Des Abends eisige Stille
seines Büros und blickte hinunter auf den Parkplatz. Es war früher Nachmittag und immer noch halbdunkel. Er hatte das Gefühl, ein ganzes Jahrhundert durchlebt zu haben, seit er an diesem Morgen aufgestanden war.
Sein Telefon klingelte.
»Der Chief Constable für Sie, Sir.«
Es geht los, dachte er müde … Warum keine Fortschritte? … Was genau haben Sie …
»Simon?«
»Guten Tag, Ma’am.«
Paula Devenish war einer der wenigen weiblichen Chief Constables, Ende vierzig und Polizeibeamtin, seit sie zwanzig war, hatte die königliche Polizeimedaille und eine Tapferkeitsmedaille verliehen bekommen. Sie war vor achtzehn Monaten hierher versetzt worden und hatte seitdem die Grafschaftspolizei, die Kriminalstatistik, die Moral umgekrempelt. Sie war tüchtig, energisch, erschreckend kenntnisreich über alle Aspekte der Polizeiarbeit und praktisch veranlagt. Außerdem war sie stets ansprechbar und mitfühlend. Simon hielt große Stücke auf sie.
»Wie kommen Sie alle damit zurecht? Ich weiß, wie diese Fälle sind, wenn die Tage vergehen und sich nichts tut … Alle sind frustriert.«
»Genauso ist es … Sie sind gleichzeitig entschlossen und frustriert. Wir tappen immer noch im Dunkeln.«
»Ich plane, am Freitag aufs Revier zu kommen, sorgen Sie bitte dafür, dass sich das rumspricht? Ich will nicht, dass sich die Leute angegriffen fühlen, wenn sie bereits unter so viel Druck stehen.«
»Vielen Dank, Ma’am, das werde ich tun. Das Team kann ein wenig Auftrieb gebrauchen.«
»Den bekommen sie erst, wenn sie den Jungen finden, aber ich werde mein Bestes tun. Und was ist mit Ihnen? Nehmen Sie sich den Tag frei?«
»Ma’am?«
»Ich habe gerade von Ihrer Schwester erfahren.«
Das war eines der Dinge, die dem CC einen so beachtlichen Vorteil verliehen – alles zu wissen, fast bevor es passierte, einschließlich persönlicher Angelegenheiten wie dieser.
»Nehmen Sie ein paar Tage Urlaub … Sie sind ja telefonisch zu erreichen, wenn Sie gebraucht werden.«
Der Regen hatte für den Moment aufgehört, aber der Himmel war schwer von düster-grauen, jagenden Wolken. Die Autos fuhren mit Licht. Eine Frau, die ein Kind hinter sich herzog, ergriff die Chance und schoss direkt vor Simon über die Straße. Er fluchte und schlug mit der flachen Hand auf die Hupe, erschreckte die Frau und brachte das Kind zum Weinen.
Er nahm den Fuß vom Gas.
Seine Gedanken waren bei Martha. Er wusste, dass das, was passiert war, der stille Tod während des Schlafens, das richtige Ende für ihr hoffnungsloses Leben war … denn es war hoffnungslos gewesen, er würde sich nicht länger belügen. Es tat ihm nicht um sie leid, sondern um sich selbst. Die Nähe, die er zu ihr gespürt hatte, war abrupt durchtrennt worden, ließ seine Gefühle in der Luft hängen.
Jetzt gab es niemanden mehr, auf den er diese Gefühle richten konnte. Ihr Tod hinterließ eine beunruhigende, unglückliche Leere in ihm.
Seine Mutter war in der Küche, stand am Herd, wartete darauf, dass das Wasser kochte, und trug zu seiner Überraschung ihren kastanienbraunen Morgenmantel, die Haare offen, wie sie es sonst niemanden sehen ließ.
Sie drehte sich um, als Simon hereinkam und sie in die Arme nahm. Ohne Make-up und elegante Kleidung sah sie älter aus – auch sanfter. Die glatte Fassade, die sie der Welt stets zeigte, war ihm oft so hart wie Firnis erschienen, aber das hier war die wirkliche Frau, die sich für einen Moment fest an ihn drückte und dann zurücktrat, als der Kessel zu pfeifen begann.
»Ich war bei ihr. Dann bin ich nach Hause gekommen und wieder ins Bett gegangen, muss ich gestehen. Ich musste alles für eine Weile ausblenden.«
Er hatte nie zuvor erlebt, dass sie so etwas getan hatte. Wie wohl sein Vater mit Marthas Tod umging, den er so lange und lautstark erhofft hatte?
»Ich weine nicht«, sagte Meriel Serrailler, »ich habe alle Tränen, die ich für sie hatte, schon vor Jahren vergossen. Verstehst du das?«
»Ja. Trotzdem ist es ein Schock. Gestern ging es ihr noch gut – oder es schien ihr gutzugehen.«
»Na ja, so war es immer. Sie konnte einem nicht sagen, wie es ihr ging.«
Seine Mutter füllte die Cafetière und stellte sie vor ihn hin.
»Ich fahre zur Ivy Lodge.« Simon griff nach der Milchkanne. »Ich hab mir den Rest des Tages freigenommen.«
»Es wundert mich, dass sie dich entbehren können.«
»Wegen des Angus-Falls? Wir haben nichts.«
»Oh, Liebling, was für schwarze Wolken sich über uns
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