Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
Vom Netzwerk:
Hannah strahlte über beide Backen.«
    »Genau wie ich.«
    Als Chris angerufen hatte, Sekunden nach Richard Serraillers zynischer Bemerkung über die Verbrecherjagd, hatte Simon einen Stimmungsaufschwung verspürt, bei dem ihm erst klargeworden war, wie niedergeschlagen er sich gefühlt hatte.
    »Was hat Mutter gesagt?«
    »Das Obligatorische … den Spruch über das Weinen, das den Abend lang währt … ›aber des Morgens ist Freude‹ … Na ja, irgendjemand musste das sagen. Seltsam, wie oft das zutrifft … ein Tod und dann ein neues Leben.«
    »Täglich wieder.« Sanft rieb Cat den Rücken ihres Sohnes und legte ihn an die andere Brust. »An jedem einzelnen Tag.«
    »Hat er schon einen Namen?«
    »Er hat zwei. Felix Daniel.«
    Simon beobachtete, wie sich sein neuer Neffe an Cats Brust schmiegte, mit eifrig arbeitendem Mund und fest geschlossenen Augen, und eine Welle der Gefühle brandete in ihm hoch. Es gab sonst niemanden auf der Welt, vor dem er so offen hätte weinen können, wie er es jetzt tat.
    Cat streckte ihre Hand nach ihm aus. Sie glaubte, dass ihr auch die Tränen kommen würden, wenn er gegangen war, aber Simon hatte noch mehr Gefühle in sich angestaut, die seit dem Mord an Freya in ihm brodelten. Marthas Tod und jetzt diese neue Geburt setzten sie in ihm frei, worüber Cat froh war. Aber sie schwieg, ließ nur ihre Hand in seiner ruhen. Jetzt war nicht der Zeitpunkt für die mitfühlenden Worte einer Ärztin.
    Einen Augenblick später stand er auf und ging ins Bad. Sie hörte das Wasser laufen. Felix schmiegte sich noch fester an ihre Brust, seine Finger schlossen sich vor Glückseligkeit.
    Chris kam zur Tür herein, als Simon aus dem Bad trat, sein blondes Haar feucht und das Gesicht leicht gerötet.
    »Okay, ich geh jetzt … Ich glaube, ich schlafe erst mal eine Runde.«
    Simon beugte sich hinunter, küsste seine Schwester und legte die Hand um Felix’ feuchten, warmen Kopf. »Gut«, sagte er, berührte Chris kurz am Arm und verließ das Zimmer.
    Auf dem Flur blieb er stehen, putzte sich die Nase und wischte sich erneut mit dem Arm über die Augen. Seine Hand zitterte.

[home]
    31
    V ergessen Sie nicht, Sie sind Polizistin, keine Freundin. Sie stehen auf unserer Seite, nicht auf deren. Verbünden Sie sich nicht mit ihnen.«
    Die Warnung war für Situationen wie die augenblickliche nötig gewesen, in der Kate sich zurückhalten, taktvoll und unaufdringlich sein musste und doch alles sehen und hören und weitergeben sollte, was sie von dem Streit zwischen den Eheleuten mitbekam.
    Eine Verbindungsbeamtin war genau das – die Verbindung zwischen der Familie und der Polizei, keine Beraterin oder eine Schulter, an der man sich ausweinen konnte, keine Freundin der Familie. Das war ein dünnes Seil, auf dem sie da balancierte, und Kate hatte sich bereits dabei ertappt, Marilyns Partei zu ergreifen.
    Sie waren in der Küche gewesen und hatten einen Auflauf zubereitet, Kate hatte die Kartoffeln geschält, Marilyn das Hackfleisch gebraten, als die Haustür zuschlug. Es war erst kurz nach sechs gewesen, und Alan Angus war nie vor acht nach Hause gekommen, seit Kate hier war.
    Marilyn hatte ihr einen beunruhigten Blick zugeworfen und war rasch in den Flur hinausgegangen, hatte es Kate überlassen, das Fleisch von der Herdplatte zu nehmen.
    »Was ist passiert?«, hörte sie Marilyn aufgeregt fragen. »Was ist los?«
    »Wieso? Nichts ist los.«
    »Haben sie dich angerufen? Hast du irgendwas gehört?«
    »Nein. Du bist diejenige mit der Polizei hier, du würdest es als Erste erfahren.«
    »Warum kommst du dann so früh? Du kommst sonst nie so früh.«
    »Nur eine abgesagte Operation … So was kommt vor.«
    »Das gab es noch nie.«
    »Todesfälle kommen vor, und dieser Patient ist gestorben. In Ordnung?«
    »Alan, ich muss mit dir reden, aber das ist sehr schwer.«
    »Warum das denn?«
    »Weil du nie hier bist.«
    »Jetzt bin ich hier.«
    »Du hast dich von mir abgekapselt … und von Lucy auch. Sie merkt das.«
    »Was würde es euch denn nützen, wenn ich den ganzen Tag im Haus bliebe? Würde es dabei helfen, ihn zu finden? Würde es dir oder Lucy helfen? Ganz zu schweigen von meinen Patienten.«
    »O ja, deine Patienten.«
    »Wenn du mich davon überzeugen kannst, dass es besser ist, den ganzen Tag mit dir hier herumzusitzen, statt meine Arbeit zu tun, dann bleibe ich gerne.«
    Die Stimmen wurden leiser, als Alan Angus die Treppe hinaufging und seine Frau ihm folgte.
    Kate schälte die Kartoffeln

Weitere Kostenlose Bücher