Der zögernde Schwertkämpfer
sie eifrig hinzu: »Ich kann ein bißchen singen.« Er war sehr angetan. »Dann sing mir etwas vor.« Und noch eifriger fing sie an, ein kleines Sklavenlied zu singen.
»In meinen Träumen höre ich mein Rufen, und dieses Rufen dringt von fern zu mir aus einem anderen Leben als diesem hier, liegt es schon weit hinter oder noch vor mir?
Einmal wird die Göttin selbst mich rufen, dann wird mir jenes andere Ich erscheinen, wird mich edlen Herrn, schöne Dame meinen, endlich wieder frei, wie einst die Meinen.«
Er bat sie, es noch einmal zu singen, und lauschte aufmerksam den Worten. »Das ist deine Erklärung, ja?« fragte er. »Du glaubst, Shonsu lebte in einer Welt und Wallie Smith in einer anderen, doch sie waren ein und dieselbe Person? Dieselbe Seele? Und irgendwie sind sie durcheinandergeraten?«
Sie nickte. »Man sagt, das seien die Träume, mein … Wallie. Unser zweites Leben.«
Er dachte gründlich über diese Vorstellung nach und tat sie nicht etwa als Sklavenunsinn ab. »Reinkarnation? Ich kann dir gut nachfühlen, daß dir dieser Gedanke gefällt. Doch es ist doch wohl so, daß man mit der Geburt in eine Welt eintritt und sie mit dem Tode verläßt, oder nicht?« Dann lächelte er, aber es schien ihm Mühe zu bereiten. »Wenn ich ein neugeborenes Baby bin, Jja, wie groß werde ich dann als erwachsener Mann sein?«
»Ich … ich weiß nicht, mein Lord.«
»Entschuldige! Ich sollte mich nicht lustig machen über … Ich weiß, daß du versuchst, mir zu helfen, und ich bin dir dankbar dafür. Warum bist du Sklavin?«
»Ich war ein sehr schlechter Mensch, mein Lord.«
»Inwiefern?«
»Ich weiß es nicht, mein Lord.«
»In einem früheren Leben?«
Sie nickte verblüfft. Wie konnte man so etwas überhaupt fragen?
»Und die Priester haben dir also eingeredet, daß du in diesem Leben eine gute Sklavin sein mußt? Pah!«
Er versank wieder in grübelndes Schweigen. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen und sagte: »Die Göttin wird sich um sie kümmern.«
»Um wen?«
Sie hatte sich getäuscht, das spürte sie. »Eure Frauen … Söhne …«
Einen Moment lang funkelte wieder das männliche Interesse in seinen Augen auf. Er schüttelte den Kopf. »Ich habe weder das eine noch das andere! Wenigstens niemand Bestimmtes … Warum machst du dir solche Gedanken?« Dann trübte sich seine Laune. »Und warum erwähnst du nur Söhne? Wenn ich Töchter hätte, würde ich mir um die nicht ebenso große Sorgen machen?«
Sie stammelte: »Ich dachte … ein Schwertkämpfer …«
Er seufzte. »Ich bin kein Schwertkämpfer, Jja. Weder in dieser Welt noch in einer anderen. Und ich werde niemals einer sein!«
»Die Göttin vermag alles einzurichten, mein Lord.«
Er lächelte wieder traurig. »Ich bezweifle, daß sie aus mir einen Schwertkämpfer machen kann! Die Fechtkunst bedarf jahrelangen Übens, Jja …« Er hielt inne. »Bitte hör mir mal gut zu. Ich möchte heute abend nicht … mich nicht mit dir verlustieren, auch wenn ich sicher bin, daß du es von mir erwartest. Doch du sollst nicht denken, daß du für mich nicht begehrenswert bist – bei deinem Anblick bebt mein Körper und richtet sich auf. Das ist es nicht, du bist wirklich hinreißend.«
Sie durfte ihre Enttäuschung nicht zeigen.
Er blickte wieder in die Flamme der Kerze. »Und es liegt auch nicht daran, daß ich weiß, daß du schon bei sehr vielen Männern gelegen hast. So ist es doch, nicht wahr?«
Vielleicht hatte er einen besonderen Eid geleistet? »Ja, mein Lord … Wallie. Wenn sie meine Herrin dafür bezahlen.«
Er starrte mit gefletschten Zähnen in den Kerzenschein. »Du hast also gar keine Wahl, deshalb denke ich deswegen nicht gering von dir. Das ist es also auch nicht, verstehst du … sicher ist es nicht leicht für dich, das zu verstehen. Dort, woher ich komme, verachten wir Menschen, die sich Sklaven halten. Wenn ich sagen würde: Leg dich hin!, dann müßtest du dich hinlegen, und so sollte es nicht sein. Ein Mann und eine Frau sollten diese Dinge miteinander machen, weil sie sich gegenseitig lieben und beide es tun wollen. Und deshalb werde ich es nicht tun.«
»Aber ich möchte es tun, mein Lord!« O nein! Woher nahm sie nur den Mut, so etwas zu äußern? Aber natürlich, das Ganze war ja nur ein Traum.
»Weil es deine Pflicht ist! Nein, Jja!«
Es mußte an dem Wein liegen … sie mußte gegen das Verlangen ankämpfen, ihm zu erklären, daß sie die höchsten Preise erzielte, daß Kikarani sie deshalb den älteren Männern
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