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Der Zorn der Götter

Der Zorn der Götter

Titel: Der Zorn der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sidney Sheldon
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Schminke aufgetragen, die aber die Blutergüsse und blauen Augen nicht überdecken konnte.
    Kelly war zutiefst niedergeschlagen. Wir müssen von hier weg, dachte sie. Meine Mutter und ich lieben uns doch.
    Eines Nachts, als Kelly schon halb eingeschlafen war, hörte sie laute Stimmen aus dem Nebenzimmer. »Warum bist du den Balg nicht losgeworden, bevor er zur Welt gekommen ist?«
    »Ich hab’s ja versucht. Es hat nicht geklappt.«
    Kelly hatte das Gefühl, als hätte ihr jemand in den Leib getreten. Ihre Mutter hatte sie niemals haben wollen. Keiner wollte sie.
     
    Kelly fand einen weiteren Fluchtweg aus dem unendlich eintönigen Alltag: die Welt der Bücher. Sie wurde eine unersättliche Leseratte, die so viel Zeit wie nur irgend möglich in der öffentlichen Bibliothek zubrachte.
    Da am Wochenende nie Geld für sie übrig war, besorgte sie sich einen Job als Babysitter und beneidete die Familien, bei denen sie arbeitete, um das glückliche Leben, das ihr niemals vergönnt sein würde.
     
    Mit siebzehn war Kelly ebenso schön wie einst ihre Mutter. Die Jungs an der Schule wollten unbedingt mit ihr ausgehen. Sie aber fühlte sich von ihnen angewidert und gab allen einen Korb.
    Wenn sie an den schulfreien Samstagen ihre häuslichen Pflichten erledigt hatte, ging Kelly sofort in die Bibliothek, blieb den ganzen Nachmittag dort und las.
    Mrs. Lisa Marie Houston, die Bibliothekarin, war eine intelligente, verständnisvolle Frau, die sich elegant, aber unauffällig kleidete, so wie es ihrer stillen, freundlichen Art entsprach. Als sie Kelly so oft in der Bibliothek sah, wurde Mrs. Houston neugierig.
    »Ich finde es schön, wenn ich einen jungen Menschen sehe, dem das Lesen so viel Spaß macht. Du bist ziemlich häufig hier.«
    Es war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Nach einigen Wochen schüttete Kelly Mrs. Houston ihr Herz aus und vertraute ihr all ihre Ängste, Hoffnungen und Träume an.
    »Was möchtest du denn einmal werden, Kelly?«
    »Lehrerin.«
    »Ich glaube, du wärst eine wunderbare Lehrerin. Das ist der dankbarste Beruf auf der Welt.«
    Kelly wollte etwas sagen, stockte dann aber. Sie dachte an ein Gespräch, das sie eine Woche zuvor mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater beim Frühstück geführt hatte. Ich muss aufs College gehen, hatte sie gesagt. Ich möchte Lehrerin werden.
    Lehrerin? Berke hatte gelacht. Was für eine Schnapsidee! Lehrer verdienen nichts. Hast du gehört? Nichts verdienen die. Als Putzfrau kriegst du da schon mehr. Außerdem haben deine Mutter und ich nicht das Geld, um dich aufs College zu schicken.
    Man hat mir ein Stipendium angeboten und …
    Na und? Du vergeudest bloß vier Jahre deines Lebens. Vergiss es. Bei deinem Aussehen könntest du schon eher anschaffen gehen.
    Kelly war vom Tisch aufgestanden und gegangen.
    »Das ist nicht so einfach«, sagte sie jetzt zu Mrs. Houston.
    »Meine Eltern lassen mich nicht aufs College.« Dann versagte ihr die Stimme. »Ich werde mein Leben lang so weitermachen wie bisher.«
    »Auf keinen Fall.« Mrs. Houston klang entschieden. »Wie alt bist du?«
    »In drei Monaten werde ich achtzehn.«
    »Dann bist du bald alt genug, um für dich selbst zu entscheiden. Du bist eine wunderschöne junge Frau, Kelly. Ist dir das klar?«
    »Nein. Eigentlich nicht.« Wie soll ich ihr bloß klar machen, dass ich mir vorkomme wie eine Missgeburt? Ich find mich überhaupt nicht schön. »Ich hasse mein Leben, Mrs. Houston. Ich möchte nicht so sein wie … Ich möchte aus dieser Stadt weg. Ich möchte was anderes machen, aber dazu wird es niemals kommen.« Sie versuchte, ihre Gefühle unter Kontrolle zu bringen. »Ich werde nie die Gelegenheit bekommen, etwas anderes zu machen, ein anderer Mensch zu sein.«
    »Kelly …«
    »Ich hätte all diese Bücher nicht lesen dürfen.« Ihr Tonfall klang verbittert.
    »Wieso?«
    »Weil da lauter Lügen drinstehen. All diese schönen Leute, die traumhaften Orte und die wunderbaren …« Kelly schüttelte den Kopf. »Es gibt keine Wunder.«
    Mrs. Houston musterte sie einen Moment. Offensichtlich hatte Kellys Selbstwertgefühl schweren Schaden genommen. »Kelly, es gibt Wunder, aber du musst die Zauberin sein, die dafür sorgt, dass diese Wunder Wirklichkeit werden.«
    »Ach wirklich?« Kelly schlug einen spöttischen Tonfall an. »Und wie soll ich das machen?«
    »Zunächst einmal musst du dir darüber klar werden, was du dir erträumst. Du möchtest ein aufregendes Leben führen, interessante Menschen kennen

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