Des Kaisers Gespielin
anschauen zu müssen. Aber die schwarze Dame war noch nicht fertig.
„Du erfüllst alle Kriterien einer jungen Frau, die in den kaiserlichen Palast aufgenommen zu werden wünscht. In den nächsten Tagen wird ein Geleit erscheinen, welches dich in die Kaiserstadt bringen wird. Dort werden dir dann auch deine zukünftigen Räumlichkeiten zugeteilt. Packe nicht so viel ein, für dein Wohlergehen und alles was du sonst brauchst, wird gesorgt sein.“
Mein eisernes Schweigen und mein gesenkter Blick schienen ihr Gemüt zu besänftigen.
„Hör gut zu, Mädchen. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass dich der Kaiser bemerken wird. Wie ich schon sagte, du erfüllst nicht genügend Kriterien für seine ganz speziellen Vorlieben. Wahrscheinlich wirst du ab jetzt einfach ein ruhiges, erfülltes Leben hinter den Palastmauern führen. Du solltest deine Angst und deine Sorge vergessen. Und deine letzten Stunden hier nutzen, um dich von deiner Familie zu verabschieden...“, fügte sie nach einer kurzen Pause sanft hinzu.
Ich nickte, brachte es aber nicht über mich, ihr in die Augen zu sehen. Nach einem weiteren kurzen Moment, in dem sie mich zweifellos eingehend betrachtete, rief sie die Sklavin und verließ ohne ein weiteres Wort zu verlieren den Raum. Ich blickte ihrem schwarz gekleideten Rücken hinterher. Unwillkürlich musste ich mich fragen, ob das meine Zukunft war. Ob ich auch eines Tages eine Frau sein würde, die zwar von Ferne edel war, aber deren Augen kalt blieben und deren Herz leer. Nach einem Augenblick der Reflexion begab ich mich auf mein Zimmer, wo ich mich mich aufs Bett warf und vor Erniedrigung und Ungewissheit bitterlich zu weinen begann.
3.
In den folgenden Tagen lag ein Schleier aus Schweigen und heimlichen Blicken über dem Haus, der sich schwer auf mein Gemüt legte. Die Familie kam nur zu den Mahlzeiten zusammen und selbst dann wurde kaum gesprochen. Nicht ein einziges Wort wurde über die vergangenen Tage, geschweige denn über meine Zukunft verloren, auch wenn die beredten Blicke von Mutter Bände sprachen. Manchmal, wenn sie dachte ich sähe es nicht, spürte ich ihre lauernden Augen, wie sie sich nachdenklich auf mich legten. Aber wann immer ich mich ihr zuwandte, schaute sie nur angestrengt auf ihr Gedeck und versuchte sich ihre Hoffnung und den kleinen Funken von Gier, der da in ihr keimte, nicht anmerken zu lassen. Vater holte gelegentlich tief Luft, als setzte er an zu sprechen, doch kein Wort verließ seinen Mund. Nicht ein einziges. Line war die einzige, die mir noch ins Gesicht schaute, aber auch sie war merkwürdig still in meiner Anwesenheit und außerhalb der Mahlzeiten nirgends zu finden. Ich ahnte, dass sie mir aus dem Weg ging, um das Kommende erträglicher zu machen, den Abschied nicht unnötig hinaus zu zögern. Trotzdem konnte ich mich eines Gefühls des Verlustes nicht erwehren. Ich verbrachte meine Tage mit einsamem Umherstreifen durch die umliegenden Wiesen und Wälder. Dabei mied ich umsichtig und bewusst öffentliche Wege und die Nähe zu bewohnten Höfen, allein der Gedanke an menschliche Gesellschaft ließ mich erschaudern. Ein Jeder im Ort würde wissen, was mir bevorstand, würde wissen, was ich bald sein würde.
Am Morgen meiner Abreise war es im Hause noch stiller als sonst. Ich saß auf dem Bett, meine kleine Reisetasche auf dem Schoß und wartete. Gedankenverloren spielte ich mit einer Strähne meines Haares, drehte und zwirbelte sie, bis sie struppiger nicht hätte sein können. Ich hatte in der letzten Nacht nicht geschlafen, zu viel ging mir durch den Kopf. Im frühen Morgengrauen hatte ich mich schließlich von dem Gedanken an Schlaf verabschiedet, mich an den kleinen Tisch gesetzt und meiner Schwester einen Abschiedsbrief geschrieben, wollte ich doch, dass sie wusste, wie sehr ich sie vermissen würde und dass ich ihr alles Glück der Welt wünschte. Mehr als das war mir nicht eingefallen und so blieb der Brief kurz. Dann hatte ich mir ein einfaches Kleid angezogen und nur zwei weitere in meine Tasche gepackt, die Mahnung der schwarzen Dame noch im Ohr. Es hatte keinen Zweck all meine abgetragenen alten Kleider mitzunehmen, wenn ich dort doch viel Schönere und der Umgebung Angepasstere erhalten würde. Und wenn ich ehrlich war, so musste ich zugeben, dass ich mich für meine Garderobe schämte. Ich fühlte mich elend deswegen, aber so war es nun einmal.
Mein Warten hatte ein Ende, als eine Kutsche geräuschvoll in den Hof einfuhr. So früh? Das Herz
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