Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
Vom Netzwerk:
Herz sagten ihr, dass er sich irrte. Rafa war kein Einbrecher. Er war sanft, freundlich und mitfühlend. Wäre er ein Einbrecher, müsste er skrupellos und verlogen sein, was er eindeutig nicht war. Dennoch konnte sie das nagende Gefühl nicht ignorieren, dass er etwas verbarg. Und Jake förderte es mit seinen dämlichen Unterstellungen zutage, nachdem Clementine es so sorgfältig unter all ihrem Glück vergraben hatte. War Rafa zu gut, um wahr zu sein? Und falls er nicht der Einbrecher war, wer war er dann?
    Besorgniserregender noch als Jakes Verdächtigungen war, dass sie das Polzanze zu verlieren drohten. Was das bei Marina bewirken würde, mochte Clementine sich gar nicht ausmalen. Gleichzeitig staunte sie, dass ihr bei dem Gedanken, Marina könnte gezwungen sein, das ihr Kostbarste aufzugeben, ein stechender Schmerz durch die Brust fuhr. Unwillkürlich legte sie eine Hand auf ihr Herz. Könnte sie doch nur irgendwie helfen. Aber es gab nichts, was sie tun konnte. Steckte ihr Vater in ernsten finanziellen Schwierigkeiten und machte dieser Reuben ein großzügiges Angebot, würde Grey verkaufen. Das würde Marina nie verkraften.
    Eine plötzliche Eingebung linderte den Schmerz: Sie würde bei ihr bleiben und nicht ins Ausland reisen. Genau, das war’s! Sie würde Marina helfen, woanders neu anzufangen. Sie würden zusammen ein neues Hotel aufbauen, noch schöner sogar als das Polzanze.
    Mit diesem Gedanken fühlte sie sich gleich besser. Und so wandte sie sich wieder Jake und seiner lachhaften Theorie zu. Als könnte Rafa Baffles sein. Allein die Idee war grotesk.
    Am Freitag, dem 12. Juni, trafen Charles Reuben und seine eisige Gattin Celeste ein, die übers Wochenende bleiben wollten. Marina hatte Grey angefleht, er möge sagen, dass sie komplett ausgebucht waren, aber er weigerte sich. So schwer es ihm auch viel, es zuzugeben, er brauchte sie.
    Es goss in Strömen, was, wie Marina hoffte, sie abschrecken würde, denn bei schlechtem Wetter sah hier alles nur grau aus. Dunkle Wolken hingen tief über dem Meer, und ein kalter Wind peitschte die Klippen hinauf und übers Dach, wo er heulte und pfiff, als wollte er die neuen Gäste wegscheuchen.
    Marina konnte Celeste auf Anhieb nicht ausstehen. Sie war fast eins fünfundachtzig groß und so hager, dass sie von der Seite betrachtet fast verschwand. Man sah ihr die Überbleibsel einer frostigen Schönheit an: blassblaue Augen, von zu viel Kajal und Mascara betont, und weißes Haar, das zu einem stocksteifen Bob geföhnt war. Ihre Wangenknochen waren hoch und so hervorstechend wie die großen Diamanten an ihren Ohrläppchen und ihren langen faltigen Fingern. Ihre Lippen waren dünn und zum missmutigen Schmollen einer sehr unglücklichen Frau gebogen. Trotz ihres edlen cremefarbenen Kaschmirpullovers, der schwarzen Krokodil-Jane-Birkin-Tasche und den passenden Ralph-Lauren-Schuhen wirkte sie wie eine Frau, die mit ihrem Leben höchst unzufrieden war.
    »Was für ein niedliches kleines Hotel«, sagte sie nasal, als sie in die Empfangshalle trat und so abrupt stehen blieb, dass Tom und Shane, die ihr Louis-Vuitton-Gepäck hereintrugen, ins Stolpern gerieten. »Und Sie müssen Marina sein.« Sie blickte Marina von oben herab an und lächelte sehr gekünstelt – oder eben so echt, wie es ihr jüngstes Lifting erlaubte.
    Marina streckte ihr eine Hand hin und lächelte ebenfalls, auch wenn ihr Blick feindselig blieb, wie sie sehr wohl merkte. »Seien Sie herzlich willkommen.«
    Die Reubens waren der Feind, schlichen sich in ihr Zuhause, um es sich unter den Nagel zu reißen. Grey begrüßte sie herzlich, weil alles andere nicht seinem Naturell entspräche. Marina blickte zur offenen Tür, hinter der Charles Reuben auf dem Kiesplatz auf und ab ging, sein BlackBerry am Ohr und seinen Fahrer mit einem großen Golf-Regenschirm direkt hinter sich. Charles war ein gedrungener Mann mit dem runden Bauch von jemandem, der viel Zeit in Restaurants verbrachte. Sein Kopf war kahl, sein Gesicht aufgedunsen und breit wie ein Fliegenpilz in voller Blüte. Als er endlich hereinkam, schüttelte er den Regen aus seinem Trenchcoat und beklagte sich in breitem Cockney darüber, dass der Empfang hier miserabel wäre.
    »Kann man sich ja denken, dass hier gar nix mehr geht. Mann, ich war letzte Woche in Indien, am Arsch der Welt, und da war der Empfang echte Sahne, aber hier? Was sagt uns das über England, hä?«
    »Sie dürfen gerne jederzeit das Telefon in Ihrem Zimmer benutzen«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher