Der Zorn Des Skorpions
häufig Überstunden im Büro des Sheriffs von Pinewood County, und in letzter Zeit war die Abteilung dank des Winterwetters mit großflächigen Stromausfällen, Straßensperrungen und Glatteis im gesamten Bezirk völlig überlastet gewesen. Außerdem befand sich der »Mörder mit dem Unglück bringenden Stern« oder kurz der »Unglücksstern-Mörder« genannt, der erste Serienmörder, der in diesem Teil von Montana sein Unwesen trieb, immer noch auf freiem Fuß.
Der Kerl war einer von der übelsten Sorte. Ein organisierter, geschickter Mörder mit langem Atem, der die Reifen seiner ahnungslosen Opfer beschoss und damit Unfälle provozierte. Die verletzten Frauen »rettete« er dann, nur um sie in irgendeinen geheimen Unterschlupf zu verschleppen, wo er sie gesund pflegte, sie vollkommen von sich abhängig machte und ihr Vertrauen erschlich. Schließlich trieb er sie nackt hinaus in die winterkalte Wildnis, fesselte sie an einen Baum und überließ sie dem eisigen, erbarmungslosen Wind und einem langsamen, qualvollen Tod.
Wie sie darauf brannte, ihn zu schnappen!
Bisher hatte der grausame Kerl fünf Frauen umgebracht. Die letzte, Donna Estes, war noch lebendig gefunden und per Rettungshubschrauber ins Krankenhaus gebracht worden, wo sie dann doch gestorben war, ohne wieder zu Bewusstsein gekommen zu sein – ohne das perverse Schwein identifizieren zu können. Natürlich wurden an den Tatorten auch Hinweise gefunden, die Autowracks der Opfer wurden weit entfernt von den Mordschauplätzen entdeckt, an denen der Täter über den Köpfen der Toten an den Baum genagelte Botschaften hinterließ. Doch bislang führte nicht das kleinste Beweisstück auf die Spur eines Verdächtigen. Was nicht hieß, dass sie überhaupt einen im Visier hatten. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie keinerlei Gemeinsamkeiten bei den Opfern feststellen können, und kein potenzieller Täter war ihnen bisher ins Blickfeld geraten.
Noch nicht.
Das würde sich ändern. Musste sich ändern.
Und während Pescoli und das ganze Morddezernat Überstunden schoben, um den Perversen zu schnappen, hatte Lucky die Unverfrorenheit, die unbeschreibliche Frechheit besessen, ihre Kinder zu entführen und ihr mitzuteilen, dass er das alleinige Sorgerecht beantragen würde.
Vor knapp einer halben Stunde hatte sie das Telefongespräch mit ihm beendet und ihre Partnerin gebeten, für sie einzuspringen. In etwa einer Viertelstunde würde sie vor seiner Wohnung stehen. Sie legte eine Tim-McGraw- CD ein, erinnerte sich, dass sie Lucky gehörte, betätigte die Auswurftaste und feuerte die CD zu ihrer leeren, zerknüllten Zigarettenschachtel auf den Boden vor dem Beifahrersitz. Flüchtig dachte sie an Nate Santana, den Mann, mit dem sie eine Affäre hatte. Er konnte ihr gehörig den Kopf verdrehen, doch sie wusste, dass er nicht gut für sie war. Überhaupt nicht gut. Ein gutaussehender Cowboy, der Typ, dem sie besser aus dem Weg ging. Und an den sie jetzt nicht denken durfte. Nicht, wenn sie an bedeutend Wichtigeres zu denken hatte.
Der Jeep geriet leicht ins Schleudern, und sie lenkte behutsam dagegen. Seit Jahren fuhr sie in Schneestürmen durch diese Berge, doch sie war sehr wütend und ihr Fahrstil vielleicht ein bisschen zu aggressiv.
Pech! Empörung steuerte ihr Handeln. Ihr Gerechtigkeitssinn trieb sie an. Regan nahm eine Kurve ein wenig zu schnell und schlitterte aus der Spur, doch sie hatte den Jeep wieder in der Gewalt, bevor er über die Böschung in den Abgrund des Cougar Canyon schießen konnte.
Sie schaltete herunter. Wieder drehten die Räder durch, als wäre die Straße hier kurz vor der letzten Bergkuppe spiegelglatt. Noch ein paar Meter, und es ging bergab …
Noch einmal schleuderte das Fahrzeug.
»Du lässt nach«, schalt Pescoli sich und lenkte in eine Kurve.
Krack!
Ein Schuss aus einem leistungsstarken Gewehr hallte durch den Wald. Instinktiv duckte Pescoli sich, nahm eine Hand vom Steuer und griff nach ihrer Waffe. Der Jeep rüttelte, und sie begriff, was mit ihr geschah. Mitten im heftigen Schneesturm schoss jemand auf ihr Fahrzeug.
Nicht irgendjemand. Der Unglücksstern-Mörder! Auf diese Weise bringt er seine Opfer in seine Gewalt!
Angst ergriff ihr Herz.
Der Jeep drehte sich, die Reifen rutschten, der Sicherheitsgurt rastete ein, alles Gegenlenken war sinnlos.
Immer schneller drehte sich der Jeep und glitt über den Rand der Felsenschlucht. Verzweifelt griff Regan nach ihrem Handy, doch es rutschte ihr aus der Hand, als der
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