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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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zusammenzubrechen drohte.
    »Tja, als ich Dante jetzt wiedersah, wurde mir klar, dass ich ihn nicht um Geld bitten konnte. Ich konnte einfach nicht.«
    Er nahm sie in seine Arme und küsste sie auf die Schläfe. »Selbstverständlich konntest du nicht.«
    »Es hätte alles andere vernichtet. Dante würde es für einen zynischen Trick halten, ihn auszunutzen. Aber was wir hatten, war kostbar, und unser gemeinsamer Sohn ist irgendwo da draußen und so viel wichtiger als das Polzanze.« Sie sah ihn lächelnd an. »In Italien habe ich begriffen, was mir wirklich etwas bedeutet. Du bist mir wichtig, Grey, du, Jake, Clementine, Harvey, Mr Potter – ihr seid meine Familie, und euch trage ich in meinem Herzen, wohin ich auch gehe. Deshalb ist es eigentlich egal, ob wir hier weitermachen oder woanders neu anfangen. Solange wir zusammen sind, ist alles gut.«
    »Aber dein Sohn, Schatz.«
    »Den finde ich vielleicht nie.« Sie blickte mit tränenglänzenden Augen hinaus aufs Meer. »Ich hoffe, er ist glücklich. Ich hoffe, dass er nichts von mir weiß.«
    »Ich weiß, dass es spät ist, aber ich denke, du solltest es Jake und Clementine erzählen«, sagte Grey, als sie zum Haus zurückgingen.
    »Du hast recht. Hoffentlich zeigen sie so viel Verständnis wie du.«
    »Ich bin froh, dass du es mir gesagt hast. Jetzt verstehe ich vieles besser. Und ich schätze, es wird ihnen genauso gehen.«
    Clementine und Jake reagierten vollkommen gegensätzlich auf ihr Geständnis. Clementine war fasziniert von der Romantik und Tragödie ihres Lebens. Sie fühlte Marinas Verzweiflung mit, als sie ihre Liebesgeschichte und den Verlust ihres Sohnes beschrieb, während Jake all die Gefühle schwer zu verstehen fand. Als Mann, der noch nie verliebt gewesen war und noch nie gelitten hatte, konnte er die Enormität dieser Schicksalsschläge überhaupt nicht nachvollziehen. Vor allem aber traf ihn die Tatsache, dass Marina diese Geschichte für sich behalten hatte, weit mehr als die Geschehnisse selbst. Immerhin muteten sie doch recht abenteuerlich an. Aber er bewunderte Marina dafür, dass sie Dante nicht um Geld gebeten hatte, und schwor sich, egal wo Grey und Marina neu anfangen wollten, er würde mit ihnen gehen und sie hundertprozentig unterstützen.
    Rafa lief in seinem Zimmer auf und ab, während Biscuit auf dem Bett lag und ihm sichtlich beunruhigt zuguckte. Auf einmal war Rafa schrecklich unsicher. Als er seine Reise antrat, war er überzeugt gewesen, dass seine Suche gut und richtig war. Er hatte sich mit derselben Begeisterung in die Nachforschungen gestürzt wie ein junger Polizist auf seinen ersten Fall. Was er nicht bedacht hatte, waren die emotionalen Konsequenzen, die mit der einmal enthüllten Wahrheit einhergingen. Er hatte sich nicht ausgemalt, dass er sich in Clementine verlieben würde, hatte nicht damit gerechnet, dass er auch Marina lieben könnte, und erst recht hatte er nicht geahnt, welche entsetzliche Angst er vor den Antworten bekommen sollte, die er doch so dringend suchte.
    Gerne hätte er seine Mutter angerufen oder, noch besser, mit seinem Vater gesprochen. Er wünschte, dass er nie hergekommen wäre.
    Der feige Teil von ihm hätte es am liebsten, die Dinge würden einfach wieder wie vorher, ehe der Wirrwarr in seinem Kopf ausbrach und sein Herz sich plötzlich einmischte.
    Er fing an, seine Sachen in den Koffer zu werfen.
    Am nächsten Morgen wachte er erst spät auf. Wie ihm ein Blick auf die Uhr verriet, war es schon zehn. So lange hatte er seit seiner Studienzeit nicht mehr geschlafen. Er duschte, zog sich an und setzte fort, was er den Abend zuvor begonnen hatte. Er würde sich irgendeine Ausrede einfallen lassen und schnellstmöglich abreisen. Auf die Weise konnte er die ganze Geschichte hinter sich lassen. Bei dem Gedanken an Clementine fühlte er einen stechenden Schmerz in der Brust. Dass er sie nie wiedersehen sollte, war ihm unerträglich.
    Ein leises Klopfen an der Tür unterbrach ihn. Rafa sah erst zu dem aufgeklappten Koffer auf seinem Bett, dann zur Tür. Ihm blieb nichts anderes übrig, als zu öffnen. Und dort auf dem Flur stand Clementine.
    »Darf ich reinkommen?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ja, meinetwegen, wo du schon mal hier bist.«
    Sie war verwundert, ihn beim Packen zu sehen, und ihr Herz klopfte schneller vor Panik. »Reist du ab?«
    »Ja.«
    »Wann?«
    »Heute.«
    »Wohin fährst du?«, fragte sie ihn entsetzt.
    »Nach Hause.«
    »Aber ich dachte, du bleibst den ganzen

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