Des Sieges bittere Tränen
gelogen.«
Aus einem Lastwagen wurden jetzt zwei Kisten herangeschleppt. Äxte, Beile, Brechstangen, Schraubenzieher, Zangen aller Größen, Flachmeißel und sechs Bohrmaschinen wurden aus den Kisten geholt. Noch ehe Fallersfeld eine Frage stellen konnte, krachten in den Pferdetransporten die Holzleisten.
Die Russen begannen, die gesamte Innenverkleidung aller Wagen abzureißen. Sie gingen dabei nicht zimperlich vor, die Polsterungen wurden zerfetzt, Watte, Roßhaar und Kapok flogen durch die Luft, dann folgten die Bretter der Innenwand, Haken, Ösen, Stangen und elastische Verstrebungen.
Major Borolenko kümmerte sich nicht mehr um die deutschen Reiter, er rannte an den Waggons entlang und schrie seine Soldaten an. Hartung, der etwas russisch verstand, übersetzte Fallersfeld, was er gerade aufschnappte.
»Er läßt nach Lederbeuteln suchen. Flachen Päckchen. Etuis aus Plastik.«
»Ein Verrückter.« Fallersfeld steckte die Hände in die Taschen. »Zum erstenmal in Rußland, ausgerechnet fällt man einem Verrückten in die Hände.«
Borolenko kletterte auf Hartungs Waggon. Romanowski stand mit Laska auf der Ladefläche ganz hinten in der Ecke. Er sprach auf Laska ein, drückte ihren Kopf zur Seite und sagte laut: »Guck weg, Olle. Kümmere dir nich drum!«
»Und wer bezahlt die Reparaturen an den Transportern?« schrie Fallersfeld, als Borolenko wieder aus Hartungs Wagen auftauchte.
»Sie, Towaritschi!« Borolenko streckte den Arm vor. In der Hand hielt er ein kleines Ledersäckchen. Jetzt war auch sein Gesicht maskenhaft. »In der Zwischenwand links, unter der Verkleidung. Meine Information stimmte.«
Er sprang auf die Rampe und kam langsam auf die Reitergruppe zu. An seinem ausgestreckten Arm baumelte das Säckchen. Fallersfeld atmete stoßweise.
»Das ist doch Irrsinn! Das hat man uns untergeschoben! Horst, sag doch etwas. Es ist dein Wagen! Man will uns auf diese Art …«
»Man will gar nichts.« Major Borolenko blieb stehen. Seine Stimme klang kalt und duldete keinen Widerspruch. »Und ich verwahre mich gegen jeden derartigen Verdacht.« Er zog den Verschluß des Beutels auf und hielt ihn Fallersfeld und Hartung unter die Nase. Weißliches Pulver glänzte in der Sonne. »Rauschgift. Kokain.«
»Unmöglich«, stammelte Fallersfeld. »Völlig unmöglich. Horst, äußere dich doch dazu!«
Hartung hob die Schultern. Er war sehr ernst geworden. Seine Backenmuskeln zuckten. Er wußte, was dieser Fund bedeutete. Ganz gleich, ob er seine Unschuld beweisen konnte oder nicht – das Turnier in Moskau fand nicht mehr statt.
»Es ist Kokain, wenn Jakow Nikitajewitsch es sagt. Ich kenne mich da nicht aus. Aber ich glaube es ihm.«
»In Ihrem Wagen, Towaritsch Hartung. Zwanzig Säckchen!« Borolenko zeigte hinüber zu dem Waggon. In einer verzinkten Schüssel trugen zwei Milizsoldaten einen ganzen Haufen dieser Säckchen weg. »Wir werden noch mehr finden.«
»Ich habe keine Erklärung dafür.«
»Am allerwenigsten ich.« Fallersfeld zitterte vor Erregung. »Ich bitte darum, mit meinem Botschafter sprechen zu können. Was hier geschieht, ist ungeheuerlich. Wir sind mißbraucht worden.«
»Es wird sich alles klären.« Major Borolenko steckte das Säckchen mit Kokain in seine Uniformtasche. »Sie werden verstehen«, sagte er mit ausgesuchter Höflichkeit, »daß ich zu weitgehenden Maßnahmen gezwungen bin. Ich beschlagnahme hiermit Ihre gesamte Ausrüstung. Fahrzeuge, Sattelzeug, Decken, Sprungglocken, Bandagen, Putzzeug, Frisierzeug – alles! Ihre Begleitmannschaft wird sich einer Leibesvisitation unterziehen müssen. Sie, Towaritschi, folgen mir wieder ins Hotel.«
»Und – die Pferde?« fragte Dr. Rölle heiser vor Erregung.
»Wir bringen sie in die vorbereiteten Ställe ins Stadion.«
»Ohne Aufsicht? Ich protestiere!«
Borolenko lächelte beschwichtigend. »Ich versichere Ihnen, daß Ihre Pferde die beste Pflege und Betreuung erhalten.«
»Sie bekommen ein Spezialfutter.« Fallersfelds Gesicht zuckte. »Lassen Sie wenigstens den Futtermeister zu den Pferden.«
»Wir wollen sehen.« Borolenko winkte. Die Soldaten marschierten mit den Pferden ab. Romanowski führte Laska vom Waggon und schloß sich der Kolonne an.
»Det is 'ne Mystifikation!« rief er Hartung zu. »Ick kläre det!«
»Es ist Kokain.« Borolenko wies auf die wartenden Autos. »Und klären müssen wir das. Sie sehen es doch ein, meine Herren?«
Hartung nickte. Neben Borolenko ging er zurück über die Gleise. »Bis dahin sind
Weitere Kostenlose Bücher