Des Koenigs Konterbande
leid.«
Impulsiv griff Bolitho nach seiner Hand. »Also gehen wir es an.« Trotz der warmen Frühlingsluft überlief ihn ein kalter Schauer. Die Zeit des Leisetretens war nun vorbei.
Hoblyns Haus wirkte leer und verlassen, doch als Bolitho die Wache rundheraus fragte, erfuhr er, daß der Kommodore anwesend war.
Sie stiegen ab. Major Cravens Bursche und der kleine Matthew hielten die beiden Pferde, während der Rest der Dragoner im Sattel blieb und draußen vor dem Tor Stellung bezog.
Lautlos schwang das Eingangsportal auf, und Bolitho erkannte dahinter Hoblyns Privatsekretär.
»Ich muß den Kommodore sprechen.«
Der Jüngling blickte über die beiden Besucher hinweg zur Auffahrt, als wolle er behaupten, daß Hoblyn nicht zu Hause sei. Seine haselnußbraunen Augen weiteten sich vor Schreck, als er die Berittenen am Tor sah. Schließlich sagte er zögernd: »Ich führe Sie zu ihm.« Er ging ihnen durch den Empfangssalon voran.
Der Major blickte sich um und verzog das Gesicht. »Wie in einem Mausoleum. Hier fehlt die Hand einer Frau.«
Der Kommodore saß hinter seinem mächtigen Schreibtisch und machte bei ihrem Eintreten keinerlei Anstalten, sich zu erheben.
»Weshalb dieser Überfall?« fragte er ungehalten. »Ich bin sehr beschäftigt. Der Tag hat nicht genug Stunden für mich.«
Bolitho begann: »Ich habe Ihnen einen Bericht gesandt …«
»Ach, tatsächlich?« Hoblyn musterte den Major kalt.
»Wollen
Sie
mich ebenfalls sprechen?«
Craven ließ sich nicht einschüchtern. »Ja. Kapitän Bolitho ist der Ansicht, daß es für uns alle besser wäre.«
»Aha.« Hoblyn deutete auf zwei Stühle und kramte in Papieren auf seinem Schreibtisch. »Richtig, Ihr Bericht. Irgendwo hatte ich ihn doch. Jetzt fällt es mir wieder ein: über einen Fischkutter und zwei französische Lugger.« Abrupt blickte er auf, Tadel in den harten Augen. »Da haben Sie zu hastig reagiert, Bolitho. Die Franzosen werden schwören, daß Sie sich in ihren Gewässern strafbar gemacht haben. Ob das nun zutrifft oder nicht – sie werden den Zwischenfall bestimmt als Bedrohung des Friedens hinstellen, eines Friedens, den Seine Majestät unbedingt erhalten will. Er möchte die Franzosen keinesfalls provozieren, ganz gleich, in welch chaotischem Zustand ihr Land ist.«
Bolitho konterte: »Und ich dachte, Seine Majestät wünsche noch sehnlicher als den Frieden, den eigenen Kopf auf den Schultern zu behalten.«
»Das ist impertinent!« explodierte Hoblyn. »Weshalb machen Sie überhaupt soviel Theater um einen armseligen Fischkutter? Sie sollten Ihre Talente für lohnendere Ziele einsetzen!« Hoblyns Zorn wuchs von Minute zu Minute, seine verkrüppelte Hand unterstrich jedes Wort mit Schlägen auf die Tischplatte.
Bolitho beharrte: »Meiner Meinung nach haben sie Emigranten über den Kanal geschmuggelt, Sir. Da werden Menschen wie Ware verschoben, ohne Rücksicht auf ihr Leben.«
Er berichtete Hoblyn von dem toten Mädchen; für einen Moment dämpfte Besorgnis den Zorn in Hoblyns Blick.
Doch dann faßte sich der Kommodore wieder. »So oder so, wer kennt die Wahrheit? Es gibt dafür nur Ihre Aussage, Bolitho, und ich fürchte, davon wird die Admiralität nicht sonderlich beeindruck sein.« Er beugte sich vor und starrte seinen Untergebenen an, hatte den Major offenbar völlig vergessen. »Falls Sie auf dieser fixen Idee beharren, bricht es Ihnen das Genick! Sie wissen aus eigener Erfahrung, daß hunderte von Kapitänen Ihren Posten hier mit größter Freude übernehmen würden.«
Dickköpfig erwiderte Bolitho: »Ich kann nicht glauben, Sir, daß Sie ein Verbrechen decken würden, nur um die französische Regierung nicht zu irritieren. Falls das aber zutrifft, dann rechnen Sie nicht mit mir. In dem Fall kehre ich nach London zurück und quittiere den Dienst.« Die Stiefel des Majors quietschten leise, als dieser unbehaglich auf seinem Stuhl herumrutschte. Bolitho war überrascht, daß er es trotz seines lauten Herzklopfens hören konnte.
Hoblyn betupfte sich die Stirn mit einem Spitzentuch.
»Wir wollen nichts übereilen, Bolitho.«
»Ich bitte Sie nur, Sir – ich beschwöre Sie sogar –, die Sicherheit Ihrer Stellung hinten anzusetzen und mit Ihrem ganzen Einfluß gegen diese Praktiken vorzugehen. Anscheinend haben wir hier jedermann gegen uns, und die Schmuggler lachen nur über unsere Versuche, ihnen das Handwerk zu legen.«
Hoblyn starrte auf die Schreibtischplatte nieder. »Sie haben soviel guten Willen, Bolitho, und so wenig
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