Des Koenigs Konterbande
erwartet.
Überrascht bemerkte er, daß der Kommandant ihn mit offensichtlicher Freude begrüßte.
»Willkommen an Bord, Sir. Ich hatte gehofft, daß Sie wieder zu uns kommen würden.« Grinsend deutete Paice auf die emsig beschäftigten Gestalten an Deck. »Sie hatten recht, Sir. Die Besatzung hat so hart gearbeitet, daß sie das Jammern vergessen hat.«
Zufrieden nickte Bolitho. Bis auf den Gestank nach Teer und Ölfarbe erinnerte nichts mehr an die im Gefecht erlittenen Schäden.
Paice wurde wieder ernst. »Nichts Neues von Ihrem Bootsführer, Sir.«
Bolitho hielt seinen Blick fest. »Was wissen Sie?«
»Nur daß er eine Besorgung für Sie macht, Sir. Jedenfalls offiziell.« Paice streifte seine Männer mit einem Blick. »Aber Gerüchte verbreiten sich schnell. Je länger es dauert…« Er schwieg.
Bolitho berührte seinen Arm. »Ich weiß. Aber bitte belassen Sie es dabei – wenn schon nicht um meinet-, dann um seinetwillen.« Er blickte über die sonnenbeschienene, friedliche Reede. »Ich werde neue Befehle für Sie ausschreiben.
« Damit wandte er sich um und sah Paice fest an.
»Sie übernehmen hier den Oberbefehl, falls mir etwas zustößt.
«
Auf Paices kraftvollen Zügen lagen Besorgnis und Stolz im Widerstreit. »Die würden es doch nicht wagen, Sir!«
Bolithos Blick umfaßte noch einmal die drei Kutter. »Damit ich von diesem Posten abgezogen werde, braucht nur irgendein Speichellecker bei der Admiralität den kleinen Finger zu heben. Außerdem könnte ich fallen. Mit diesem Risiko leben wir ständig, Mr. Paice, also seien Sie auf alles vorbereitet.«
Paice begleitete ihn zum Niedergang. »Unter Ihrem Einfluß, Sir, hat sich meine Besatzung weiß Gott gemausert, und die der beiden anderen Kutter auch. Beim nächsten Mal werden Sie nichts an uns auszusetzen haben.«
Bolitho zog die Tür hinter sich zu und starrte durchs Skylight der Kajüte in den Himmel. War Hoblyn in eine Verschwörung verwickelt – oder einfach nur gleichgültig?
Der geschmeidige Privatsekretär fiel ihm wieder ein, Jules.
Wie gut der Name doch zu ihm paßte!
Später konnte er sich nicht daran erinnern, eingeschlafen zu sein. Aber er erwachte mit der Stirn auf dem Unterarm, zwischen den Fingern noch den Federkiel, mit dem er die Befehle für Paice unterschrieben hatte. Dem Schreibtisch gegenüber saß der Kommandant auf einer Seekiste und musterte ihn besorgt. »Ich wette, Sie haben in den letzten beiden Tagen nicht geschlafen«, sagte er, und es klang wie ein Vorwurf. »Es widerstrebt mir sehr, Sie zu wecken, aber …«
Bolitho bemerkte einen amtlich versiegelten Umschlag in Paices Faust und wurde sofort hellwach. »Geben Sie her.« Er öffnete den Brief und blickte zuerst auf die gestochen scharfe Unterschrift. Von Major Craven. Zweimal las er den Text und registrierte dabei, daß die Bewegu ngen des verankerten Kutters heftiger geworden waren.
Schließlich blickte er auf. »Wo ist die alte Abtei?« fragte er Paice.
Ohne erst um Erlaubnis zu bitten, holte dieser eine Karte aus der Kommode und deutete auf eine Stelle an der Küste.
»Hier, Sir, etwa drei Meilen östlich von uns. Ein unwirtlicher, abgelegener Ort, wenn Sie mich fragen.«
Bolitho merkte sich den Platz und nickte. Der ideale Treffpunkt. Aber wenn er, wie Craven vorgeschlagen hatte, auf der Landstraße dorthin fuhr, fiel er dabei bestimmt irgendwem auf; und dann würde sich flugs die Nachricht verbreiten, daß der lästige komische Kapitän wieder zu neuen Untaten unterwegs war.
Also auf dem Wasserweg – und heimlich.
»Kurz vor der Abenddämmerung gehen wir ankerauf«, sagte er zu Paice, »und setzen Kurs auf die Great Nore ab.«
Sein Messingzirkel bewegte sich in nordöstlicher Richtung von Sheerness fort. »Sobald es dunkel ist, gehen wir über Stag und nähern uns dem Land hier …« Die Zirkelspitzen bezeichneten einen Punkt auf der Karte, der ein Kirchensymbol aufwies. »Dabei darf uns niemand sehen, also ankern Sie möglichst weit draußen.«
Paice rieb sich raschelnd das stoppelbärtige Kinn. »Bitte um Nachsicht, Sir, aber jetzt verstehe ich gar nichts mehr.
Wollen Sie dort Werber anlanden? Falls ja, dann …«
Bolitho wandte den Blick nicht von der abgenutzten Karte.
»Nein, ich treffe mich mit jemandem. Deshalb werde ich eine gute Bootscrew brauchen und einen Führer, der die Gegend wie seine Hosentasche kennt.«
»Den Segelmeister, Sir«, antwortete Paice prompt. »Erasmus Chesshyre. Der findet sich dort blind zurecht, auch im
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