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Der Zweite Tod

Titel: Der Zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
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spricht nicht viel, und so war daher auch Sofi. Woher die üppigen Brüste stammten, die er ihr in der Nacht angedichtet hatte, würde für immer ein Rätsel bleiben. Im Gegenteil, Gott war bei Sofis Erschaffung vorsichtig und feinsinnig ans Werk gegangen, und um Sofi schwebte eine Wolke von Unantastbarkeit. Ihr stilles We sen ließ ih ren schlak si gen Kör per gra zil wir ken, jedenfalls solange sie keinen Schraubenzieher in die Hand nahm, was ein, zweimal am Tag passieren konnte. Sie war dunkel, man nahm an, dass ihr leibl icher Vater aus einem Land im Süden stammte, aber dieses Geheimnis hatte ihre Mutter mit ins Grab genom men.
    Mit ihren fünfundzwanzig Jahren war Sofi Johansson eigentlich viel zu jung für die Reichsmordkommission und die Taktische. Ihre Altersgenossen ar beite ten al lesamt noch bei der Schutzpolizei oder als Anfänger bei der lokalen Kripo. Kjell hatte sie im Frühsom mer auf ei ner Großbesprechung unter den anderen Anwärtern entdeckt und wie einen Goldschatz aus ihrem Re vier in Norr malm geborgen. Ausgerech net Norr malm, hatte er gesagt, da gehört sie ja nun wirklich nicht hin.
    Barbro Setterlind fiel das rötlich blonde Haar in leichten Kurven gerade so über die Schult ern. All ihre taill iert en Blusen mündeten oben in einem hohen Kragen, der Barbros Hals noch schmaler wirken ließ. Sie wirkte mit ihren dünnen Lippen und ihrem Parfüm, das einem das ganze Jahr über gnadenlos Frühlingsgefühle aufzwang, ein wenig hart und fleischlos. Dagegen standen ihre kastanienbraunen Augen und die karibische Gelassenheit, mit der sie den Alltag wie von einem Hochsitz aus an sich vorbei ziehen ließ.
    Sie war vierunddreißig Jahre alt und gemäß ihres Zehnjahres plans noch für mindestens sieben Jahre unver hei ratet. Der laufende Zehnf ahresplan sah nur Emelie vor, ihre zweif ährige Tochter. Barbro und Emelie wohnten in einer Etage am Strandvägen über der Wohnung ihrer Eltern, denen das ganze Haus gehörte sowie große Teile vom Rest der Welt. Der abgelaufene Zehnjahres plan war ganz auf Män ner ausgerichtet gewe sen und hatte ihr den Spitznamen »Die Harpunistin« eingebracht, doch Emel ies Geburt schien Barbro auf andere Gedanken gebracht zu haben. Ihre Freizeit verbrachte die Tochter aus Stockholms Oberschicht nun mit ihrem zwanzig Jahre älteren Kollegen Henning, mit dem sie auch das Büro teilte. Kjells erste Sorge, ob sich zwei in allen Punkten so unterschiedliche Menschen vertragen könnten, hatte sich bald verflüchtigt. Der Frühling hatte eine gegenseitige Rück sicht nahme zwi schen ih nen ent ste hen las sen, die der Sommer und der Herbst in eine Freundschaft verwandelt hatten. Er hoffte, dass der Winter nicht auch noch Liebe daraus machte.
    Gest ern Abend waren die vier wie jeden Mont ag nach der Arbeit ins Schwimmbad im Keller des Polizeihauses gegangen. Erst im Sommer waren aus gelegentlichen Abstechern ins Keller bad regel mä ßige montäg liche Schwimm abende geworden. Weil der Arzt Henning zu mehr Bewegung riet, hatte sich Henning für Triathlon entschieden. Morgens radelte er einen halben Kilometer zur Saltsjöbahn und schlenderte vom
Centra len
zum Präsidium. Das lag genau eine Ziga ret ten länge ent fernt. Im Sommer ließ er sich gern zur Abendsonne ausgerichtet bis zur Dreißigmeterboje am Smedsudden treiben, an Winterabenden unten im Schwimmbad bis zur Wendemarke. Zu Beginn waren Kjell und Henning unter sich gewesen. Kurz darauf stieß auch Sofi dazu und am Ende sogar Barbro, aber nur, um nichts zu verpassen. So war es auch mit den Träumen bei ihm losgegangen, die ihn immer in der Nacht von Montag auf Dienstag befielen. Sofi im Badeanzug war eine Heimsuchung für Männer ohne Gelegenheit. Während sie schwammen, war das alles erträglich, aber im Nachhinein durfte man lieber nicht an sie denken. Normalerweise dachte er dann an ihren Rücken mit seinem lieblichen Muskelspiel, und zwar deshalb, weil sie immer ein bisschen schneller schwamm als er. Von allen Frauen hatte sie den al lerschönsten.
    Sein Drang zu schwimmen war in diesem Sommer erwacht, der unerträglich heiß gewesen war. Unter den Arbeitnehmern dieser Welt gehörte er neben Mui chellauchern in der Ägäis zu den wenigen, die the oretisch zu ihrem Arbeit platz hät ten schwimmen können. Nach einem heißen Arbeitstag brauchte er nur die Polhemsgatan bis zum Norr Mälarstrand hinun terzuschlendern und dort ins Wasser zu steigen. Wenn ihn unterwegs keine Schiffsschraube erwischte, konnte er in

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