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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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werden«, meinte Rosa.
    Shirley trat vor der Hintertür mitten in eine schlammige Pfütze, was sie beide erst zum Kichern brachte und dann derart zum Lachen, dass sie nach dem Eintreten um Atem ringen mussten.
    Draußen ging das Nieseln in heftigen Regen über.
     
    Es war noch nicht hell, als Shirley das Tablett in Martha Serraillers Zimmer trug, daher zog sie die Vorhänge nicht auf, sondern knipste nur die Nachttischlampe an und stellte das Tablett ab.
    »Du bist hier bestens aufgehoben, mein Liebling, draußen ist es schrecklich, und ich bin gerade voll in eine Pfütze getreten, und du hättest hören sollen, wie der Papagei geflucht hat, dass man rot wird … Du hast so was noch nie in deinem Leben gehört … nicht wahr, Liebling? Wach auf.«
     
    »Ich wusste es sofort«, sagte sie hinterher. »Nicht, weil sie anders aussah, sie sah noch genauso aus, bloß war da diese … diese Stille im Zimmer, diese Stille, weißt du? Alles war anders. Ich hab sie angeschaut, und ihr Gesicht war dasselbe … nur doch nicht. Es war nicht dasselbe. Gott segne sie. Gott sei ihrer reinen Seele gnädig.«
    Aber dann hatte sie geweint, in der Personalküche, während Rosa ihre Hand hielt, die Tränen waren ihr über die Arme bis zum Ellbogen gelaufen. In einem Haus, wo der Tod ein so häufiger Gast war und der Umgang damit zum Alltag gehörte, nahm der von Martha Serrailler sie alle sehr mit.
     
    »Es hat nicht geregnet«, sagte Marilyn Angus immer wieder. »Es hat nicht geregnet. Wie können sie das durchziehen, wenn alles so anders ist? Ich hätte David niemals draußen im Regen stehenlassen.« Sie hat recht, dachte Serrailler. Sie wollte nicht, dass sie mit der Rekonstruktion weitermachten, weil sie es nicht ertragen konnte, und das war eine völlig normale Reaktion … Aber der Regen ließ tatsächlich alles anders aussehen, brachte die Leute, die an jenem Morgen zu Fuß gegangen waren, dazu, ihr Auto zu nehmen oder sich zumindest zu beeilen und nicht aufzuschauen. Und David Angus hätte nie allein im Regen an der Einfahrt gestanden.
    »Sie müssen abbrechen, nicht wahr?«
    Er konnte es kaum ertragen, in ihr verhärmtes Gesicht zu sehen. Ihre Haare waren ungewaschen und nachlässig zurückgekämmt, und sie trug kein Make-up. Marilyn Angus war um zwanzig Jahre gealtert.
    »Nein«, sagte er sanft. »Wir machen weiter. Alles ist an seinem Platz, und der Regen lässt nach … Ich weiß nicht, ob Hugo es ein zweites Mal durchstehen würde.«
    Der Junge Hugo Pears stand mit seinen Eltern bei dem Polizeibus. Wenn er davon geträumt hatte, in Filmen über die römische Armee mitzuspielen, so hatte ihn seine echte Rolle in einer polizeilichen Rekonstruktion so verängstigt, dass sie unsicher gewesen waren, ob er überhaupt mitmachen würde. Schließlich hatten sie ihn mit Ermutigungen und aufmunternden Worten, wie viel Gutes er tun würde, dazu gebracht, bis zur Einfahrt des Hauses der Angus zu gehen, wo er sich jetzt mit angsterfülltem Gesicht an seine Mutter schmiegte.
    Marilyn trug die Jacke und den Paschminaschal, den sie am Morgen von Davids Verschwinden getragen hatte, dieselbe Handtasche, denselben Aktenkoffer. Aber sie würde gepflegt ausgesehen haben, wie der DCI wusste, geschminkt, mit frisch gewaschenem Haar.
    Es gab keine Möglichkeit, ihr das zu sagen. Er öffnete die Haustür. Es ging los.
     
    Irgendwie zogen sie es durch. Irgendwie brachte Marilyn den Mut auf, den kleinen Jungen, der so sehr ihrem Sohn glich, aus dem Haus zu führen und zu ihrem Auto, das in der Einfahrt parkte.
    Mittlerweile goss es in Strömen. Simon Serrailler fluchte, sah von der gegenüberliegenden Straßenseite aus zu, wie Autos vorbeizischten und zwei Nachbarn tapfer demselben Ablauf folgten wie an jenem Tag.
    Irgendwie.
    Sein Handy klingelte, als Marilyns Auto auf den Sorrel Drive bog. Hugo Pears ging langsam zum Gartentor.
    Simon meldete sich. »Serrailler.«
    Eine Sekunde oder zwei begriff er nicht, was sein Schwager sagte. Simons Blick war auf den kleinen, bleichen Jungen mit der Schultasche und der Kappe gerichtet, der jetzt am Torpfosten des Hauses gegenüber stand. Ein Mann fuhr auf einem Fahrrad vorbei, den Kopf gegen den Regen gesenkt. War er hier gewesen? War er auf diese Weise in genau diesem Moment vorbeigefahren? Simon drehte sich um und schaute dem Radfahrer nach.
    Chris’ Stimme klang seltsam in Simons Handy.
    »Si?«
    »Ja.«
    »Hörst du mich?«
    »Ich bin am Sorrel Drive – wir sind mitten in der Rekonstruktion von

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