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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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blutgetränkt.
    Bolitho fand zwei Splitterwunden, eine in der linken Brust, die andere in der Magengegend. Er hörte, wie der holländische Skipper ein paar Lumpen zerriß. Als er sie ihm über die Schulter reichte, trafen sich ihre Blicke. Wieder verstanden sie einander ohne Worte. Wie der Marineoffizier war auch der Fischer mit dem Tod nur allzu gut vertraut.
    Allday murmelte: »Sei tapfer, Junge.« Er sah zu Bolitho hoch. »Soll ich ihn ausstrecken?«
    Bolitho deckte den Mann mit einer alten Persenning zu und schützte sein Gesicht mit dem Hut vor Graupeln.
    »Nein.« Leise fügte er hinzu: »Er erstickt an seinem eigenen Blut.« Das Bilgenwasser zu seinen Füßen schimmerte rosa.
    Wieder ein Opfer.
    Trotzdem durfte ihn das nicht aufhalten. Doch als er sich erheben wollte, bannten ihn die flehenden Augen des Sterbenden.
    Da wandte er sich ihm wieder zu. »Keine Angst, M’sieu. Sie sind in Sicherheit. Wir lassen Sie nicht allein.«
    Er hob den Kopf und starrte die tanzende Kompaßrose an.
    Leere Worte … Hatten sie je einem Sterbenden helfen können?
    Er schluckte und spürte einen salzigen Geschmack im Mund. »Nordwest«, sagte er zum Skipper und deutete auf die Segel. »Klar?«
    Der Holländer nickte. Er schien benommen vom schnellen Ablauf der Ereignisse, hielt aber die Pinne eisern fest und starrte mit rotgeränderten Augen in den Schneevorhang.
    Es mußte ihm so vorkommen, als steure er sein Boot geradewegs ins Nichts hinein.
    Jeden Augenblick erwartete Bolitho, daß der Schnee sich teilte und eine neue Bedrohung auf sie zukam, ohne Warnruf diesmal, gleich mit einer Salve Kugeln oder Schrot.
    Tanner fiel ihm wieder ein, und er merkte erst, daß er ihn laut verfluchte, als Allday sagte: »Es geht zu Ende mit ihm, Käptn.«
    Bolitho beugte sich über den französischen Offizier und ergriff seine tastende Hand. Sie hatte bereits die Kälte des Todes.
    »Hier bin ich, M’sieu. Ich werde dem Admiral von Ihrem Mut berichten.« Er wischte Blut von Lippen und Kinn des Sterbenden.
    Allday beobachtete düster, wie Bolitho den Verwundeten bequemer bettete. Zu oft schon hatte er derlei Szenen miterlebt.
    Er kannte die Höhen und Tiefen von Bolithos Stimmung, seinen ansteckenden Kampfgeist in der Schlacht undseine bodenlose Verzweiflung danach. Aber kaum ein anderer erlebte auch diese zweite Seite an ihm, und Allday geriet darüber fast in Verlegenheit, als wäre er ein aufdringlicher Zuschauer.
    Der Sterbende versuchte zu sprechen, obwohl ihm die Anstrengung sichtlich große Schmerzen verursachte. Allday starrte über Bolithos Kopf ins Leere. Warum gab der arme Hund nicht endlich auf und starb?
    Plötzlich entwand sich die kalte Hand mit überraschender Kraft Bolithos Griff, tastete zur Hüfte und löste den kostbaren Degen vom Gurt.
    Seine Stimme war nur ein Flüstern. »Gebt ihn – gebt…«
    Aber die Anstrengung war zuviel für ihn. Bolitho stand auf, hielt die fremde Waffe in der Hand und dachte an seinen eigenen alten Familiendegen, der ihm so vertraut war wie sein rechter Arm. War das alles, was von einem Mann blieb, wenn es zu Ende ging? Er überließ Allday den Toten und kehrte zurück auf seinen Platz neben der Pinne.
    Eine Stunde verging, dann eine zweite, während alle an Bord ihr Bestes gaben, um das Boot im Seegang auf Kurs zu halten, zu lenzen und die Segel zu bedienen. Die harte Arbeit war vielleicht ihre Rettung. Sie besaßen weder Proviant noch Trinkwasser, alle litten an Unterkühlung und Erschöpfung, aber die See ließ ihnen keine Zeit für Verzweiflung oder Kapitulation.
    Als es dunkel wurde, übergaben sie den namenlosen Franzosen, mit einer rostigen Kette beschwert, den gefräßigen Wogen. Danach ging ihnen jedes Zeitgefühl verloren. Obwohl es die Gefahr ihrer Entdeckung erhöhte, ließ Bolitho die Ankerlaterne anzünden und ihre Blenden entfernen. Sie warf einen schwachen Lichtschein auf das wirbelnde Weiß rundum.
    Wenn sie nicht gefunden wurden, mußten sie alle sterben.
    Die winterliche See war zuviel für ihr kleines Boot. Und nur Allday wußte, daß kaum noch Öl in der Laterne war. Seufzend rückte er näher an Bolithos vertraute Gestalt im Heck.
    Nach allem, was sie gemeinsam an Schwerem durchgestanden hatten, dünkte ihm dies ein klägliches Ende. Andererseits hätte der Tod unter noch schlimmeren Umständen kommen können, etwa wie damals auf der
Loyal Chieftain.
    Bolitho räusperte sich. »Noch ein Signal, alter Freund.«
    Der Lichtstrahl wurde vom Schnee reflektiert, der sie wie ein

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