Des Kaisers Gespielin
unbarmherzig. Sie war es offensichtlich gewohnt ihren Willen durchzusetzen. Und so auch dieses Mal. Nachgiebig nahm ich ihren Vorschlag an und ein erleichtertes Lächeln machte sich auf meinem Gesicht breit und verriet, wie sehr ich mich über ihr Angebot freute, auch wenn meine Worte sagten, dass es mir furchtbar unangenehm war.
Das würde die Sache tatsächlich vereinfachen, dachte ich, da mir selbst der Weg nach Hause immer noch ein Rätsel war. Nunmehr voller Hoffnung und gelöst lehnte ich mich im Sessel zurück und beobachtete das geschäftige Treiben in der Stube. Die Bäuerin räumte auf und kochte und wusch ihr Geschirr, und schaffte dabei mehr Arbeit als ich je in meinem Leben in Angriff genommen hatte, und ganz nebenbei plauderte sie herzlich über das Leben auf ihrem Hof. Der Klang ihrer Stimme war hypnotisierend und langsam döste ich in meinem weichen warmen Sessel ein. Im Halbschlaf spürte ich starke runde Arme, die mich hochhoben und herumtrugen.
„Nichts dran an dem Kind, leicht wie eine Feder...“, tönte ihre missbilligende Stimme an mein Ohr, bevor mich die Arme sanft in ein weiches Bett legten.
Tief und traumlos schlief ich einen wunderbaren Schlaf. Als ich aufwachte, fühlte ich mich so erholt wie lange nicht mehr. Mir war gar nicht bewusst gewesen, unter welcher Anspannung ich bei Hofe gestanden hatte. Die vielen verschiedenen Ansprüche an mich, auch Ravennas Ansprüche gestand ich mir widerwillig ein, hatten mich meinen inneren Frieden gekostet. Wie schön konnte das Leben sein, wenn niemand dich beobachtete, wenn niemand Erwartungen an dich hatte, dachte ich seufzend und erhob mich langsam aus den wärmenden Federn. Die Bäuerin klapperte immer noch, oder schon wieder, am Herd und summte fröhlich vor sich hin. Einige Zeit blieb ich im Türrahmen stehen und sah ihr unbemerkt zu. Sie wirkte glücklich, diese Frau, dachte ich neidisch, trotz ihrer offensichtlichen Armut und ihrer vielen Arbeit. Ihr herzliches Gemüt erinnerte mich ein wenig an meine alte Magd Elli. Ich musste wohl ein unabsichtliches Seufzen von mir gegeben haben, denn plötzlich drehte sie sich um und betrachtete mich strahlend.
„Was für ein hübsches Ding Ihr seid, so ausgeschlafen...“, lobte sie mein erfrischtes Aussehen, „haben wir doch recht getan, Euch hier zu behalten.“
Ich fühlte mich wohl in ihrer Anwesenheit.
„Ihr habt mir gar nicht Euren Namen verraten, gute Frau!“, kam es leise aus meinem Mund.
Die Bäuerin lachte in sich hinein: „Und Ihr mir nicht den Euren, feine Dame!“
Verlegen errötete ich. Wahrlich hatte ich mich hier nicht als vollendeter Gast gezeigt.
„Delila ist mein Name... oder einfach Lila!“
Die Bäuerin wischte sich ihre Hände an einem großen schmutzigen Tuch ab und streckte sie mir dann entgegen.
„Sehr erfreut Eure Bekanntschaft zu machen, Lila. Hier im Hause nennt man mich einfach Mutter, aber ich erinnere mich düster auch auf den Namen Trudel gehört zu haben.“
Ich ergriff ihre Hände und drückte sie herzlich.
Trudel deutete dann auf den gedeckten Tisch: „Ihr solltet etwas essen, Mädchen! Mein Mann wird bald das Fuhrwerk angespannt haben, er möchte Euch gern vor der Dunkelheit bei Euren Leuten abgeliefert haben.“
Ich stopfte das köstliche warme Brot in mich hinein, in dem dicke Käsestücken eingebacken waren. Es war geradezu schmerzhaft köstlich und hocherfreut sah ich dabei zu, wie mir Trudel einige Stücke als Wegzehrung einpackte.
Noch einmal richtete Trudel das Wort an mich: „Du solltest in Zukunft besser auf dich aufpassen. Ich weiß nicht, wovor du davonläufst, Mädchen. Du scheinst ein gutes kleines Ding zu sein. Aber was es auch ist - hier in der Wildnis bist du auch nicht sicherer. Es treibt sich allerhand Volk und wildes Getier umher, seit der Kaiser in den Norden gezogen ist...“
Bei der Erwähnung Seiner Majestät zuckte ich unmerklich zusammen.
„Bleib bei deinen Leuten, wenn du es da, wo du herkommst nicht gut hast, aber ich bitte dich inständig, lauf nicht einfach wieder weg.“
„Aber ich...“
Ich gab auf. An der Art wie sie mich ansah, erkannte ich, dass sie wusste, dass ich gelogen hatte. Sie wusste nicht den Grund und sie fragte auch nicht, aber sie wusste es.
Lange schwieg ich in Gedanken versunken. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie viel diese Frau von dem ahnte, was ich verbarg. Aber ich war auch nicht bereit etwas preiszugeben.
„Ich danke Euch, Trudel, für Euren guten Rat und ich verspreche, auf mich
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