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Des Koenigs Konterbande

Des Koenigs Konterbande

Titel: Des Koenigs Konterbande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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tödlichen Konflikt geraten war.
    Queely knöpfte das Leibchen auf und legte die Hand auf ihre linke Brust. Bis auf das Seufzen des Windes herrschte Stille an Bord.
    Schließlich zog Queely die Hand zurück und zupfte die nassen Kleider mit überraschender Zartheit wieder zurecht.
    »Tot, Sir.« Sein dumpfer Blick suchte Bolitho. »Sollen wir sie über Bord geben?«
    Bolitho zwang sich, näher heranzutreten; er ballte die Fäuste so fest, daß die Nägel in die Haut schnitten.
    »Nein. Noch nicht.« Er musterte die Gesichter rundum.
    »Der Segelmacher soll sie ordentlich einnähen.« Er kniete sich hin und berührte ihr Haar. Es war rauh wie nasser Tang.
    Dann fiel sein Blick auf ihren nackten, ausgestreckten Fuß.
    »Was sind das für Striemen?«
    Queelys Augen hingen an den Segeln, dann blickte er achteraus, ob sie verfolgt wurden, von den Luggern oder den Kugeln der Küstenbatterie. Nichts.
    »Sir?«
    Bolitho überwand sich und betastete den eiskalten Knöchel.
    Die Haut war geritzt wie von Fußeisen.
    »Die harten Holzschuhe, Sir«, erläuterte Queely. »Sehen Sie da, am anderen Fuß. Sie war solches Schuhzeug nicht gewohnt.«
    »Verstehe.« Bolitho wollte die Tote zudecken, ihr Elend vor den neugierigen Blicken verbergen. Stattdessen hob er ihren Fuß an und untersuchte ihn genauer. Er war weich, aber noch nicht vom Seewasser, und ohne Schwielen; nein, Holzschuhe hatte er nicht gekannt, wohl aber zartes Leder und fröhlichen Tanz. Wie ein Messerstich durchzuckte ihn wieder die schmerzliche Erinnerung an Viola.
    Über die Leiche hinweg sah er Queely an. »Ich hätte es gleich sehen müssen.« Dann beugte er sich vor, bis sein Gesicht fast das der Toten berührte. »Kommen Sie näher!«
    Und als er Queely neben sich spürte: »Riechen Sie es?«
    Unsicher zögerte Queely. »Aye, Sir. Ganz schwach.« Er strich dem toten Mädchen die nassen Haarsträhnen aus der Stirn, als würde es gleich die Augen öffnen. »Parfüm, Sir«, setzte er hinzu.
    Bolitho untersuchte die kleinen Hände, die trotz der warmen Sonne schon steif wurden. Schmutzig, aber glatt und gepflegt.
    Leise stellte Queely fest: »Das war kein Fischermädchen, Sir.«
    Bolitho erhob sich und suchte Halt an einer Pardune. Ein Blick nach querab zeigte ihm, daß die Lugger sich, halb verborgen im Dunst, auf sichere Distanz hielten und das Land schon außer Sicht war.
    Er wußte, daß Queely jetzt die Kleider der Toten durchsuchte, wollte aber nicht zusehen. Schließlich erhob sich der Leutnant, ein weißes Spitzentaschentuch in der Hand.
    Durchweicht vom Seewasser, aber sonst sauber und mit dem Initial H in einer Ecke: eine letzte Verbindung zu ihrem früheren Leben, das sie verloren hatte.
    »Das ist alles, Sir«, sagte Queely bedrückt.
    Bolitho nahm das Tuch entgegen. »Vielleicht können wir eines Tages …« Er verstummte.
    Später wurde der schmächtige, in altes Segeltuch genähte Körper auf einer Gräting über die Reling gehoben. Leutnant Kempthorne hatte Bolitho gefragt, ob er mit der britischen Flagge bedeckt werden sollte, doch Bolitho schüttelte den Kopf. »Sie ist von ihren eigenen Landsleuten getötet worden, unsere Farben wären ihr da kein Trost.«
    Barhäuptig und stumm stand die Besatzung um die provisorische Bahre. Bolitho straffte sich, als Queely, den Hut unter den Arm gepreßt, laut etwas auf französisch sagte.
    Dann wiederholte er für die Männer ringsum: »An einem Grab können wir ihrer nicht gedenken, denn wir überantworten ihren Körper der See, aus der sie zu uns kam.«
    Ein kurzes Gebet, dann ein Ruck, ein Aufklatschen außenbords, und die Männer wandten sich ab, kehrten in kleinen Gruppen zu ihrer Arbeit zurück.
    Queely setzte seinen Hut wieder auf. »Und nun, Sir?«
    Bolitho war noch in Gedanken. »Seltsam, daß eine junge, unbekannte Französin bei diesem schmutzigen Geschäft unsere erste Verbündete wurde«, sagte er, zog das Spitzentuch heraus und betrachtete es. »Als solche werden wir ihrer gedenken.« Er starrte achteraus in
Wakefuls
weiß schäumendes Kielwasser. »Jetzt ist sie in Sicherheit. Und in guter Gesellschaft.«

Bei der alten Abtei
    Der Hufschlag der Pferde wurde dumpfer, als die Reiter von der schmalen Straße ins Sumpfland abbogen, dessen Binsen noch vom nächtlichen Regen glitzerten.
    Bolitho trieb sein Tier zu schnellerer Gangart an und beobachtete, wie die Sonne Baumwipfel und die Dächer verstreuter Bauernhöfe aus der Morgendämmerung schälte.
    Unter ihren Strahlen öffnete sich die Landschaft

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