Des Koenigs Konterbande
worden, also hat er vielleicht einen der Strolche verletzt. Ich habe die nähere Umgebung von meinen Leuten absuchen lassen, aber glückliche Zufälle sind leider selten.«
Er lachte verbittert. »Natürlich haben wir nichts gefunden.
Wie nicht anders zu erwarten.« Er warf einen Blick in den finsteren Wald, der jeden Sonnenstrahl aussperrte. »Der Ort hier ist verrufen, die Bevölkerung meidet ihn. Trotzdem muß kürzlich eine Kutsche dagewesen sein. Aber ihre Spuren verlieren sich draußen vor dem Wald.«
»Vielleicht eine der lokalen Größen?«
Der Major warf ihm einen scharfen Blick zu. »Ich habe da so meine eigenen Vermutungen. Aber was kann ich schon tun? Wenn man bedenkt, daß ich vielleicht noch dieses Jahr meine Dragoner gegen die Franzosen führen muß«, er gestikulierte vage in Richtung See, »um diese Leute hier vor einer Invasion zu schützen, obwohl sie uns belegen, betrogen und sogar gemeuchelt haben, wenn wir ihnen im Weg standen …«
»Ist es wirklich so schlimm?«
Der Major lächelte. »Schlimmer. Fragen Sie unseren Oberst, der kann Ihnen allerhand erzählen. Vor acht Jahren, noch als Hauptmann, war er auf Thanet stationiert. Eines Tages wurde er mit fünfzig Dragonern nach Deal beordert, um dort eine Schmugglerbande zu zerschlagen und ihre Schiffe zu verbrennen.« Sein Blick wurde hart, als er die Szene vor sich sah und sich selbst an der Stelle seines Vorgesetzten.
»Ein bewaffneter Mob von tausend Mann griff sie an und drängte sie ab. Ohne die rechtzeitige An kunft des 38. Infanterieregiments – Gott segne sie –, das die ganze Strecke von Canterbury im Gewaltmarsch zu Hilfe geeilt kam, wären unsere Dragoner niedergemetzelt worden. Ich bin Soldat und habe schon Schreckliches erlebt. Sie bestimmt auch. Aber diese Arbeit hier macht mich krank.«
Bolitho sah, daß Matthew die Pferde unter die Bäume fuhren wollte, aber von einem Dragoner mit erhobener Hand daran gehindert wurde.
»Warum meiden die Einheimischen diese Lichtung?« fragte er.
Der Major hob die Schultern. »Sehen Sie den verbrannten Baumstumpf dort? Ein Mann aus einem Nachbardorf fiel einer Schmugglerbande in die Hände. Er war dafür bekannt, daß er Informationen an die Zöllner verkaufte, sogar an die Soldaten.«
»Dafür haben ihn die Schmuggler hier ermordet?« Bolitho musterte die Lichtung.
»Nein. Sie haben erst den Baum angezündet und ihm dann beide Augäpfel ausgebrannt. Zur Abschreckung für andere. Als hätte es die noch gebraucht!«
Bolitho zupfte sich das feuchtkalte Hemd von der Haut.
»Danke, daß Sie mich informiert haben.« Er winkte die beiden Marineoffiziere heran. »Es dauert nicht lange.«
Grüßend trat der Leutnant hinzu und berichtete, daß er einen Rekrutierungstrupp befehlige und seinen Midshipman mit einigen Gefangenen nach Sheerness geschickt habe.
Bolitho unterbrach sein offensichtliches Bemühen, alle Verantwortung auf seinen Untergebenen abzuwälzen. »Dazu kommen wir noch.« Er musterte den bleichen Fähnrich und spürte dessen Furcht. »Wer sind Sie? Und berichten Sie mir genau, was passiert ist.«
»Midshipman Fenwick, Sir.« Der Mann sah überall hin, nur nicht in Bolithos Augen. »Ich – ich machte mit meinem Trupp wie gewohnt Rast bei einem kleinen Gasthaus, Sir, und als ich meine Ronde ging, entdeckte ich, daß einer meiner Schützlinge entflohen war. Mir blieb keine Zeit, die Polizeiwache zu verständigen, deshalb beschloß ich, zusammen mit …« Nervös blickte er auf das zertrampelte Gras nieder. »Sie waren in der Überzahl, Sir. Alles hier war voll von ihnen.«
Nachsichtig unterbrach ihn der Major: »Es war
Nacht,
Kapitän Bolitho.«
»Verstehe.« Bolithos Blick blieb an Fenwicks Händen hängen, deren Finger sich unruhig öffneten und schlossen.
Eher die Hände eines alternden Mannes als die eines Fähnrichs am Beginn seiner Laufbahn. Bei der Beförderung übergangen oder bei der Offiziersprüfung durchgefallen? Aber er hatte noch eine Chance, und das war mehr, als andere von sich sagen konnten.
»Wer war der Flüchtige?« fragte Bolitho.
»Ein – ein Segelmacher, Sir. Wir brachten ihn getrennt von den anderen unter, weil…« Er beendete den Satz nicht, sondern rief weinerlich: »Ich habe mein Bestes getan, Sir!«
Wütend starrte der Leutnant seinen Untergebenen an.
»Er hätte es besser wissen müssen, Sir. Der einzige gute Mann, der uns in die Hände fiel, ein Deserteur von der
London –
und dieser Narr hier läßt ihn entkommen!«
»Ruhe!« fuhr
Weitere Kostenlose Bücher