Der Zorn der Götter
trieb ihm die Spitze durch den Hals.
Flint versuchte zu schreien, aber er brachte nur mehr ein lautes Gurgeln hervor. Blut strömte ihm aus dem Hals. Diane schlug die Augen auf, blieb aber wie betäubt liegen.
Kelly warf ihr einen kurzen Blick zu. »Sie … Sie können sich wieder beruhigen.« Sie wälzte die schlaffe Gestalt von sich. »Er ist tot.«
Dianes Herz schlug so schnell, dass sie meinte, ihre Brust zerspränge. Ihr Gesicht war kreidebleich.
Kelly betrachtete sie erschrocken. »Ist alles in Ordnung?«
»Ich hatte Angst, er …« Ihr Mund war so trocken, dass sie kaum ein Wort herausbrachte. Sie blickte auf Harry Flints blutige Leiche und erschauderte. »Wieso haben Sie mir nicht gesagt, dass …« Sie deutete auf den Stielkamm, der in seinem Nacken steckte.
»Weil … wenn es nicht geklappt hätte … Na ja, ich wollte nicht, dass Sie meinen, ich hätte Sie im Stich gelassen. Jetzt aber nichts wie weg.«
»Wie denn?«
»Ich zeig’s Ihnen.« Kelly streckte eins ihrer langen Beine nach der Hose aus, die Flint einfach hatte fallen lassen, und tastete mit den Zehen nach dem Bund. Etwa fünf Zentimeter fehlten noch. Sie rutschte ein Stück nach vorn. Noch zwei Zentimeter. Dann endlich bekam sie sie zu fassen.
Kelly grinste. » Voilà! «Mit den Zehen ergriff sie das Hosenbein und zog sie langsam näher, bis sie sie mit den Händen packen konnte. Sie durchwühlte die Taschen, suchte nach den Schlüsseln für die Handschellen und fand sie dann. Kurz darauf hatte sie ihre Hände befreit. In aller Eile löste sie auch Dianes Fesseln.
»Mein Gott, Sie vollbringen ja wahre Wunder«, sagte Diane.
»Dank meiner neuen Frisur. Kommen Sie, wir müssen weg.«
Die beiden Frauen hoben ihre Kleidung auf und zogen sich in aller Eile an. Dann holte Kelly den Schlüssel für die Kellertür aus Flints Hosentasche.
Sie gingen zur Tür und lauschten einen Moment lang. Alles war ruhig. Kelly öffnete die Tür. Sie standen in einem langen, leeren Korridor.
»Hier muss es irgendwo einen Hinterausgang geben«, sagte Diane.
Kelly nickte. »In Ordnung. Sie gehen in diese Richtung, und ich in die andere, und wenn …«
»Nein. Bitte. Wir sollten lieber zusammenbleiben, Kelly.«
Kelly drückte Dianes Arm und nickte. »In Ordnung.«
Wenige Minuten später stießen die beiden Frauen auf eine Garage, in der ein Jaguar und ein Toyota standen.
»Suchen Sie sich einen aus«, sagte Kelly.
»Der Jaguar ist zu auffällig. Wir nehmen den Toyota.«
»Ich hoffe, der Schlüssel …«
Er steckte. Diane setzte sich ans Steuer.
»Haben Sie irgendeine Ahnung, wohin wir fahren?«, fragte Kelly.
»Nach Manhattan. Aber ich weiß noch nicht, wie wir weiter vorgehen.«
»Das sind ja gute Nachrichten.« Kelly seufzte.
»Wir brauchen eine Übernachtungsmöglichkeit. Wenn Kingsley erfährt, dass wir entkommen sind, dreht er durch. Dann sind wir nirgendwo mehr sicher.«
Kelly dachte nach. »Doch, ich weiß was.«
Diane warf ihr einen kurzen Blick zu. »Was meinen Sie damit?«
»Ich habe eine Idee«, erwiderte Kelly stolz.
44
Als sie nach White Plains kamen, etwa vierzig Kilometer nördlich von Manhattan gelegen, sagte Diane: »Ein hübsches Städtchen. Was machen wir hier?«
»Ich habe hier eine Freundin. Sie wird sich um uns kümmern.«
»Erzählen Sie mir was über sie.«
»Meine Mutter«, sagte Kelly bedächtig, »war mit einem Trinker verheiratet, dem es Spaß machte, wenn er sie schlagen konnte. Als ich finanziell in der Lage war, mich um meine Mutter zu kümmern, habe ich sie überredet, ihn zu verlassen. Eine Modelkollegin, die vor ihrem gewalttätigen Freund davongelaufen war, hat mir von dieser Bleibe erzählt. Es ist eine Pension, die von einer Frau namens Grace Seidel geleitet wird, einem wahren Engel. Ich habe meine Mutter dort untergebracht, bis ich eine Wohnung für sie finden konnte. Ich habe sie tagtäglich bei Grace besucht. Meiner Mutter gefiel es dort, und sie hat sich mit einigen anderen Gästen angefreundet. Irgendwann fand ich dann eine Wohnung für meine Mutter und fuhr hin, um sie abzuholen.« Sie stockte.
Diane schaute sie an. »Was ist passiert?«
»Sie war zu ihrem Mann zurückgekehrt.«
Sie kamen zu der Pension.
»Wir sind da.«
Grace Seidel war etwa Mitte fünfzig, eine lebhafte, mütterlich wirkende Frau, kugelrund und geradezu überschäumend vor Energie. Ihr Gesicht strahlte, als sie die Tür öffnete und Kelly sah.
»Kelly!« Sie schlang die Arme um sie. »Ich freue mich ja so, dich zu
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