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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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Tagsüber, wenn ich hier bin, schließe ich nie ab.«
    »Aber die obere Schreibtischschublade ist immer verschlossen?«
    »Ja.«
    »Wo haben Sie den Generalschlüssel?«
    »Hier. Und da ist auch der Schlüssel für die Schreibtischschublade.«
    Der Hausmeister zog erneut den Schlüsselbund aus der Hosentasche.
    Hier kam sie nicht weiter. Irene beschloss, stattdessen über Mama Vogel zu sprechen.
    »Wissen Sie, dass jemand im Geräteschuppen wohnt?«
    Bengtsson erstarrte. Er schaute in seine dampfende Kaffeetasse und murmelte:
    »Ach so? Ist das so?«
    Er war wirklich ein lausiger Lügner.
    »Haben Sie gestern die GT in der Hand gehabt? Haben Sie das mit der Frau gelesen, die angeblich gesehen hat, wie die gute alte Tekla in der Mordnacht herumgespukt hat?«
    »Doch … ja … das habe ich …«
    »Der Journalist, der das geschrieben hat, hatte mit Mama Vogel gesprochen.«
    Bengtsson sah überrascht von seiner Tasse auf.
    »Die lässt sich doch nicht interviewen!«
    »Sie kennen sie also?«
    Der Hausmeister seufzte schicksalsergeben.
    »Jaja. Ich kenne sie. Oder ich weiß von ihr. Ich habe sie vor Weihnachten gefunden.«
    »Gefunden?«
    »Ja. Sie hatte sich in einen Müllsack aus Plastik eingewickelt und sich vor die Kellerventilation gelegt. Vor die Abluft, die bei der Elektrozentrale durch die Wand kommt. Erst hab ich gedacht, da hat jemand einen Sack mit Müll hingeschmissen, und bin wütend geworden. Ich gehe hin, um ihn in den Müllraum zu schleppen, und da sehe ich, dass da ein Mensch liegt!«
    »Haben Sie sie mit ins Haus genommen?«
    »Nein. Sie stank, dass es einem übel wurde! Und sie war vollkommen wirr im Kopf. Es war unmöglich, etwas Vernünftiges aus ihr herauszubringen.«
    »Sie haben also den Schuppen mit den Gartengeräten für sie geöffnet?«
    Bengtsson nickte resigniert.
    »Ja. Was hätte ich sonst tun sollen? Das Krankenhaus war schließlich über Weihnachten geschlossen. Sie hatte ganz offenbar kein Zuhause. Ich habe ihr den Schuppen aufgemacht. Es hatte den Anschein, als sei sie froh darüber. Ab und zu habe ich ihr dann eine Plastiktüte mit Butterbroten an die Klinke gehängt, die am Tag darauf immer verschwunden war. Obwohl ich an einem Morgen gesehen habe, wie sie die Brote zerkrümelt und damit die Vögel gefüttert hat!«
    »Wo haben Sie das gesehen?«
    »Hier im Park.«
    »Weiß sonst noch jemand etwas von Mama Vogels Existenz?«
    Folke Bengtsson zuckte mit seinen riesigen Schultern.
    »Weiß nicht. Möglich.«
    »Sie wissen auch nicht ihren richtigen Namen?«
    »Keine Ahnung. Sie plapperte etwas davon, dass sie Mama Vogel heißt. Aber seit diesem ersten Morgen habe ich kaum mehr mit ihr gesprochen. Nur ab und zu eine Tüte mit Butterbroten an die Türklinke gehängt.«
    »Hält sie sich auch tagsüber in dem Schuppen auf?«
    »Nein. Morgens ist sie immer fort. Ich komme um halb sieben. Nach diesem Zeitpunkt ist sie nie auf der Bildfläche erschienen.«
    »Haben Sie bemerkt, wie es im Schuppen aussieht?«
    Der Hausmeister schluckte und nickte.
    »Doch. Das ist wirklich übel … aber sie soll meinetwegen den Winter über dort bleiben. Dann schmeiße ich sie raus und schließe die Tür ab. Der ganze Schuppen wird dann saniert. Ich werde ihn innen anstreichen. Niemand braucht zu erfahren, dass sie dort ist.«
    Das Letzte sagte er in einem deutlich flehenden Tonfall. Die obdachlose Frau tat ihm Leid.
    »Haben Sie eine Vorstellung, wo wir diese Mama Vogel tagsüber finden können?«
    »Keine Ahnung. Obwohl …«
    Er unterbrach sich und dachte nach. Zögernd fuhr er fort:
    »Vor einigen Wochen habe ich sie an einem Samstagmorgen auf dem Drottningtorget gesehen. Sie kam mit zwei großen Plastiktüten aus dem Einkaufszentrum Nordstan. Sie sang beim Gehen vor sich hin.«
    »Haben Sie gehört, was sie gesungen hat?«
    Bengtsson sah erstaunt aus.
    »Nein. Ich hielt mich auf Abstand.«
    »Hat sie Sie gesehen?«
    »Nein. Sie ging in Richtung vom Hotel Eggers, stellte sich genau davor und begann, ihre Tüten auszupacken. Dann hat sie Brote zerrupft und um sich herum Haferflocken verstreut! Zum Schluss war sie ganz von Tauben bedeckt. Pfui Teufel!«
    Der eigentümliche Geruch der sonderbaren Dame fand damit seine Erklärung.
    »Wann haben Sie sie zum letzten Mal gesehen?«, fragte sie.
    »Tja … man begegnet ihr nicht so oft. Das war wohl dieses eine Mal auf dem Drottningtorget. Sie kommt spätabends zum Schuppen und verschwindet frühmorgens wieder. Montagabend habe ich eine Tüte an die Tür

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