Des Reichtums fette Beute - Wie die Ungleichheit unser Land ruiniert
geringfügige finanzielle Rücklagen zu bilden, die Tendenz
ist aber in Deutschland in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Damit gerät auch der Konsum der Mittelschicht-Haushalte
unter Druck. Die Angst, ihre wirtschaftliche Existenz nicht mehr bestreiten zu können, nimmt zu. Die Umverteilung |99| von unten nach oben führt so sukzessive zu einer Konsumschwäche in einer Volkswirtschaft; es sei denn, die Volkswirtschaft
zeigt ein so hohes Wachstum, dass alle Einkommensschichten davon profitieren, wenn auch eben in sehr unterschiedlichem Ausmaß.
Genau das war aber meistens nicht der Fall. Was aber geschah stattdessen?
Die Umverteilung der Einkommen von unten nach oben fand in allen großen Volkswirtschaften statt. Der Druck auf die Binnennachfrage
nahm zu, zumal das Einkommenswachstum in den meisten Ländern nicht kräftig genug war, um die Kaufkraft der unteren Einkommensschichten
zu steigern. Das lässt sich am Beispiel der USA und Deutschlands besonders gut zeigen, vor allem weil die Reaktionen auf das
Grundproblem in beiden Ländern sehr unterschiedlich ausfielen.
Die verstärkten Zyklen von Euphorie und Panik an den Finanzmärkten und die Konsumschwäche – beides hat mit dem Thema Ungleichheit
zu tun. Sie verstärkt die Unsicherheit in einer Volkswirtschaft und begrenzt zugleich den Konsum. In Deutschland hat sich
diese fatale Konstellation klar gezeigt. Seit über einem Jahrzehnt zügeln die privaten Haushalte in Deutschland ihre Konsumausgaben.
Gerne nennt man ein übertriebenes Sparbedürfnis, ja Geiz als Grund für dieses Verhalten – oder eine übertriebene Vorsicht,
die deutsche Angst.
Ich halte das alles für spekulativen Unfug. Es hat mit der Realität der privaten Haushalte in Deutschland nichts zu tun. Die
Gründe für den schwachen privaten Verbrauch sind ganz andere. Der erste ist die Umverteilung von unten nach oben. Wer ein
höheres Einkommen hat, kann mehr sparen. Daher führt der zunehmende Anteil der hohen Einkommen an den gesamten Einkommen –
der sich ergibt, wenn niedrigere Einkommen immer weiter hinter den höheren zurückbleiben – zu einer höheren Sparquote. Das
hat zur Folge, dass vom gesamten zur Verfügung stehenden Einkommen weniger für Konsum ausgegeben und mehr gespart wird.
Der zweite Grund ist eine zunehmende Angst vor Altersarmut. Immer wieder hören die privaten Haushalte von Politikern und Wissenschaftlern, |100| sie müssten besser für ihr Alter vorsorgen, indem sie rechtzeitig sparen Das wird in Form der Riester-Förderung sogar staatlich
subventioniert und ist offensichtlich recht erfolgreich. Die Menschen sorgen inzwischen tatsächlich mehr für das Alter vor.
Warum also beklagen zum Teil die gleichen Politiker und Wissenschaftler, die diese verstärkte Vorsorge forderten, jetzt, dass
zu viel gespart wird? Weil sie einsehen müssen, dass ein verstärktes Sparen negative Konsequenzen für die aktuelle Wirtschaftsentwicklung
hat? Das hätte man auch schon vorher wissen können. Der dritte Grund für den schwachen privaten Verbrauch ist der offenkundigste.
Es ist die schwache Einkommensentwicklung, die den Konsumspielraum verengt.
Der schwache Konsum hat auch Folgen für die andere wichtige Komponente der Binnennachfrage: die Investitionen. In einer konsumschwachen
Volkswirtschaft bestehen auch geringere Anreize zu investieren. Dabei sind die Investitionen eine Schlüsselgröße für eine
Volkswirtschaft. Sie sind nicht nur ein wesentlicher Teil der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Nachfrage (wenn auch von geringerer
quantitativer Bedeutung als der Konsum). Sie bestimmen darüber hinaus in hohem Maß auch die künftige Wirtschaftsleistung.
Durch Investitionen entstehen neue und zusätzliche Produktionskapazitäten, die zudem neue und zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten
schaffen. Genau dieser wesentliche Teil der Nachfrage wird durch einen schwachen Konsum negativ beeinflusst, und damit lahmt
die gesamte Binnennachfrage. Reichtum allein schafft noch keine Arbeitsplätze, so viel ist klar.
Ein Blick über den großen Teich
In den USA wurde das Problem immer weiter auseinanderdriftender Einkommen zum Teil anders gelöst. Die Ausgangslage in den
USA war genau die gleiche wie in Deutschland. Die Situation spitzte sich zu, als die Menschen mit höheren Einkommen sich immer
stärker |101| und auch risikobereiter auf dem Finanzmarkt engagierten und es gleichzeitig zu einer Nachfrageschwäche in den
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