätte man darauf für drei Personen zum Essen decken können. Weitere Priester und Priesterinnen sahen mit verhohlener Neugier zu, während sie mit der Prozedur fortfuhren. Pilger wurden höflich gebeten, zur Seite zu gehen. Das Ganze war sehr eindrucksvoll. Honakura schenkte den Vorbereitungen wenig Beachtung. Er war damit beschäftigt, seinen nächsten Schritt gegen den unsäglichen Hardduju zu planen. Die Beschaffung eines Schwerts war kein Problem – er konnte eins von Athinalani, der die Waffenkammer verwaltete, bekommen. Einen blauen Kilt, wie er Angehörigen der Siebten Stufe gebührte, aufzutreiben, war ebenfalls kein Problem, und ein Haarband eine nebensächliche Kleinigkeit. Doch Schwertkämpfer trugen ganz bestimmte Stiefel, und ein Paar davon besorgen zu lassen, noch dazu in der erforderlichen Größe, würde mit Sicherheit Mißtrauen auslösen. Außerdem war er ziemlich sicher, daß das Ritual des Duellierens verlangen würde, daß seinem neuen Streiter ein Sekundant zur Seite stand, und damit fingen die Dinge an kompliziert zu werden. Wahrscheinlich würde es darauf hinauslaufen, daß er diesen gefährlichen jungen Mann für einen oder zwei Tage verschwinden lassen müßte, während die vorbereitenden Maßnahmen ergriffen wurden, doch bis jetzt war seine Anwesenheit ohnehin noch ein Geheimnis. Honakura war äußerst zufrieden darüber, daß die Göttin nicht nur sein priesterliches Gebet auf diese Weise erhört hatte, sondern daß Sie ihn auch noch mit der weiteren Verfolgung der Angelegenheit betraute. Er war fest davon überzeugt, daß Ihr Vertrauen gerechtfertigt war. Er würde schon dafür sorgen, daß nichts schieflief.
Dann steigerte sich der Gesang zu seinem Höhepunkt, und ein Chor schmetterte: »Weiche!« Der Schwertkämpfer hob den Kopf, blickte sich zunächst wild um und sah dann zu der Göttin hinauf.
Honakura runzelte die Stirn. Dem Tölpel war doch gesagt worden, daß er den Kopf gesenkt halten sollte!
»Weiche!« dröhnte es erneut aus den Kehlen der Sänger, und ihr Rhythmus wich einer Spur von der Vollkommenheit ab. Der Schwertkämpfer richtete sich mit einem Ruck auf den Knien auf, mit zurückgeworfenem Kopf und so weit aufgerissenen Augen, daß ringsum das Weiße zu sehen war. Das Trommeln wurde zu einem rasenden Wirbel, und von einer Trompete erklang ein schriller Mißton.
»Weiche!« brüllte der Chor noch einmal. Perandoro hob einen silbernen Pokal voll heiligen Wassers aus dem Fluß und goß den Inhalt über den Kopf des Schwertkämpfers.
Dieser zuckte in einem heftigen Krampf zusammen, sprang mit einem unglaublichen Satz von den Knien in die Luft und landete auf den Füßen. Der schmutzige Lendenschurz flatterte zu Boden, und da stand er, nackt, mit hochgereckten Armen, zurückgeworfenem Kopf, und Wasser tropfte ihm über Gesicht und Brust. Er stieß den lautesten Schrei aus, den Honakura je aus einer menschlichen Kehle gehört hatte. Es geschah wahrscheinlich zum erstenmal in der jahrtausendealten Geschichte des Tempels, daß eine Stimme den Chor, die Lauten und die Flöten und das entfernte Tosen des Flusses übertönte. Es war ein mißklingender Ton, bestialisch, Entsetzen einjagend und voller seelenzerstörender Verzweiflung. Sein Echo wurde von der Decke zurückgeworfen. Er dauerte eine unfaßbare, unmenschliche, unglaubliche Minute lang an, während die Sänger und Musikanten hoffnungslos Takt und Melodie verloren, die Tänzer stolperten und aufeinanderprallten, und aller Augen sich vor Entsetzen weiteten. Dann endete die Zeremonie mit einem wilden, ohrenbetäubenden Trommelwirbel, und der
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