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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Das sah ihm gar nicht ähnlich. Aber der Kommandant hatte es so eilig, als schnappten alle Höllenhunde schon nach seinen Hacken.
    Scharf holte Paice Luft, als grünes Wasser übers Leeschanzkleid brach; gurgelnd floß es durch die Speigatten wieder ab.
    Wenn es hell wurde, hatten sie
Snapdragon
wahrscheinlich außer Sicht verloren. Bei diesen Verhältnissen war es unmöglich, auf Station zu bleiben. Vielleicht nahm Vatass auch das Wetter zum Vorwand, um zu halsen und zurück in den sicheren Hafen zu kreuzen. Doch dann verbot sich Paice diesen Gedanken, denn er wußte, er war unfair und gehässig.
    »Süd zu Ost liegt an, Sir!« meldete der Rudergänger.
    Chesshyre meinte: »Die daheim werden sich krank lachen, wenn wir uns die Spiere absegeln.« Er hatte nicht bemerkt, daß Paice immer noch in der Gruppe um den Kompaß stand. Nun fuhr er zusammen, als die Pranke des Kommandanten wie ein Draggen in seinen Arm biß.
    »Sie sind hier Master auf Zeit, Mr. Chesshyre! Wenn Sienichts Nützlicheres beizusteuern haben, wird diese Zeit bald um sein, Mann!«
    Triscott lenkte ab: »Wenn es aufhört zu schneien, sollten wir Land sichten, Sir. Mr. Chesshyre rechnet damit bis zum Morgengrauen.«
    »In dem Fall rechne
ich
mit einem Blizzard.« Paice war immer noch wütend.
    Triscott grinste in sich hinein. Er mochte Paice und hatte ihm viel zu verdanken. Trotzdem konnte der Kommandant manchmal ein Ekel sein. Wie jetzt.
    Paice trat ans Schanzkleid und blickte hinunter auf die zischende Bugwelle. War er auch nicht besser als Vatass, war dies nur eine Geste zur Beruhigung seines schlechten Gewissens?
    Er stemmte das Gesicht dem beißenden Wind entgegen, bis es schmerzte. Nein, das traf auf ihn nicht zu. Er vermißte Bolitho bitterlich, selbst sein Schiff kam ihm fremd vor ohne ihn. Noch vor wenigen Monaten hätte er jeden einen Narren geschimpft, der ihm vorausgesagt hätte, daß er sein Schiff einmal so aufs Spiel setzen würde. Und alles für einen Vorgesetzten. Einen ihm vorgesetzten, fremden Berufsoffizier.
    Er hörte halbverwehtes Geschrei aus der Takelage und sagte sich, daß neues Tauwerk nach oben gehievt wurde, um die gebrochenen Leinen zu ersetzen.
    Da schüttelte er den Kopf, als täte er ihm weh. Nein, Bolitho war kein Vorgesetzter wie alle anderen.
    Paices Frau war die Tochter eines Schulmeisters gewesen und hatte ihrem rauhbeinigen Mann eine Menge beigebracht.
    Bis sie in sein Leben getreten war, hatte er nur Schiffe gekannt und die ungehobelten Männer, die auf ihnen fuhren. Dann war sie gekommen und hatte seinen Wortschatz, seinen Horizont erweitert.
    Traurig lächelte er in der Erinnerung. Kein Wunder, daß ihre Familie außer sich gewesen war vor Entsetzen, als sie ihn als ihren künftigen Ehemann vorgestellt hatte.
    Wieder suchte er in seiner Erinnerung. Wie war noch das Wort, das sie dafür gebraucht hatte? Richtig,
Charisma.
Bolitho besaß Charisma und war sich dessen wahrscheinlich gar nicht bewußt.
    Beim Gedanken an Bolithos Pläne fragte er sich wieder einmal verbittert, warum damals niemand auf den Kapitän gehört hatte, als er seine Meinung über Sir James offen darlegte. Ein Kreuzzug ohne jede Aussicht auf Erfolg, wie seinerzeit sein eigener Kampf gegen Delaval. Auch auf ihn hatte keiner gehört. Natürlich hatten sie ihm ihr Mitgefühl ausgedrückt, aber… Die alte Wut begann wieder in ihm zu brennen. Wie hätten sie sich wohl gefühlt, wenn
ihre
Frauen abgeschlachtet worden wären … Er riß sich zusammen.
    Den Gedanken daran konnte er immer noch nicht ertragen.
    Und nun war Delaval tot. An jenem sonnigen Tag hatte Paice jeden seiner Schritte zum Schafott mit hungrigen Blicken verfolgt, hatte lautlos mit ihm gesprochen. Er hatte ihn verflucht, hatte ihm ewige Verdammnis in der Hölle gewünscht, wo er hoffentlich die Qualen kennenlernen würde, die er anderen zeit seines Lebens bereitet hatte.
    Paice war nicht grausam von Natur, aber die Schnelligkeit, mit der die Hinrichtung vollzogen wurde, hatte ihn enttäuscht.
    Lange nachdem sich die Zuschauermenge schon zerstreut hatte, stand er noch unter dem Torbogen und wandte den Blick nicht von Delavals Leiche, die in der Brise leise hin und her schwang. Wenn er gewußt hätte, wo sie zur Abschreckung in Ketten unter freiem Himmel aufgehängt werden sollte, wäre er auch dorthin gegangen und hätte zugesehen, wie sich die Vögel daran gütlich taten.
    Erschreckt blickte er auf und verlor fast den Halt, als ein dunkler Schatten am Großsegel vorbeifiel, aufs

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