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Der Zorn der Götter

Der Zorn der Götter

Titel: Der Zorn der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sidney Sheldon
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Schlafzimmer und eine Wäschekammer, in der Kelly schlief.
    Fortan verkehrten immer wieder andere Männer im Haus.
    »Das sind deine Onkel«, erklärte ihr Ethel. »Ärger sie nicht.«
    Kelly freute sich, dass sie so eine große Familie hatte, bis sie eines Tages alt genug war, um zu begreifen, dass es sich um lauter fremde Männer handelte.
    Eines Nachts, als Kelly acht Jahre alt war und in ihrer kleinen, dunklen Kammer schlief, wurde sie von einem heiseren Geflüster geweckt. »Schscht! Sei still.«
    Kelly spürte, wie ihr Nachthemd hochgeschlagen wurde, und ehe sie protestieren konnte, war einer ihrer »Onkel« über ihr und hielt ihr den Mund zu. Sie wollte sich zur Wehr setzen, als er ihre Beine mit Gewalt auseinander drückte, doch er hielt sie fest. Sie spürte, wie er in sie eindrang, dann nahm sie nur noch den grässlichen Schmerz war, der sich in ihr ausbreitete. Der Mann ließ nicht von ihr ab, drang unbarmherzig in sie ein, tiefer und tiefer, rieb sie wund. Kelly spürte, wie warmes Blut aus ihr quoll. Lautlos schrie sie auf, hatte Angst, jeden Moment die Besinnung zu verlieren. Sie war gefangen wie ein Tier in der Falle, hier, in der schrecklichen Dunkelheit ihrer Kammer.
    Nach einer halben Ewigkeit, so jedenfalls kam es ihr vor, lief ein Schauer durch seinen Körper, und endlich zog er sich zurück.
    »Ich geh jetzt«, flüsterte er. »Wenn du deiner Mutter was davon erzählst, komm ich wieder und bring sie um.« Dann war er verschwunden.
    Die nächste Woche war kaum zu ertragen. Sie litt Höllenqualen, doch trotz ihres geschundenen Leibes nahm sie sich zusammen, so gut sie konnte, bis die Schmerzen endlich nachließen. Sie wollte ihrer Mutter erzählen, was vorgefallen war, aber sie traute sich nicht. Wenn du deiner Mutter was davon erzählst, komm ich wieder und bring sie um.
    Der ganze Vorfall hatte nur ein paar Minuten gedauert, aber in diesen wenigen Minuten hatte sich Kellys Leben verändert. Das einstmals unbeschwerte junge Mädchen, das davon geträumt hatte, eines Tages einen Mann und Kinder zu haben, fühlte sich jetzt schmutzig und entehrt. Sie nahm sich vor, sich nie wieder von einem Mann berühren zu lassen. Doch das war noch nicht alles.
    Seit jener Nacht fürchtete sich Kelly vor der Dunkelheit.

8
    Seit Kelly zehn war, musste sie Ethel bei der Arbeit in der Pension helfen. Sie stand jeden Morgen um fünf Uhr auf, putzte die Toiletten, schrubbte den Küchenboden und half beim Zubereiten des Frühstücks für die Gäste. Nach der Schule kümmerte sie sich um die Wäsche, wischte die Böden, staubte ab und ging ihrer Mutter bei der Vorbereitung des Abendessens zur Hand. Ihr Leben wurde zu einem einzigen eintönigen Trott, trostlos und langweilig.
    Dabei half sie ihrer Mutter gern. Auf ein Lob allerdings wartete sie vergebens. Ihre Mutter war so sehr mit ihren Gästen beschäftigt, dass sie ihrer Tochter kaum Aufmerksamkeit schenkte.
    Als Kelly noch kleiner gewesen war, hatte ihr einer der Gäste Alice im Wunderland vorgelesen, und sie war begeistert davon gewesen, wie Alice sich auf wundersame Weise durch einen Kaninchenbau davonmachte. So was brauche ich auch, dachte Kelly, so einen Fluchtweg. Ich kann doch nicht mein Leben lang Toiletten putzen, Böden schrubben und anderer Leute Dreck wegräumen.
    Und eines Tages fand Kelly ihren ureigenen verzauberten Kaninchenbau. Sie stellte fest, dass sie sich kraft ihrer Fantasie an jeden Ort versetzen konnte, zu dem sie hinwollte. Und sie schrieb ihre eigene Lebensgeschichte neu …
    Sie hatte einen Vater, und ihre Mutter und ihr Vater hatten die gleiche Hautfarbe. Sie wurden nie wütend, brüllten sie niemals an. Sie wohnten alle drei in einem wunderschönen Haus. Ihre Mutter und ihr Vater liebten sie. Ihre Mutter und ihr Vater liebten sie. Ihre Mutter und ihr Vater liebten sie …
     
    Als Kelly vierzehn war, heiratete ihre Mutter einen der Gäste, einen Barkeeper namens Dan Berke – einen missmutigen Mann mittleren Alters, der an allem etwas auszusetzen hatte. Kelly konnte ihm nichts recht machen.
    »Das Essen ist miserabel …«
    »Das Kleid steht dir nicht …«
    »Die Jalousie im Schlafzimmer ist immer noch kaputt. Ich habe dir doch gesagt, du sollst sie reparieren …«
    »Du hast die Badezimmer immer noch nicht geputzt …«
    Kellys Stiefvater trank zu viel. Die Wand zwischen Kellys Kammer und dem Schlafzimmer ihrer Mutter und ihres Stiefvaters war dünn, und Nacht für Nacht hörte Kelly Schläge und Schreie. Morgens hatte Ethel dicke

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