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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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Freddie und Sylvias langweiligen Freunden Stewart und Margaret im Dizzy Mariner. Sylvia beherrschte die Unterhaltung, erzählte lustige Geschichten auf ihre schrille Art, wackelte mit ihren Brüsten vor Freddie und ließ niemanden im Zweifel darüber, dass seine Hand unterm Tisch weit oben auf ihrem Oberschenkel war und sich beständig weiter vorwagte. Clementine stürzte ihren Wein hinunter und tat gar nicht erst so, als wollte sie nicht, dass Joe ihr das Glas zum dritten Mal nachfüllte.
    Sie beobachtete die Leute um sich herum wie durch eine Glasscheibe. Sylvia benahm sich nur peinlich, Freddie sabberte fast, und Margaret war totenstill. Womöglich war sie tot, denn die Frau saß da, ohne mit der Wimper zu zucken oder einen Mucks von sich zu geben. Wäre sie in London, hätte sie ihresgleichen um sich. Aber hier, in dieser obskuren Einöde, könnte sie, was den Unterhaltungswert betraf, ebenso in einem Kuhstall hocken.
    Bis zum Dessert war Clementine richtig abgefüllt. Sie hatte gewollt, dass ihr der Alkohol die Sinne vernebelte. Nun steuerte sie ihre eigenen Geschichten bei, mit denen sie alle noch viel mehr zum Lachen brachte als Sylvia, was der natürlich nicht auffiel, weil sie sich weit mehr für Freddies Wanderhand interessierte. Irgendwann hatte Letztere es so weit nach oben geschafft, wie sie nur konnte. Sylvia sprang auf und schlug vor, dass sie zum Rauchen nach draußen gingen. Clementine wollte nicht mit Joe, Stewart und Margaret zurückbleiben, also stand sie auch auf und legte einen 20-Pfund-Schein auf den Tisch.
    Draußen belebte die frische Luft sie ein wenig. Leider kam Joe ihr nachgelaufen und gab ihr das Geld zurück.
    »Wieso gibst du mir das?«
    »Das Essen geht auf mich.«
    »Du musst mich nicht einladen.«
    »Möchte ich aber.«
    Clementine seufzte. Sie wollte sich ihm nicht noch mehr verpflichtet fühlen als ohnehin schon. »Danke«, antwortete sie verkniffen.
    Er nahm sie in die Arme und küsste sie auf den Mund. Es war netter, als sie es erinnerte. »Weißt du noch, dass du gesagt hast, du wärst nicht so eine?«
    »Ja.«
    Er küsste sie wieder. »Denkst du, du kannst es jetzt sein?«
    Sie lachte. »Ich weiß nicht, Joe …«
    »Komm mit zu mir.«
    »Ich bin nicht in dich verliebt, das ist dir klar, oder?«
    »Ja.«
    »Bist du in mich verliebt?«
    »Ich mag dich richtig gerne.«
    »Tja, das ist immerhin ein Anfang. Aber vielleicht verliebe ich mich nie in dich, und ich will dir nicht das Herz brechen.«
    »Lass mein Herz ruhig meine Sorge sein.«
    »Na gut. Ich komme mit zu dir.«
    »Dann darf ich machen, was du dachtest, das ich gemacht habe?«
    Sie lachte träge. »Mal sehen.«
    Bei Joe schliefen sie miteinander Clementine war nicht zu betrunken, um es zu genießen. Die Erde bebte nicht, aber es war ziemlich angenehm. Joe schlief noch, als Clementine in den frühen Morgenstunden nach Hause fuhr. Bis dahin war sie hinreichend nüchtern, die engen Landstraßen unfallfrei zu bewältigen. Der Anblick des umgebauten Stallblocks erfüllte sie nicht mit Freude, also ging sie den Weg hinunter zum Strand, wie es Marina so oft tat. Im fahlen Licht sah der Sand golden aus. So weit das Auge reichte hob und senkte sich das Meer, ehe sich sein Glitzern am fernen Horizont mit den Sternen am Himmel vermischte. Clementine stapfte zur Wasserkante, bis die Wellen beinahe ihre Füße erreichten.
    Die Schönheit der Nacht machte sie melancholisch. Sie wollte heulen angesichts der unzähligen Sterne. Etwas zurrte sanft an ihrem Herzen, sodass sie eine Hand an ihre Brust hielt. Es war kein physischer Schmerz, eher ein merkwürdiges Gefühl, das sie nicht erklären konnte.
    Sie dachte an Joe. Vielleicht war er das Beste, das sie kriegen konnte. Sylvia hatte vielleicht recht, dass sie nicht auf die große Liebe warten sollte, weil es die nicht gab – zumindest nicht für sie. Und dennoch fühlte es sich heute Nacht an, als ginge ihr das Herz auf und wollte, dass etwas, jemand sich hineinschlich. Sie setzte sich in den Sand und ließ ihre Gedanken in die friedliche Abgeschiedenheit der Bucht treiben. Bald vergaß sie Joe und sank über dem Meeresrauschen in den Schlaf.

7
    Toskana
    Zum ersten Mal in ihrem jungen Leben war Floriana verliebt. Sie wusste, dass es Liebe war, weil sie so hoch oben schwebte, dass sie fast die Wolken berühren konnte. Sicherlich könnte sie, würde sie die Arme ausbreiten, wie ein Vogel fliegen, geradewegs hinaus übers Meer, wo sie sorglos im Wind segelte. Ach, könnte sie doch

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