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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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das ungute Gefühl, dass Rafa nicht war, was er schien.

32
    Am Abend nahm Jake seine Schwester beiseite. »Ich muss mit dir reden«, sagte er ernst.
    Sie folgte ihm in die Bibliothek. »Was ist denn?«
    »Es geht um Rafa.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Ich habe ihn heute Morgen erwischt, wie er drüben im Privathaus herumgeschnüffelt hat.«
    »Was meinst du mit ›herumgeschnüffelt‹?«
    »Na ja, er war nicht in der Küche und hat sich einen Tee gemacht.« Clementine bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. »Er war oben.«
    »Hast du ihn gefragt, was er da wollte?«
    »Ja, und er hat gesagt, dass er nach Biscuit sucht.«
    »Tat er vielleicht auch.«
    »Blödsinn! Er hat nicht nach Biscuit gesucht, sondern das Haus inspiziert.«
    »Bist du sicher?«
    »Absolut. Er wirkte richtig verschlagen.«
    »Was willst du damit andeuten?«
    »Nur dass Harvey mit ihm bei Powells war, bevor bei ihnen eingebrochen wurde.«
    Clementine stieß einen stummen Schrei aus. »Du willst doch nicht behaupten, dass er Baffles ist!«
    »Hältst du es nicht für ein bisschen viel Zufall, dass ausgerechnet die Leute, bei denen er zu Besuch war, hinterher ausgeraubt wurden?«
    Clementine war viel zu entsetzt, um zu antworten.
    »Er hat alles ausgekundschaftet, angeblich weil er überlegt hat, mit seinen Malschülern hinzugehen. Und da muss er in der Küche gewesen sein und den Ring auf dem Fensterbrett gesehen haben.«
    »Ich fasse nicht, dass du so etwas Absurdes auch nur denkst! Wenn Rafa eines nicht ist, dann unehrlich«, sagte Clementine erbost.
    »Glaubst du allen Ernstes, dass der Mann Spaß daran hat, einen Sommer lang alten Frauen das Malen beizubringen, und das gegen nichts als Kost und Logis? Denk mal nach. Was wollte er überhaupt hier unten? Große Häuser und Hotels ausrauben. Dann hat er Marinas Anzeige in der Zeitung gesehen und sich gedacht: Wow, gehe ich doch mal einen Sommer undercover, und keiner wird mich verdächtigen.«
    Clementine sah ihn ungläubig an, doch Jake, offenbar sehr zufrieden mit der Wirkung seiner Hypothese, fuhr fort: »Kapierst du nicht? Er ist mitten in Devon, umgeben von großen, teuren Häusern, in die er größtenteils auch noch problemlos reinkommt, weil Marina ihn unbedingt all ihren Freunden vorführen will. Das ist die perfekte Tarnung. Keiner würde ihn verdächtigen, oder?«
    »Ich weiß nicht, Jake.« Doch Clementine musste zu ihrem Elend zugeben, dass sich leise Zweifel in ihr regten.
    »Mir kam er von Anfang an suspekt vor. Dass er hier aufkreuzte, war einfach zu schön, um wahr zu sein.«
    »Tja, du hast keine Beweise.«
    »Die kriege ich noch.«
    »Er ist ein sehr guter Maler.«
    »Zufall.«
    »Wenn er ein Dieb wäre, würde er dann nicht eine teure Uhr tragen und einen schicken Wagen fahren?«
    »Nur wenn er ein blöder Dieb wäre, und blöd ist er nicht.« Er grinste. »Du hast dich in ihn verknallt, stimmt’s?«
    Clementine wurde wütend. »Wäre er so ein verkommenes Subjekt, wie du unterstellst, hätte er mich schon vor Wochen verführt.«
    »Nein, hätte er nicht. Das würde ihn ablenken.«
    »Ich glaube dir nicht, Jake. Du magst ihn nicht, weil du eifersüchtig bist. Er sieht besser aus als du, ist klüger – was, wie ich ergänzen möchte, nicht sonderlich schwer ist –, und er ist um ein Vielfaches charmanter. Kein Wunder, dass du ihn nicht ausstehen kannst.«
    »Ich habe einen Riecher für verschlagene Typen.«
    »Und? Willst du es Marina sagen?«
    »Noch nicht.«
    »Gut, denn sie wird dir auch nicht glauben.«
    »Ich werde Beweise finden.«
    »Diese Reubens kommen am Wochenende, also hat sie schon genug andere Sorgen.«
    »Ach, die Reubens.« Er zog eine Grimasse. »Die sind ganz sicher scharf auf das Hotel.«
    »Falls er ein Angebot macht, dass Dad nicht ablehnen kann, stürzt Marina sich von den Klippen. Das verkraftet sie nicht, das kann ich dir jetzt schon sagen.«
    »Sei nicht so theatralisch. Sie packt das schon. Dann kaufen sie sich eben was anderes.«
    »Du schnallst es schlicht nicht, was?«, fuhr sie ihn scharf an. »Das hier ist mehr als nur ein Haus für Marina. Es ist ihr Baby.« Jake besaß immerhin den Anstand, ein bisschen beschämt dreinzublicken. »Tu nicht so, als würde sie damit fertig werden, denn das wird sie nicht. Sie wäre am Boden zerstört, und nichts könnte das wieder richten.«
    Jake starrte ihr verwundert nach, als sie hinaus in den Flur stampfte.
    Clementine saß in ihrem Zimmer und grübelte über Jakes wilde These nach. Ihr Verstand wie ihr

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