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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Er setzte sich auf die Couch, bedrückt, um Jahre älter.
    »Fassen wir zusammen, was wir wissen«, begann er müde. »Die Wagen wurden in West-Berlin verladen. Seitdem haben sie den Waggon nicht verlassen, und keiner konnte in die Wagen hinein. Das Kokain muß also in West-Berlin, auf dem Güterbahnhof, in der Verkleidung versteckt worden sein. In Berlin – oder bei Ihnen, Hartung! Es gibt nur diese zwei Möglichkeiten. War's auf dem Güterbahnhof, hat man Sie als ›stummen Kurier‹ benutzt, wie wir es nennen, war's bei Ihnen, sind Sie allein verantwortlich! Um eines von beiden zu beweisen, halte ich noch diese Nacht durch. Ist sie wieder erfolglos, erhebe ich Anklage gegen Sie!«
    »Aber das ist doch Irrsinn! Warum sollte ich Kokain schmuggeln?«
    »Das fragt man sich oft bei Straftaten. Warum? Wieso gerade er? Was hat das für einen Sinn? Wenn man lange genug dabei ist, fragt man nicht mehr, der Mensch ist ein rätselhaftes Wesen.«
    »Also diese Nacht noch?« Hartung trank ein Glas Wein. »Jakow Nikitajewitsch, Sie wissen, daß ich unschuldig bin.«
    »Was heißt wissen? Man muß es beweisen.« Borolenko hob die Schultern. »Wer zwischen Mühlsteine gerät, wird zermahlen.«
    Die dritte Nacht.
    Stupkins Männer waren postiert. Der Genosse Dobchinskij hängte sich wieder an Borolenko und kletterte sogar auf den Baum über Hartungs Transporter.
    »Hier können Sie nicht schlafen, Semjon Iwanowitsch«, flüsterte Borolenko ihm zu. »Wir sind fünf Meter über der Erde, das hält ihr Genick nicht aus, wenn Sie hinunterfallen.«
    Es war totenstill. Die Dunkelheit wurde fahler, ein halber Mond schob sich aus den Wolken. Und da sah Borolenko zuerst den Schatten, der vom Stadioneingang heranschlich. Er hielt den Atem an, legte Dobchinskij die Hand auf den Mund und zeigte nach unten. Dobchinskij nickte.
    Der Schatten kam näher, nahm Gestalt an – ein langer, dürrer Kerl, der heranschlich, sich nach allen Seiten umsah, die Wagen erreichte, zielsicher auf Hartungs Transporter zuglitt und in der offenen Tür verschwand.
    Borolenko hielt den Atem an, der plötzlich zu pfeifen begann. Er sah, wie Leutnant Stupkin im Schatten eines Strauches winkte, wie zehn, fünfzehn Scharfschützen aus dem Boden auftauchten.
    Unter ihm, im Wagen, rumorte es. Jetzt reißt er die Füllungen auf, dachte Borolenko fröhlich. Jetzt sammelt er die Säckchen ein, die nur Salz enthalten, gleich wird er herauskommen, und dann pfeife ich. Wir wollen ihn lebend haben und dann ausquetschen wie eine Zitrone.
    Woher kommst du, Lump? Wer sind die Hintermänner? Wo ist der Leiter der Organisation?
    Der Mann im Transporter hatte die Säckchen eingesammelt. Er kam wieder heraus, so schnell und plötzlich, daß Borolenko fast zu pfeifen vergaß. Dann aber gellte es durch die Nacht, Scheinwerfer leuchteten auf und tauchten die rennende Gestalt in gleißendes Licht.
    »Stoj!« brüllte Leutnant Stupkin. »Du bist umzingelt. Nimm die Hände hoch, du Hundesohn! Stoj! Willst du erschossen werden?«
    Der lange Mensch schien taub zu sein. Er schnellte davon, nach vorn gebückt, Haken schlagend wie ein Hase. Borolenko fixierte Dobchinskij.
    »Sie sehen, er will erschossen werden«, sagte er matt. »Es bleibt uns keine andere Wahl.« Dann brüllte er zu den Soldaten hinüber: »Auf die Beine zielen! Er muß vernehmungsfähig bleiben! Feuer!«
    Die Scharfschützen schossen. Der Mann machte einen hohen Sprung, warf die Arme in die Luft und fiel zu Boden. Dann – noch ehe die ersten Schützen ihn erreicht hatten – ertönte ein leiser Knall. Borolenko ballte die Fäuste.
    »Er hat sich selbst erschossen!« stammelte er. »Wir werden nie erfahren, wer der Leiter ist: Sie werden sehen, Genosse Dobchinskij, wir haben nur auf seine Beine gezielt, aber er hat sich selbst umgebracht.«
    Genauso war es. Mit blutüberströmten Beinen lag der Unbekannte im Gras, in der Hand hielt er eine kleine Pistole, mit der er sich in die rechte Schläfe geschossen hatte.
    In seiner Tasche fand man seinen Ausweis. Mukar Antonowitsch Zaroskin hieß er. Geboren in Taganrog. Er sah verhungert aus, aber Borolenko wußte, daß das Rauschgift seinen Körper ausgemergelt hatte.
    Um siebzehn Uhr fand der große Zweikampf zwischen Hauptmann Pollowjeff und Horst Hartung statt. Das Dynamo-Stadion tobte. Achtzigtausend Russen klatschten rhythmisch in die Hände, als Djomka Ulanowitsch auf den Parcours ritt.
    Das dritte Stechen. Null Fehler bisher. Nur noch zwei Hindernisse.
    Ein Hoch-Weit-Sprung

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