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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Kerzen schien es zu leuchten. Arroganter, eingebildeter Fatzke, dachte Natiole verärgert, und er sah im düsteren Blick Vintilas, dass der alte Geistseher ähnlich empfand.
    »Erklärt das bitte«, entgegnete der Voivode mit einem Blick zu Kerr, der schweigend zuhörte.
    »Ich rede nicht von den Gefahren einer solchen Reise. Solcherlei ist zu meistern. Nein, mir geht es um mehr. Das Goldene Imperium ist mächtig und vermutlich Trollen gegenüber wenig aufgeschlossen. Besonders Trollen wie diesem Wrang, oder wie immer er heißt.«
    »Wrag«, warf Kerr ein. »Wie auch immer. Wir Wlachaken treiben Handel mit dem Imperium, ebenso wie Ardoly im Osten dies tut. Es fließt Gold in unsere Schatullen, dazu viele wichtige Güter. Wir sollten diese guten Beziehungen nicht riskieren, indem wir als Verbündete von Wesen auftreten, die im Dyrischen Imperium vielleicht nicht willkommen sind.«
    Gerade hob Şten zu einer Erwiderung an, als Artaynis leise auflachte. Verwundert blickte Natiole die junge Frau an und erkannte, dass sie keinesfalls dem Schlaf nahe gewesen
war, sondern vielmehr die Diskussion aufmerksam verfolgt hatte.
    »So unfreundlich sind wir Gästen gegenüber eigentlich nicht«, erklärte sie und gähnte, wobei sie ihren Mund geziert mit der schmalen Hand bedeckte. »Selbst Trolle wären uns wohl willkommen. Meine Heimat ist groß und voller Wunder. Wir kennen viele fremdartige Völker. In Colchas sieht man Menschen aus aller Herren Länder …«
    »Ja«, unterbrach Cornel sie rüde. »Menschen. Aber wir reden von Trollen, mein Kind. Doppelt so groß wie Menschen, mit fingerlangen Zähnen und armlangen Hörnern. Nicht an solche Orte gewöhnt und leicht erregbar. Es fällt diesem Wran doch schon hier schwer, sich zu beherrschen. Was denkt Ihr, wird er in Eurer Heimat tun?«
    »Er wird tun, was immer ich sage«, erklärte Kerr fest. Alle sahen den Troll an, der die Arme vor der breiten Brust kreuzte. Natiole warf einen Blick zu Artaynis und sah das wütende Funkeln in den Augen der jungen Dyrierin. Doch sie schwieg und lächelte sogar, als Cornel sich ihr zuwandte.
    »Eure Bedenken sind gewichtig«, stellte Şten fest. »Aber Kerr kommt zu uns als Freund, der eine Bitte vorträgt. Ich kann sie ihm nicht abschlagen, nur weil er ein Troll ist. Und die Gefahr, die Ihr beschreibt, erscheint mir nicht groß genug, um einen Freund und Verbündeten abzuweisen.«
    »Wie Ihr meint, Voivode«, erwiderte Cornel mit einer Verbeugung und setzte sich wieder. Der Sonnenpriester hatte sich bemerkenswert gut unter Kontrolle. Kein Muskel regte sich in seinem Gesicht, keine Faser zeigte seine Gefühle, obwohl Natiole sicher war, dass er erzürnt und gedemütigt war.
    Mit einem feindseligen Lächeln in Richtung des Sonnenpriesters nickte der junge Prinz: »Du hast recht, Vater. Ich glaube, wir sollten den Trollen beistehen, wo wir können.«

    »Wir brauchen Führer«, erklärte Kerr mit seiner tiefen Stimme, die Natiole eine Gänsehaut auf den Armen verursachte. Es war ein Geräusch, das ihn zur Flucht drängte, und er hasste sich für diesen Moment der Schwäche.
    »Die werdet ihr bekommen«, entgegnete der Voivode und blickte grüblerisch auf die Tischplatte.
    Unvermittelt erhob sich Ionnis: »Lass mich gehen, Vater.«
    »Du willst gehen?«, fragte Şten. Natiole konnte nicht einschätzen, ob es Überraschung oder Freude war, die in seiner Stimme mitschwang.
    »Ja. Ich kenne die Pässe und die Straßen. Ich war lange im Imperium. Man kennt mich dort, und es würde dem Anliegen der Trolle noch mehr Gewicht verleihen, wenn der Sohn des Voivoden mit ihnen reist.«
    Der eifrige Ton in seiner Stimme missfiel Natiole. Sein Bruder redete hastig, als wolle er Şten mit dem Gewicht der Worte überzeugen, ohne dass der Inhalt zählte.
    Nachdenklich rieb sich Şten das Kinn. »Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee wäre«, sagte er schließlich.
    »Du könntest mir Schriftstücke mitgeben, für unsere Freunde im Imperium. Ich wäre nur für den Sommer fort und könnte noch vor Wintereinbruch wieder heimkehren.«
    »Ich würde gerne mit deinem Sohn reisen, Şten«, erklärte Kerr bedachtsam. »Es wäre eine Erinnerung an vergangene Zeiten.«
    »Du wirst hier gebraucht, Ionnis«, warf Şten ein, aber der jüngere Prinz von Wlachkis winkte ab.
    »Natiole ist doch da.«
    Plötzlich fiel Natiole auf, dass er viel zu passiv war. Die Dinge geschahen um ihn herum, und er ließ sie geschehen, ohne einzugreifen, ohne sie in seine eigenen Hände

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