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Des Satans Schatten

Des Satans Schatten

Titel: Des Satans Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F.G. Klimmek
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Sachen, die uns bekleideten, sonst nichts. Was sollte ich tun, um uns zu ernähren?«
    Er hatte den Becher halb zum Mund gehoben, ohne zu trinken, und seine Augen sahen längst vergangene Ereignisse in einer Ferne, die uns verborgen blieb.
    »Der Junge vom Nachbarhof, Hans Böhlinger, ein paar Jahre älter und kräftiger als ich, war in einer vergleichbaren Lage. Er hasste die reichen Pfeffersäcke aus vollem Herzen, weil sie ihn einmal des Diebstahls bezichtigt und bereits an einem Baum aufgeknüpft hatten, bevor sie ihren Irrtum bemerkten. Sie haben ihn wohl sofort abgeschnitten und auch mit einigen Talern abgefunden, aber verziehen hat er das nie. Hans hatte bereits einige andere Burschen zusammengetrommelt und mit ihnen eine Bande gebildet, der ich mich anschließen durfte. Wir waren übereingekommen, kleine Trecks von Handelsleuten auszubaldowern. Des Nachts wollten wir uns an ihr Lager heranschleichen, und während einige von uns sie ablenkten und hinter sich her lockten, wür den sich die anderen ins Lager schleichen und ihre Waren stehlen. Dabei war feierlich ausgemacht, dass niemand getötet werden durfte. – Ich war der Jüngste, ich musste Schmiere stehen – und alles erschien mir mehr wie ein Streich, der uns obendrein ernährte. Dann kam die Nacht, in der die Händler nicht auf die Täuschung hereinfielen und bei ihrer Ladung blieben, als unsere eintrafen, die das Stehlen besorgen sollten. Der Anführer war mein Nachbar, der, statt zu fliehen, sofort sein Schwert zog und drei Kaufleute niedermachte, bevor er überwältigt wurde. Sie erwischten auch noch zwei andere von uns, der Rest konnte entkommen. Wir zogen uns in unser Versteck im Wald zurück und warteten drei Tage und drei Nächte auf unsere Freunde, aber nichts geschah. Dann setzte ich mich mit meinen Geschwistern ab und fand für sie mit viel Glück Obdach bei einer Kürschnerfamilie, die ihre flinken Hände gebrauchen konnte. Für einen wie mich hatten sie hingegen keine Verwendung. Also zog es mich zurück in meine alte Heimat. Zum Glück warnte mich ein herumziehender Kesselflicker, der früher oft unseren Hof besucht hatte. Ich sollte mich tunlichst von den nächsten Städten fernhalten, sonst würde es mir ergehen wie meinen Kameraden. Wir waren an die zwanzig gewesen, von denen sie gleich fünf niedergehauen hatten, als die Büttel das Lager überrannten. Wer überlebte, wurde in Eisen gelegt und nach Aschaffenburg geschleppt, wo es dann ein großes Fest gab, als sie alle nebeneinander am Galgen tanzten. Mitten zwischen den Honoratioren der Stadt saß mein früherer Nachbar und Freund und ließ es sich gut gehen. Er hatte ihnen das Versteck der Beute verraten und sich damit freigekauft. Und um der Rache seiner Leute zu entgehen, hat er zugleich seine ganzen Kameraden ans Messer geliefert. Ich war froh, dass ich bei diesem Schauspiel nicht zugegen war. Ansonsten wäre ich auch tot, weil es mich nicht gehalten hätte und ich auf diesen verfluchten Hund losgestürzt wäre ohne Rücksicht auf mein eigenes Los. – Doch man wird älter und besonnener, und das alles ist viele Jahre her. Ich habe mich fortan um ein redliches Leben bemüht, gelernt und geschuftet, und schließlich erreicht, dass meine ehrliche Arbeit für manchen durchaus von Nutzen sein kann. Auf meiner Wanderung bin ich dann hier gelandet, habe freundliche Aufnahme gefunden und hoffe, sie mit Fleiß und Leistung vergolten zu haben.«
    Ein kurzer Blick zum Grafen hinüber bewies mir, dass genau dies der Fall war.
    Tenhove, dem dies nicht entgangen war, fand jetzt endlich Zeit, sich aus seinem Becher zu bedienen, und man konnte förmlich spüren, dass eine heiße Wut, die sich mit seinen Worten mehr und mehr in ihm aufgebaut hatte, aus ihm gewichen war. Es stahl sich sogar ein hauchdünnes Lächeln auf seine Lippen.
    »Hinzu kam, dass es mir möglich war, meine Schwestern mit Geldzuwendungen zu unterstützen. Mit anderen Worten, es schien sich alles zum Guten gewendet zu haben. – Könnt Ihr Euch da vorstellen, welche verteufelte Überraschung es für mich war, nach so langer Zeit diesem Unmenschen hier im Hof des Schlosses zu begegnen? Aus dem armen Bauernsohn Hans Böhlinger war ein Bartholomäus Bühler mit einem kapriziösen Schweizer Akzent geworden, ein Handelsmann in feinem Tuch, dessen strahlende Gewänder nur einem Außenstehenden seine schwarze Seele verbergen konnten. Ich dagegen sah seinem falschen Lachen sofort an, dass unsere Begegnung nicht vom Zufall geleitet

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