Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
brennendes
Holz. Erhitzter Stein, brennender Stoff, seltsame, unbekannte Witterungen.
»Etwas stimmt nicht«, entschied er schließlich. Sofort blickten seine beiden Begleiter ihn an. Zumindest spürte Kerr ihre Aufmerksamkeit in der Dunkelheit auf sich ruhen.
»Ein Kampf?«
Unsicher brummte Kerr: »Ich weiß nicht. Wartet hier. Ich werde nachsehen. Aber haltet euch bereit.«
Schnell schlich er vor bis zu der Treppe. Unbewusst fiel er in eine Jagdhaltung. Die schmalen Stufen waren für seine Füße nicht einfach zu erklimmen, aber dennoch näherte er sich leise dem Ausgang. Der Geruch wurde intensiver, überlagerte schon bald alles andere.
Die Kellertür war verschlossen, und für einen Moment tastete Kerr in der Dunkelheit unbeholfen umher, bis er sie öffnen konnte. Auch der Gang war lichtlos, aber der Atem der Welt wies Kerr den Weg. Gebückt lief er weiter. Etwas drängte ihn zur Eile, auch wenn er es nicht in Worte fassen konnte. Der Geruch war zu fremd, und er konnte sich nicht daran erinnern, jemals etwas Ähnliches in der Welt der Menschen gerochen zu haben. Es erinnerte Kerr undeutlich an die heimtückischen Waffen der Zwerge, die manchmal Feuer einsetzten: brennendes Pech oder entflammtes Öl, dem die Trolle nichts entgegenzusetzen hatten.
Auch wenn die Feste Remis künstlich aus dem Fels errichtet worden war, spürte Kerr den Verlauf ihrer Gänge und Korridore, die Lage ihrer Räume und Säle. Hinter der Kellertür befand sich ein Trakt, in dem Essen zubereitet wurde. Es roch nach Fleisch und Blut, aber Kerr achtete nicht darauf, sondern lief durch den düsteren Raum bis zu einer Tür, die in den Hof führte.
Am Himmel waren einige dünne Wolken aufgezogen, doch nicht genug, um das silbrige Licht des Mondes aufzuhalten. Sie hingen wie weiße Schlieren über Kerr, der
die frische Nachtluft einatmete. Der Geruch kam von dem größten Gebäude, irgendwo über dem Troll. Jetzt im Freien war er unvermittelt unsicher, was er tun sollte. Wie immer, wenn er an die Oberfläche kam, schüchterte ihn der Himmel ein, der so endlos weit entfernt schien. Es fehlte die Decke der Welt, die in den Tunneln stets über einem Troll ruhte, ein beruhigendes Gefühl von Schwere und Sicherheit, das der unbeständige Himmel mit seinen Winden und Wolken und immer wechselnden Farben nicht bot.
Der Troll spürte eine Bewegung im Hof, hinter sich, und wirbelte herum. Ein Mensch trat erschrocken einen Schritt zurück. Eine Frau, gekleidet in Leder und Metall, in deren Geruch sich nun Angst mischte. Ihre Hand fuhr zu dem Schwert an ihrer Seite, aber sie schien unschlüssig zu sein.
Sehr langsam hob Kerr die Hände, um ihr zu zeigen, dass sie ihn nicht fürchten musste.
»Ich tue dir nichts«, erklärte er leise, und die Frau entspannte sich ein wenig. »Ich habe etwas gerochen …«
»Ich wollte dich nicht erschrecken«, erwiderte die Menschin und räusperte sich.
»Du hast mich nicht erschreckt.«
»Ah, gut.«
»Ja.«
Schweigend standen sie sich gegenüber. Gespräche mit Menschen nahmen oft einen solchen Verlauf, und Kerr hatte in all der Zeit nicht herausgefunden, wie er das ändern konnte. Inzwischen vermutete er, dass es die Angst war, die viele verstummen ließ. Ein Troll würde anders reagieren. Angst war ein Grund zu brüllen, zu toben, zu kämpfen. Angst musste man besiegen. Lediglich Şten und einige andere, die lange genug mit Trollen Umgang hatten, waren in der Lage, das zu verstehen.
Die Frau war nicht allein, wie Kerr jetzt erkannte. Auf den Zinnen bewegten sich noch zwei Schemen, dunkle
Schattenrisse vor dem mondhellen Himmel. Der Troll hörte leises Geflüster – vermutlich hatte sein plötzliches Auftauchen die Wachen dort auch erschreckt.
»Der Geruch«, begann Kerr erneut. »Das ist seltsam. Ich kenne das nicht von … Gebäuden. Verbrennt ihr etwas?«
»Verbrennen?« Die Frau legte den Kopf leicht schief und sah den Troll verwundert an. Dann schnüffelte sie vorsichtig. »Nicht, dass ich wüsste. Bist du sicher …«
Mit einem Mal verstummte sie und sah nach oben zum Hauptgebäude. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck, und sie schrie: »Feuer! Feuer!«
Kerr folgte ihrem Blick und sah weit oben im Gebäude Fensterläden, hinter denen es düster rot flackerte. Kurz war er verwirrt, dass dieses Feuer nicht heller war, aber die Schreie der Soldatin wurden von den Wachen auf der Mauer aufgenommen, und schon bald hallten ihre Alarmrufe durch den Hof.
Die Schreie zeigten Wirkung. Menschen sahen aus
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