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Der Zweite Tod

Titel: Der Zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
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mit dem armen Afrikaner am Samstag in der U-Bahn-Station verglich.
    Unter dem Toten kamen noch mehr Unterlagen und Papiere auf der Tischplatte zum Vorschein. Sie maß gut zwei Quadratmeter und war völlig damit bedeckt. Der Tod hatte Carl Petersson beim Schreiben und Denken überrascht. Kjell wandte sich an Per.
    »Ist der wirklich mit der Stirn dort aufgekommen, oder wurde er ab gelegt?«
    »Sieht nach einem Aufprall aus. Halb sank er hin, halb stieß man ihn, hehe!«
    Wenn es wirklich hier und so passiert war, musste der Mörder hinter Pe ters son gestanden haben. Die Kon sequen zen, die sich daraus ergaben, verfolgte Kjell jedoch zunächst nicht. Ihm fiel einfach nichts ein.
    Der Anblick des Zimmers und vor allem des Tisches hatte etwas von ei nem Obstar ran gement.
    Per deutete auf die Telefon la destation auf dem Schreibtisch. »Das Telefon fehlt, ich hab schon gesucht.«
    Die Män ner bet teten Pe ters sons Leiche in den Sarg. Per entfernte auch den Stuhl und schlug ihn in Plastikfol ie ein. Kjell holte sich einen Küchenstuhl und nahm am Schreibtisch Platz. Sofi stellte sich schräg hinter ihn. Er wollte alles mit Muße betrachten und in sich aufnehmen. An der Wand hingen Skizzen und Tabellen. Es waren solche, wie man sie beim Entziffern von Schriften verwendete, eine Auswertung über die Häufigkeit eines Zeichens oder die Zuordnung eines Lautwertes zu einem Zeichen. Während seines Studiums hatte Kjell sich mit der Entzifferung der mykenischen Schrift beschäftigt, und das ähnelte dem, was er hier sah. Auf dem großen Plakat direkt vor dem Schreibtisch wa ren spi ral för mig angeord nete Zeichen zu sehen. Kjell wusste, was das war.
    Er überflog die Papiere auf der Tischplatte. Auch hier tauchten die Zeichen aus der Spirale wieder auf. Petersson hatte an dem Geheimnis dieser Spirale gearbeitet, als ihn der Tod überkam.
    »Was sind das alles für Sachen?«, fragte Sofi.
    Kjell zeigte auf die Spirale, genauer gesagt waren es zwei, nämlich die Vorder und Rückseite. »Stell dir vor, Albert Einstein wäre an seinem Schreibtisch ersto chen worden, wäh rend er gerade einen seiner Aufsätze zur Relativitätstheorie verfasste.« Er wusste nur zu gut, wie er Sofi aufwühlen konnte. Das war bei ihr ganz einfach.
    Sie sah ihn erstaunt an. In ihrem Blick lagen wie erwartet Skepsis und Widerwillen. »Das wäre nicht gut. Dann gäbe es ja keine Computer und keine Musik-CDs.«
    Gar kein so schlecht er Gedanke, schoss es ihm durch den Kopf. Zudem ein gerechter. Der arme Bach war über einer seiner besten Fugen gestorben, während Einstein nach der Relativitätstheorie den Rest seines Le bens nur noch he rum gelungert hatte. Kjell wäre es umgekehrt lieber gewesen. »Und keine Mondlandung«, ergänzte er Sofis Auflistung der wirklich wichtigen Dinge im Leben der Menschen.
    Sie überlegte kurz. »Nää«, antwortete sie dann und klopfte ihm von hinten auf die Schulter. »Bis zum Mond schafft man es auch mit Newton. Aber deine neue Mikrowelle könntest du dann verges sen.«
    Auf die würde er nie mehr verzichten wollen. Es gab wirklich genug Bachfugen. Er deutete auf die Spiralen. »Der Diskos von Phaistos. Er kommt aus Kreta und ist dreieinhalb Jahrtausende alt. Die Zeichen wurden spi ral för mig mit Stempeln in den Ton gedrückt.«
    »Und was steht da?«
    »Das weiß kein Mensch! Auch nicht, ob es Griechisch ist oder eine andere, ältere Sprache. Es ist eines der größten Geheimnisse der Altertumswissenschaft.«
    »Glaubst du, dass Petersson.?«
    Kjell schüttelte den Kopf. »Es hat Hunderte von Theorien gegeben. Er hat es sicher auch versucht, das sehen wir ja hier. Aber ich glaube nicht, dass er es geschafft hat, bis ich die Lösung vor mir sehe. Aber dann hätte sich das Herkommen für uns ja gelohnt.«
    »Jaaa«, fand Sofi und legte die Spitze ihres Zeigefingers auf ihre Lippen. »Aber Petersson lag immerhin tot mitten in seinem Deutungsversuch.«
    Er drehte sich zu ihr um und sah ihr ernst in die Augen. »Welchen Eindruck hast du von diesem Raum?«
    Sofi biss sich nachdenklich auf die Lippe und ließ ihren Blick um herschweifen.
    »Du meinst wohl die ganzen Details wie Sahlins Wohnung, die Spülmaschine und das ganze Ambiente hier.«
    Er nickte.
    »Ir gendwas stimmt nicht«, be gann sie. »Je mand hat Pe ters son den Brieföffner in den Rücken gestoßen. Jemand, den er so gut kannte, dass er sich hinter ihn stellen konnte, während er am Schreibtisch arbeitete. Petersson schlug mit dem Ge sicht auf die Platte.«

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