Des Kaisers Gespielin
verlauft Euch nicht...“
Ich musste bei seiner trockenen Bemerkung kichern. Mit klopfendem Herzen öffnete ich das Tor und ging gemächlich die lange Auffahrt hinauf. Ich hatte es nicht eilig. Wie still es hier war und wie friedlich. Die Sträucher, die den Wegesrand säumten, waren nicht gestutzt worden, seit ich das letzte Mal hier gewesen bin. Buschig hingen sie in den Weg hinein und streiften meine Arme, als hießen sie mich willkommen. Und wie der Weg sich dahin wand, so begrüßte mich auch endlich das Haus. Herrschaftlich und altmodisch stand es klobig auf einer leichten Anhöhe eingesäumt von hohen Bäumen und scherte sich nicht um den abblätternden Putz und seine schadhafte Fassade. Es wartete auf die Herankommenden wie ein behäbiger Großvater.
Auf den ersten Blick konnte ich sehen, dass etwas nicht stimmte. Im unteren Geschoss waren sämtliche Fenster hell beleuchtet. Ob man sie schon von meinem Verschwinden unterrichtet hatte? Immer schneller strebten meine Beine dem Eingang zu und mit einem lauten Poltern öffnete ich die Tür. Bei meinem Eintreten blickte ich in rotwangige und fassungslose Gesichter.
„Lila!“, brach Line das Schweigen. „Du bist hier.“
Mutters Gesicht lief rot an: „Was in aller Welt...? Bist du von Sinnen? Einfach wegzulaufen, wie irgend eine niedere Dirne?“
Suchend blickte sie hinaus.
„Bist du allein?“
Ich war irritiert: „Natürlich bin ich allein. Und auch mich freut es, Euch zu sehen, Mutter.“
Aber sie bemerkte meine kleine Spitze nicht einmal. Statt dessen kam sie näher und packte mich an den Schultern.
„Kind, sag! Hast du Schande über uns gebracht? Bist du mit einem Flegel von Palastdiener durchgebrannt? Wie konntest du mir das nur antun...“
Ihr wütendes Gesicht verzerrte sich schmerzlich als sie mich ansah. Völlig entsetzt über ihre Anschuldigung schüttelte ich vehement meinen Kopf.
„Natürlich nicht, Mutter. Ich war einsam und hatte Sehnsucht. Immerhin war das hier lange Zeit mein Heim...!“
Meine Verteidigung fiel etwas schärfer aus als beabsichtigt. Überrascht und mit einem Funken Hoffnung in den Augen musterte sie mich wieder.
„Du hast also nicht...? Vielleicht nehmen sie dich ja wieder mit zurück. Was denkst du Vater? Sie müssen sie wieder mitnehmen! Wir sagen einfach... wir sagen, sie war nicht bei klarem Verstand.“
Nun war ich völlig ratlos. Aber Vater rieb sich nur nachdenklich das Kinn und schwieg.
Vorsichtig erkundigte ich mich: „Wer soll mich denn mitnehmen?“
Aufgeregt platzte es aus Line heraus: „Es waren Leute aus dem Palast hier. Sie haben nach dir gesucht. Meine Güte Lila, war das aufregend. Keiner wusste wo du bist...“
Leute aus dem Palast? Ich war ehrlich überrascht. Ravenna schien mich verraten zu haben, dass man so schnell von meiner Abwesenheit Kenntnis genommen hatte. Mein Herz wurde kalt wie Eis.
„Und wo sind sie jetzt?“, hakte ich eindringlich nach.
Line kicherte nervös: „Sie wollten hier auf dich warten, aber Mutter war es peinlich. Also hat man sie ins Dorf geschickt. Dort gibt es neuerdings nämlich einen Gasthof. Wusstest du das? Es sind neue Leute gekommen und haben einfach ein altes Haus umgebaut... Als hätten sie Geld wie Heu.“
Line schien meine missliche Lage schon wieder vergessen zu haben. Mit roten Ohren brannte sie darauf, mich mit dem neuesten Klatsch zu versorgen. Ich setzte eine strenge Mine auf und schüttelte den Kopf. Das war nicht die Zeit und der Ort dafür. Mit bebenden Lippen verstummte sie.
Da im Augenblick hier niemand bereit war irgendwelche Entscheidungen zu treffen, nahm ich die Dinge kurzerhand selbst in die Hand.
„Vater, warum geht Ihr nicht ins Dorf und gebt Bescheid, dass ich wohlbehalten angekommen bin! Ich werde mich erst einmal frisch machen und mich etwas ausruhen und dann am Morgen zur Abreise bereit sein. Wollt Ihr das für mich tun?“
Vater schaute ganz überrascht über meine neugewonnene Autorität, nickte dann aber und verließ das Haus. Ich wandte mich an Mutter.
„Ich werde jetzt nach oben gehen. Warum lässt du nicht in der Küche eine Kleinigkeit für mich zubereiten? Und du...“, sprach ich meine kleine Schwester streng an, „..du kommst mit nach oben!“
Ohne eine Antwort abzuwarten begab ich mich die Treppe hinauf und setzte mich, wie in alten Zeiten, auf mein Bett um mit Line zu sprechen. Diese kam nach einem kurzen Moment der Überlegung nach, schloss leise die Tür hinter sich und fiel mir um den Hals.
„Du bist
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