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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Schanzkleid prallte und außenbords verschwand. Es dauerte nur wenige Sekunden, aber der entsetzliche Schrei, das Krachen der Knochen beim Aufprall hallten noch lange in Paice nach.
    Der Profos, ein Mann namens Scrope, kam nach achtern gerannt. »Das war Morrison, Sir!«
    Damit wurde aus dem Schatten ein Mensch. Ein blauäugiger Matrose aus Gillingham, der das Fischen aufgegeben hatte und sich von Werbern rekrutieren ließ, nachdem seine beiden Eltern am Fieber gestorben waren.
    Niemand sprach, nicht einmal der junge Triscott. Sogar er wußte, daß sie bei diesem Seegang unmöglich umkehren oder beidrehen konnten. Selbst wenn sie es wider alle Vernunft versuchten, würden sie Morrison niemals finden. Das war Seemannslos. Sie besangen es unter Deck während ihrer Freiwachen, in den Bierstuben und Hurenhäusern an Land.
    Sie mochten grob und ordinär sein, aber für Paice waren sie Realität, die einzigen unverbildeten Typen, die er kannte.
    Heiser befahl er: »Schickt einen Ersatzmann nach oben.
    Die Arbeit muß geschafft werden, und zwar schnell!«
    Einige an Bord würden ihn dafür verfluchen, aber die meisten würden es verstehen.
Seemannslos.
    Er stampfte mit den Füßen auf, um die Kälte zu vertreiben.
    Bolitho – was mußte er als nächstes unternehmen, wenn es hell wurde und sie ihn immer noch nicht gefunden hatten? Darüber wollte er nachdenken, aber in Gedanken war er immer noch bei dem Mann, der gerade von oben gekommen war. Weil die Reihe an ihm gewesen war – so sahen es die meisten Seeleute. Schicksal. Haltsuchend griff er nach einer Pardune und spürte, wie sie in seiner Hand vibrierte. Damit auch er an die Reihe kam, brauchte er nur loszulassen. Wie mochte es sein, wenn man sein Schiff in der Nacht verschwinden sah, wenn man zurückgelassen wurde, um zu ertrinken?
    Er riß sich aus seinem dumpfen Brüten und knurrte: »Ich gehe unter Deck. Rufen Sie mich, wenn …«
    Triscott starrte der hohen, gebeugten Gestalt nach. »Aye, aye, Sir.«
    Paice verschwand in seine Kajüte, und Triscott beobachtete die auf- und niederenternden Männer in der Takelage. In wenigen Wochen wurde er zwanzig Jahre alt. Und jetzt war Krieg. Was das bedeutete, ahnte er nur. Paice hatte angedeutet, daß Ihre Lordschaften in der fernen Admiralität bald Leute von jedem Schiff abziehen würden, das eine volle Musterrolle hatte. Warum, so fragte sich Triscott, hatten sie die Marine nicht in alter Mannschaftsstärke erhalten, wenn sie doch wußten, daß es bald Krieg geben würde?
    Hawkins kam heran und brummte: »Reparatur beendet, Sir. Nur das Teeren der Leinen wird warten müssen, bis wir alles hinter uns haben.«
    Triscott drängte es, über den Unfall zu sprechen. »Morrison hatte nicht die geringste Chance, meinen Sie nicht auch, Mr. Hawkins?«
    Der Bootsmann wischte sich die kräftigen Finger an einem Lumpen ab und blickte ihn böse an. »Das war ihm bestimmt ein großer Trost, Sir.«
    Triscott sah der vierschrötigen Gestalt nach, die wieder im Dunkel verschwand, und seufzte. Noch so ein Paice, dachte er.
    Erleichtert verschwand die abgelöste Wache durch den vorderen Niedergang in ihr Logis. Steuermannsgehilfe Dench übernahm die Morgenwache und unterhielt sich leise mit Chesshyre – wahrscheinlich über die Schwächen ihrer Offiziere.
    Triscott verzog sich in die Kajüte und kroch voll angekleidet in die Koje; es war die, auf der Bolitho geschlafen hatte.
    In der Dunkelheit fragte Paice von der anderen Seite her: »Alles klar an Deck?«
    Triscott lächelte in sich hinein. Der Kommandant hörte nie auf, sich um seine
Telemachus
zu sorgen.
    »Dench macht sich gut als Wachführer, Sir«, antwortete er.
    Verzweifelt sagte Paice: »Wenn ich doch nur eine Peilung bekäme, sobald es hell ist…« Aber von der anderen Seite der Kajüte antwortete ihm lediglich ein leises Schnarchen.
    Da schloß er die Augen, dachte an seine Frau und war im nächsten Moment ebenfalls eingeschlafen.
    Als der Morgen endlich dämmerte, versprach der Tag noch klarer und kälter zu werden, als selbst Chesshyre vorhergesagt hatte. Im eisigen Wind glitzerte Reif auf den Segeln, und der Frost testete die Widerstandskraft der Besatzung bis zum äußersten.
    Paice kam an Deck, studierte die Seekarte und die Notizen auf Chesshyres Schiefertafel neben dem Kompaßhaus. Sie waren zwar nicht immer einer Meinung, aber Paice wußte, daß der Master sein Geschäft verstand. Das reichte ihm.
    Sein Blick wanderte zur peitschenartig gebogenen Maststenge mit ihrem

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