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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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einen Plan«,
     antwortete der Mann. »Hört zu …«
    »Still!«
     schnarrte die Stimme. »Wenn du zu uns gehören willst, dann mußt
     du Gaunts Pläne durchkreuzen. Wie du das tust, ist uns gleich, aber
     wir werden dich beobachten. Adieu.«
    Der Mann spähte
     angestrengt in die Dunkelheit. Ein Zweig knackte, eine Eule schrie, aber
     als er rief, hallten seine Worte hohl durch die Stille.
    Eine Meile weiter südlich
     glitt über das schwarze, stinkende Wasser der Themse ein kleines
     Ruderboot mit einer verhüllten Gestalt zwischen die Strombrecher der
     London Bridge. Der Mann band die Leine sorgfaltig an einen rostigen Ring
     und kletterte dann den Balken hinauf zu dem blutgetränkten Gitter, wo
     auf Stangen die abgeschlagenen Häupter blicklos über den Fluß
     starrten. Der Mann fluchte und grinste dann.
    »Wie kann man sich eine
     solche Nacht aussuchen?« wisperte er. Der Fluß stank wie ein
     Abort, weil die Müllbarken voller Dreck und menschlicher Abfälle
     den ganzen Abend fleißig ihre Jaucheberge ins Wasser gekippt hatten;
     der Gestank würde tagelang nicht vergehen. Dennoch mußte der
     Dieb rasch handeln: Der französische Pirat war am Nachmittag
     hingerichtet worden, sein Kopf noch frisch, die Haut sauber, die Augen
     noch nicht von den Krähen ausgehackt. Vorsichtig sein mußte er
     trotzdem. Schon ging das Gerücht, die Verwaltungsbehörden und
     ganz besonders dieser dicke Riese, Sir John Cranston, der königliche
     Coroner der Stadt, seien mißtrauisch geworden angesichts der vielen
     Gliedmaßen und abgeschlagenen Köpfe, die von der London Bridge
     verschwanden.
    Der Dieb, ganz in Schwarz
     gekleidet und mit schweren Stiefeln, die ihm auf dem glitschigen Holz
     besseren Halt gaben, hatte jetzt den Vorsprung unter den blutverschmierten
     Stangen erreicht. Er kauerte im Dunkeln und spitzte die Ohren, um die
     verschiedenen Geräusche zu unterscheiden: Eine Barke mit
     ausgelassenen Männern, die betrunken wie die Lords von den Bordellen
     in Southwark nach Botolph's Wharf zurückfuhren; das Plätschern
     und Murmeln des Flusses und fernes Rufen an den Ufern; der Lärm von
     Schiffen, die zum Auslaufen mit der morgendlichen Flut klargemacht wurden
     - und vor allem die schweren Schritte der Wachen, die am Aufgang der Brücke
     hin und her gingen.
    Der Dieb wartete eine Weile
     und atmete geräuschlos; endlich schienen die Wachen müde zu
     werden und kehrten zu ihrem kleinen Kohlenbecken zurück, um sich
     aufzuwärmen. Da kletterte er auf die Brücke und tappte leise wie
     eine Katze zu den langen Stangen, die mit ihrer grausigen Zier in den
     Himmel ragten. Er spähte hinauf in die Dunkelheit. Er mußte
     achtsam sein. So viele Hinrichtungen, so viele abgeschlagene Köpfe -
     er wollte nicht den falschen nehmen. Er war am Abend dagewesen, als die Köpfe
     aufgestellt wurden, aber seitdem konnten sie vertauscht worden sein. Dann
     sah er die kleine Blutpfütze am Fuße einer Stange. Er lächelte,
     hob sie behutsam aus ihrer Halterung, nahm den Schädel von der
     Spitze, steckte ihn in einen Beutel und kletterte am Balkenwerk hinunter
     in sein Boot.
    *
    Am Südufer der Themse,
     im Labyrinth der tristen, schmutzigen Gassen von Southwark, waren die
     Schenken noch hell erleuchtet, während die Meisterdiebe mit ihren
     Gaunerbanden ihrem üblen Geschäft nachgingen: Fälscher,
     Betrüger, Taschendiebe und Räuber wollten die Nacht möglichst
     gewinnbringend nutzen. Auch andere arbeiteten: Katzenfänger, die auf
     der Jagd nach billigem Pelz waren und Fleisch, das sie verkaufen konnten,
     Hundekotsammler, die Säcke mit stinkender Ware an die Gerber
     verkaufen wollten, und die Gelegenheitsarbeiter, die von Bierschenke zu
     Bierschenke zogen und Arbeit suchten, noch ehe der Tag begann. In den Straßen
     herrschte geschäftiges Treiben, aber in einem großen,
     dreigeschossigen Fachwerkhaus, das ganz offensichtlich bessere Zeiten
     gesehen hatte … war es dunkel und still.
    Der Hausbesitzer und seine
     Frau standen stumm und wie versteinert in der Tür zur Kammer ihrer
     Tochter. Sie sahen sie im Licht einer einzelnen Kerze aufgerichtet in den
     Polstern sitzen. Die Bettvorhänge waren weit zurückgezogen. Die
     beiden warteten darauf, daß das Grauenvolle begann, und der Mann
     schaute das Mädchen beschwörend an.
    »Elizabeth, wird es
     wiederkommen?« fragte er flehentlich.
    Seine bleiche Tochter starrte
     ihn nur an; ihre Augen waren glasig und blicklos.
    »Oh, Elizabeth«,
     hauchte

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