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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Von einem Dr. Ruben Goldblum. Er schreibt: ›Dass Frau Lovisa Löwander an dem Turner-Syndrom leidet, könnte ein schwer wiegender Grund für eine Adoption sein. Ich bin seit vielen Jahren mit den Eheleuten Löwander persönlich bekannt und kann ihren bezeugt guten Lebenswandel und Ruf bestätigen. Von der Tatsache, dass Frau Lovisa Löwander über vierzig Jahre alt ist, kann man absehen, da sie eine ungewöhnlich kluge, fleißige und gesunde Frau ist. Dr. Hilding Löwander ist ein anerkannt tüchtiger Arzt und ein guter Mensch. Die beiden würden sicher die besten Eltern.‹«
    »Ah. Sie wollten also adoptieren.«
    »Ja.«
    »Was für ein Arzt war Goldblum?«
    Irene hielt das Papier gegen das Licht, um zu versuchen, den undeutlichen Stempel zu entziffern.
    »Dr. gyn. steht hier. Ein Frauenarzt.«
    »Ja. Aber was ist ein Turner-Syndrom?«
    »Keine Ahnung.«
    »Hast du sonst noch was?«
    »Ja. Einen Mietvertrag für eine Einzimmerwohnung in Stockholm. An der Drottninggatan. Die Mieterin ist Lovisa Löwander, und die Vertragsdauer beträgt vier Monate, vom November ’46 bis zum Februar ’47.«
    »Hat sie Sverker in Stockholm zur Welt gebracht?«
    »Offenbar. Ich erinnere mich, dass er gesagt hat, sie sei während der gesamten Schwangerschaft von Experten behandelt worden. Die Schwangerschaft sei sehr kompliziert gewesen.«
    Irene blätterte weiter in dem Ordner, bis sie die Stelle mit den schmalen und dünnen Papieren fand.
    »Hier. Quittungen von Bankeinzahlungen. Am Ende jeden Monats zahlte Hilding Löwander zweihundert Kronen auf ein Konto ein. Die Einzahlungen beginnen Ende August ’46 und enden Ende Februar ’47. Um die Einzahlung im März kam er herum, da sich Tekla noch vor Ende März aufhängte.«
    »Du glaubst, dass das Geld für Tekla bestimmt war?«
    »Ja. Der Zeitraum stimmt. Er versuchte wohl sein schlechtes Gewissen zu beruhigen.«
    »Bekam sie keine neue Arbeit?«
    »Keine Ahnung. Sie war vielleicht zu deprimiert, um arbeiten zu können.«
    Gründlich dachten beide über die neuen Erkenntnisse nach. Schließlich sagte Tommy resolut:
    »Ich muss rauskriegen, was das Turner-Syndrom ist. Ich rufe eben mal Agneta an.«
    Er nahm den Telefonhörer und wählte die Nummer seiner Frau, die Stationsschwester am Städtischen Krankenhaus von Alingsås war. Nach einer Weile hatte er sie am Apparat.
    »Hallo, Liebling. Kannst du mir helfen und mir erklären, was für eine Krankheit das Turner-Syndrom ist?«
    Er verstummte und begann etwas auf seinen Block zu kritzeln. Zweimal zog er erstaunt die Augenbrauen hoch und schaute Irene an, sagte aber nichts, sondern schrieb einfach weiter mit. Als er umblätterte, fragte sich Irene schon, ob er vorhatte, eine medizinische Abhandlung zu verfassen.
    Nachdem er lange mitgeschrieben hatte, hörte er auf, sich Notizen zu machen. Er legte seinen Stift weg, dankte seiner Frau für die Hilfe und gab ihr einen Kuss durchs Telefon. Als er aufgelegt hatte, sah er Irene an und sagte:
    »Halt dich fest. Es bestand keine Möglichkeit, dass Lovisa Löwander Kinder bekommen konnte. Sie hatte nämlich keine funktionierenden Eierstöcke!«
    Er schaute auf seinen Block und begann vorzulesen.
    »Turner-Syndrom ist eine Chromosomenstörung, die nur Mädchen befällt. Normalerweise haben Jungen die Geschlechtschromosomen XY und Mädchen XX. Mädchen, die mit dem Turner-Syndrom zur Welt kommen, haben nur ein Geschlechtschromosom. Ihr Geschlechtschromosom wird als XO bezeichnet. Sie sind kleinwüchsig und kommen nicht in die Pubertät. Man kann ihnen weibliche Hormone verabreichen, um eine Entwicklung der Brüste und so zu bewirken. Obwohl ich meine Zweifel habe, ob man das in den Zwanzigerjahren, als Lovisa jung war, bereits konnte. Sie bekam vermutlich keine Hormone. Aber Mädchen mit Turner-Syndrom sind trotzdem immer steril.«
    »Steril! Aber …«
    Sie wurde unterbrochen. Hannu klopfte an die Tür und trat ein. Er hatte einen Stoß Faxe in der Hand.
    »Hallo. Wie bist zu zurechtgekommen?«, sagte Tommy.
    »Gut. Anna Siwér ist tot. Ich habe mit Jacob Siwér, dem Sohn, gesprochen. Er wohnt immer noch in Stockholm.«
    »Waren Anna und Tekla verwandt?«, wollte Irene wissen.
    »Ja. Anna und Tekla waren Cousinen. Teklas Mutter starb bei ihrer Geburt. Annas Eltern nahmen Tekla zu sich. Ihr Vater fing nach der Geburt seiner Frau an zu trinken und kümmerte sich nicht um seine Tochter. Er starb zwei Jahre später. Hinterließ Tekla eine größere Geldsumme.«
    »Kann sich Jacob Siwér noch an

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