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Des Lebens Überfluß

Des Lebens Überfluß

Titel: Des Lebens Überfluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ludwig Tieck
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Einen Groschen zum Ersten – er erhob den Hammer. Da rief ein kleiner schmutziger Judenjunge: Einen Groschen sechs Pfennige. Der Auktionator wiederholte das Gebot zum ersten, zum zweiten Mal, schon wollte das dritte Wort mit dem Hammer mich zusammt jenen Gesellen dem kleinen Israeliten zuschlagen, als sich die Tür öffnete und Du, Clara, in voller Herrlichkeit mit einem großen Gefolge von vornehmen Damen hereintratest, indem Du gebieterisch mit stolzer Miene und Stellung: Halt! riefest. Alle erschraken und verwunderten sich und mein Herz war in Freude bewegt. Meinen eignen Mann verauktionieren? sagtest Du mit Unwillen; wie viel ist bis jetzt geboten? Der alte Ausrufer verbeugte sich sehr tief, setzte einen Stuhl für Dich hin und sagte hochrot vor Verlegenheit: Bis jetzt haben wir einen und einen halben Groschen im Angebot auf Dero Herrn Gemahl.
    Du sagtest: Ich biete aber nur allein auf meinen Mann und begehre, daß jene Personen wieder entfernt werden. Achtzehn Pfennige für den unvergleichlichen Mann! Unerhört! Ich setze gleich zum Anfang tausend Taler. – Ich war erfreut, aber auch erschrocken; denn ich begriff nicht, woher Du die Summe nehmen wolltest. Indessen wurde ich von dieser Angst bald befreit, da eine andere hübsche Dame gleich zweitausend bot. Nun entstand unter den reichen und vornehmen Weibern ein Wettstreit und Eifer, mich zu besitzen. Die Gebote folgten immer schneller, bald war ich auf zehn und nicht lange nachher auf zwanzig tausend gestiegen. Mit jedem Tausend erhob ich mich mehr, stand stolz und gerade, und ging dann mit großen Schritten hinter dem Tische und meinem Auktionator auf und ab, der es nun nicht mehr wagte, mich zur Ruhe zu verweisen. Verachtende Blicke schoß ich nun auf jene Bekannten, die vorher von Lump und Taugenichts gemurmelt hatten. Alle sahen jetzt mit Verehrung nach mir hin, besonders weil der enthusiastische Wettstreit der Damen zunahm, statt sich zu mäßigen. Eine alte häßliche Frau schien es darauf angelegt zu haben, mich nicht zu lassen; ihre rote Nase wurde immer glühender, und sie war es, die mich nun schon bis hundert tausend Taler hinaufgetrieben hatte. Es herrschte eine Totenstille, eine feierliche Stimme ließ sich vernehmen: So hoch ist in unserm Jahrhundert noch niemals ein Mann geschätzt worden! Ich sehe jetzt ein, daß er für mich zu kostbar ist. Als ich mich umsah, wurde ich gewahr, daß dieses Urteil von meinem Gesandten herrührte. Ich begrüßte ihn mit einer gnädigen Miene. Um es kurz zu machen, mein Wert erhob sich bis zu zweimal hundert tausend Talern und etlichen darüber, und für diesen Preis wurde ich endlich jener rotnasigen alten häßlichen Dame zugeschlagen.
    Als die Sache endlich entschieden war, erhob sich ein großer Tumult, weil Jeder das ausbündige Stück in der Nähe betrachten wollte. Wie es kam, ist nicht zu sagen, aber die große Summe, für die ich erstanden war, wurde mir, gegen alle Gesetze der Auktion, eingehändigt.
    Als ich nun aber fortgeschleppt werden sollte, da tratest Du hervor und riefst: Noch nicht! Da man meinen Gemahl so gegen alle christliche Sitte öffentlich verauktioniert und verkauft hat, so will ich mich auch demselben harten Schicksal unterwerfen. Ich stelle mich also hiermit freiwillig unter den Hammer des Herrn Auktionators. Der Alte beugte und krümmte sich, Du begabst Dich hinter den langen Tisch und alle Menschen betrachteten Deine Schönheit mit Bewunderung. Das Bieten fing an und die jungen Herren trieben Dich gleich hoch hinauf. Ich hielt mich anfangs zurück, teils vor Erstaunen, teils aus Neugier. Als die Summen schon in die Tausende hineingestiegen waren, ließ sich auch meine Stimme vernehmen. Wir kamen immer höher hinauf und mein Gesandter geriet so in Eifer, daß ich beinahe die Fassung verloren hätte; denn es erschien mir schändlich, daß dieser ältliche Mann mir auf diese Weise meine angetraute Gattin rauben wollte. Er bemerkte auch meinen Mißmut; denn er sah mich immer scheel von der Seite und mit einem boshaften Lächeln an. Es drangen immer mehr reiche Kavaliere herein, und hätte ich nicht die ganz ungeheure Summe in meinen Taschen gehabt, so mußte ich Dich verloren geben. Es kitzelte mich nicht wenig, daß ich Dir meine Liebe in größerem Maße zeigen konnte, als Du mir bewiesen, denn bald nach Deinem Angebot von tausend Talern hattest Du mich schweigend dem Glück der Auktion und jener rotnasigen Dame überlassen, die jetzt verschwunden schien, denn ich sah sie nirgend

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