Der zweite Mord
vernahm:
»Ach so. Hier sind Sie. Haben Sie irgendeine Sensation auf Lager?«
Kurt Hööks Stimme klang nicht böse, nur ironisch. In der Tat sehr ironisch, musste Irene feststellen, vielleicht zu Recht …
Mit einem unschuldigen Lächeln auf den Lippen drehte sie sich um.
»Hallo! Darf dieses Mal ich Sie auf einen Kaffee einladen? Er ist zwar nicht so gut wie bei der GT, aber besser als nichts.«
Höök zuckte mit den Schultern und murmelte etwas, was Irene als ein Okay deutete. Sie warf noch zwei Münzen ein und gab ihm den dampfenden Becher. Ohne sich viel dabei zu denken, lotste sie Höök in ihr Büro. Erstaunt blieb er auf der Schwelle stehen:
»Sind Sie gerade eingezogen, oder wollen Sie ausziehen?«
Irene lachte, verstand aber seine Verwunderung. Überall lagen Ordner und Papiere herum, und auf dem Fußboden standen Tüten mit Hildings und Teklas Büchern und Kleidern.
»Sie werden es nicht glauben. Das hier ist die Hinterlassenschaft des Klinikgespenstes. Sie findet in zwei großen Papiertüten Platz.«
»Jemand hat Sie reingelegt. Als Schwester Tekla starb, gab es noch keine Papiertüten. Vor allen Dingen keine, auf denen Konsum stand!«
Erstaunlich scharfsinnig. Jetzt fehlte nur noch, dass er nach den Taschen fragte.
»Wo sind die Originaltaschen? Und ist das alles, was in den Taschen war?«, wollte Höök wissen.
Irene konnte aus seiner Stimme die Neugier des Journalisten heraushören. Sie wollte gerade den Mund öffnen, um ihm eine ausweichende Antwort zu geben, da ging ihr auf, welcher Schluss sich aus seiner letzten Frage ziehen ließ.
Die Taschen waren gewaltsam geöffnet worden, als man sie gefunden hatte. Was fehlte?
Sie wurde von Hööks Stimme in ihren Überlegungen gestört:
»Wo haben Sie diese Sachen gefunden? Warum verschwenden Sie Ihre Zeit damit, diesen alten Plunder durchzuwühlen?«
Irene machte eine abwehrende Handbewegung und bat ihn, sich hinzusetzen. Sie dachte fieberhaft nach, um sich eine glaubwürdige Geschichte auszudenken, die nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt war. Zögernd begann sie:
»Wie Sie wissen, haben wir Linda Svensson erhängt auf dem Klinikspeicher gefunden. Fast an derselben Stelle, an der sich Schwester Tekla damals erhängt hat. Dieser Speicherraum ist lange Jahre nicht mehr benutzt worden. Und wenn, dann nur als Lagerplatz.«
Irene unterbrach sich und nahm einen ordentlichen Schluck Kaffee. Schließlich fuhr sie fort:
»In einer Ecke des Speichers fanden wir drei Reisetaschen. Sie waren erst vor kürzerer Zeit aufgebrochen worden. Eine hatte Tekla Olsson gehört, die anderen beiden den Eheleuten Löwander, also den Eltern von Sverker Löwander. Ich sitze hier und überlege mir, ob das vielleicht wichtig ist. Also die Tatsache, dass sie aufgebrochen waren. In diesem Fall will man schließlich wissen, was den Täter interessiert hat.«
»Das, was in den Taschen fehlt, natürlich«, erklärte Höök.
Er beugte sich, lang wie er war, über den Schreibtisch und ergriff die Faxe mit Teklas Briefen. Irene hatte keine Zeit zu reagieren.
»Was ist das hier?«
»Das sind alte Briefe, die Tekla Olsson an ihre Cousine in Stockholm geschrieben hat, mit der sie zusammen aufgewachsen ist.«
»Warum, um Gottes willen, interessieren Sie sich für so was?«
Irene gefielen sein forschender Blick und seine direkten Fragen nicht sonderlich. Warum hatte sie nur einen der penetrantesten Journalisten Göteborgs in ihr Zimmer gebeten?
»Wir haben versucht, diese Cousine, diese Beinaheschwester, ausfindig zu machen, aber sie ist bereits verstorben. Dafür haben wir ihren Sohn aufgetrieben, und der hat uns diese Briefe gefaxt.«
»Warum sollen die von Interesse sein?«
»Das weiß ich nicht.«
Irene hörte selbst, wie dumm das klang, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Sie sah, wie Kurt Höök in den Faxen blätterte. Ziemlich bald tat er dasselbe wie zuvor schon sie selbst und legte sie in chronologischer Ordnung vor sich hin. Nachdenklich las er sie durch und brummte dabei ab und zu vor sich hin. Schließlich konnte sich Irene nicht länger beherrschen, sondern fragte vorsichtig:
»Glauben Sie, dass sie sich irgendeines Geheimcodes bedient haben?«
Höök sah sie scharf an.
»Was glauben Sie denn, zwischen den Zeilen lesen zu können?«
Irene beschloss, ihm etwas lückenhaft die Wahrheit zu sagen.
»Andeutungen über eine Liebesgeschichte. Wir wissen, dass wahrscheinlich eine unglückliche Liebesgeschichte hinter Teklas Selbstmord
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