Der Zwergenkrieg
ein Lied über sie. Vielleicht sollte ich …«
»Nein«, brummte Löwenzahn. »Solltest du nicht.«
Auch Mütterchen meinte: »Das ist wirklich nicht nötig.«
Nur Geist sagte: »Ich würde es gerne hören. Du hast eine so schöne Stimme, Alberich.«
»Ein andermal«, verlangte Mütterchen hastig.
Löwenzahn wuchtete seinen Zweihänder von einer Schulter auf die andere. »Erzähl uns lieber, was in der Zwergenstadt geschehen ist.«
»War es wirklich eine Arena?«, fragte Mütterchen.
»Was ist eine Arena?«, wollte Geist wissen, die sich nach all ihren Jahren im Wald nichts darunter vorstellen konnte.
Löwenzahn machte ein ernstes Gesicht. Er war froh, dass er dem Moosfräulein etwas erklären konnte, und hatte es eilig, den anderen zuvorzukommen. »Man schlägt darin einem anderen den Schädel ein und wird dafür mit Blumen beworfen.«
Geist ließ eine Nelke an ihrem Hinterkopf erblühen. »Mit solchen Blumen?«
Der Halbhunne nickte. »Und mit Münzen.«
Alberich warf einen grimmigen Blick nach hinten. »Wenn du dabei noch einmal derart gierig auf meinen Hort schielst, Hunne, drehen wir sofort um.«
»
Deinen
Hort?« Löwenzahn lachte. »Wenn das so ist, sollten wir allmählich über Besoldung sprechen.«
Ihr Abstieg die Treppe hinunter war beschwerlicher, als Mütterchen angenommen hatte. Die Stufen schienen kein Ende zu nehmen. Zudem waren die Absätze für Zwergenfüße geschaffen und viel zu kurz und zu niedrig für menschliche Schritte; das verdoppelte die Anstrengung. Am schlimmsten aber war, dass sie bislang nicht einmal ein Viertel der Strecke bis zum Boden der Horthalle bewältigt hatten.
Mütterchen klopfte Alberich im Gehen auf die Schulter. »Nun sag schon, was weiter geschah. Zumindest vergeht dabei die Zeit schneller.«
»Hm«, meinte der Zwerg und kratzte sich unter seiner Mütze. »Wo war ich stehengeblieben?«
Löwenzahn beugte sich vor und roch an der Nelkenblüte auf Geists Kopf. »Grimma und die anderen hatten den Tunnel verlassen und lagen auf dem Rand der Arena«, sagte er. »Von dort aus schauten sie über die Ruinen dieser Stadt und …«
»Jetzt weiß ich!«, unterbrach ihn Alberich. »Ich wollte ein Lied über Grimma singen.«
»Du wolltest erzählen, wie es weiterging«, ermahnte ihn Mütterchen.
Alberich grummelte etwas in seinen Bart und meinte schließlich: »Nun denn, hört gut zu!« Er straffte seinen Rücken. »Nach langen Monden des Marsches also kamen Grimma und ihre Gefährten im Nordland an. Sie stiegen aus dem Tunnel, fanden die Arena und entdeckten, dass die alte Stadt der Zwerge in Ruinen lag. Vielleicht war diese Stadt der Ursprung meines Volkes, vielleicht nur eine abgelegene Kolonie, das weiß heute keiner mehr. Auch was die Höhlendecke zum Einsturz gebracht hat, ist längst vergessen. Ich vermute, es war irgendeine Teufelei der Nordlinge, wie immer sie es bewerkstelligt haben mögen.
Nun, auf jeden Fall betraten Grimma und die anderen kühn die Stadt und erforschten jeden Winkel. Oft stießen sie dabei auf die verfluchten Nordlandkrieger und erschlugen ihrer Hunderte. All die Schmach, all das Verderben, das die Nordlinge mit ihrem Angriff auf den Hohlen Berg über das Zwergenvolk gebracht hatten, wurde ihnen jetzt dutzendfach heimgezahlt. Immer mehr dieser Barbaren verließen ihre stinkenden Unterschlüpfe in den Ruinen, und sie liefen Grimma und ihren Freunden geradewegs in die Klingen. Schrecklich war die Schlacht und ruhmreich der Sieg, denn bald schon war die Stadt von diesem Ungeziefer bereinigt.«
Löwenzahn runzelte ungläubig die Stirn. »Du meinst, ein paar Zwerge haben das ganze Volk der Nordlinge ausgerottet?«
Alberich hielt es nicht einmal für nötig, sich angesichts solch frevlerischen Zweifels umzudrehen. »Genauso war es«, erklärte er mit triumphaler Gebärde, »jedes Wort ist wahr! Die Zwerge waren immer ein Volk, das viele mächtige Krieger hervorgebracht hat.«
Mütterchen entging keineswegs, dass Alberich sich damit selbst widersprach; vorhin hatte er noch behauptet, in den Jahrhunderten des Frondienstes im Hohlen Berg hätten die Zwerge den Kampf verlernt. Sie schmunzelte still vor sich hin, verzichtete aber auf einen Einwand.
Der Horthüter fuhr fort: »Nachdem die Ruinenstadt von allen Feinden befreit war, machten Grimma und die ihren sich daran, nach Spuren der hehren Vergangenheit der Zwerge zu suchen. Vielerlei fanden sie, Zeugnisse der großen Taten und Erfindungen ihrer Ahnen, und als sie alles zusammengetragen und
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