Der Zorn Des Skorpions
musste.
Alles, was ich so lange geplant habe, hat geklappt. Alles bis auf Pescolis Tod, und auch der ist nur noch eine Frage von ein paar Minuten.
Ich sehe, wie sie geradewegs auf den zugefrorenen See zuläuft. Wohin will sie? Aufs Eis? Ausgeschlossen. Also fällt ihr wohl kein Versteck mehr ein. Schön.
Ich treibe mich an, komme nahe genug an sie heran, um die Panik in ihrem Blick zu sehen, als das Weibsstück sich einmal hastig über die Schulter hinweg umschaut.
Ganz recht, Detective, ich komme.
Gehetzt wie ein Wild, hielt Regan direkt auf die riesige ebene Fläche zu. Das Sonnenlicht brach sich an Stellen, wo das blanke Eis durch die Schneedecke blitzte. Es war ihre einzige Chance, sich zu retten.
Hastig sah sie sich noch einmal um. Himmel, er kam so schnell näher, war nur noch vielleicht fünfzehn oder zwanzig Meter hinter ihr!
Er grinste, doch dann, als hätte er plötzlich ihre Absicht erkannt, schüttelte er den Kopf. »Halt! Du dummes …«
Den Rest seiner Beschimpfungen hörte sie nicht mehr. Das Dröhnen ihres eigenen Herzklopfens und das Pochen des Pulses in ihrem Kopf wurden so laut, dass sie seine Stimme überlagerten. Trotz aller Schmerzen, die in ihrem Körper wühlten, rannte sie weiter. Schnell. Pflügte eine Spur, der er bis an den See folgen konnte. Sie geriet leicht ins Rutschen, als sie das Eis betrat. Der Schnee stob über die gefrorene Fläche.
»Nein!«, dröhnte Hicks’ Stimme über die weite Ebene, und sie lief weiter, spürte nichts als festes Eis unter ihren Füßen und strebte der Mitte des großen Sees zu. Cougar Basin, dachte sie, als sie sah, dass sich ganz in der Nähe der Mesa Rock erhob. Da war sie also.
Wenn sie doch nur irgendwen hätte rufen können. Aber sie war völlig allein. Weit und breit war keine Menschenseele zu sehen, und sie hörte kein Geräusch außer ihrem eigenen gehetzten Atmen.
Ich hätte eine Schusswaffe mitnehmen sollen. Ein Gewehr oder ihre Pistole! Aber in meiner Eile, den Pick-up zu entladen, in meiner panischen Hast, die Verfolgung aufzunehmen, habe ich die Waffe im Pick-up gelassen und nur das Seil mitgenommen. Ich hatte nicht vor, Gebrauch von einer Schusswaffe zu machen, fürchtete, ein Büchsenknall so nahe bei meinem Zuhause könnte Aufmerksamkeit auf sich ziehen, die ich mir nicht leisten kann. Und ich wollte sie auch nicht erschießen. Wo bliebe der Spaß dabei – aus der Ferne ein Leben auszulöschen? Wenn ich die Frauen rasch hätte töten wollen, dann hätte ich sie gleich in ihren Fahrzeugen erschossen, in voller Fahrt, statt sie in meinen Unterschlupf zu schleppen, sie zu hegen und zu pflegen, zu warten, bis sie im Begriff waren, sich in mich zu verlieben …
Also habe ich keine Schusswaffe mitgenommen, nicht mal, um Pescoli einzuschüchtern, denn ich wusste, das hätte nicht geklappt. Und es ist nun mal leider so, dass ich es mir viel zu einfach vorgestellt habe, sie wieder einzufangen.
Jetzt läuft sie auf den See hinaus! Zum Teil ist er massiv gefroren, weiß Gott, und selbst in der Mitte dürfte das Eis mehrere Zentimeter dick sein, aber es ist trotzdem gefährlich.
»Halt«, befehle ich erneut, aber die Idiotin läuft einfach weiter, schlittert und rutscht durch den unberührten Schnee, der das Eis bedeckt.
Ich folge ihr. Das Eis unter meinen Füßen ist fest. Nichts bewegt sich. Wahrscheinlich trägt es mich.
Und ich werde sie einfangen. Aber ich muss Vorsicht walten lassen. Ich muss auf das Knacken horchen, das den Tod bedeutet.
»Dort kommst du nicht weiter«, brülle ich, aber sie verlangsamt nicht mal ihren Schritt. Ich hätte wissen müssen, dass sie mir noch mehr Ärger macht, als ich erwartet habe. Warum habe ich sie nur so unterschätzt?
Große Wut lodert in mir.
Es ist Zeit, ein Ende zu machen. Jetzt gleich.
Ich vergesse alle Vorsicht. Ich renne los, als wären mir die Höllenhunde auf den Fersen.
Santana fuhr so nahe, wie er es wagte, an das Haus heran, in dem Billy Hicks lebte. Das über hundert Jahre alte Blockhaus war nahe der Mine auf einer von Bäumen gesäumten Lichtung erbaut worden. Santana parkte hinter einer Tannengruppe und schlich durch den Wald auf das Häuschen zu, behielt es fest im Auge.
Nichts rührte sich. Niemand zeigte sich an den dunklen Fenstern. Ein Hinterhalt?
Er beobachtete das Haus in dem Bewusstsein, dass die Sekunden verstrichen, getrieben von der Ahnung, dass Regan irgendwo in der Nähe sein musste. Doch im Hausinneren blieb alles dunkel, kein Rauch stieg aus
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