Des Sieges bittere Tränen
dickes Fell!«
»Gauldoktor!« Das war Fallersfelds einzige Antwort. Dann hatte er Dr. Rölle, der laut lachte, stehengelassen.
Horst Hartung erwartete Unangenehmes, als er sich Fallersfeld gegenübersetzte, nur hatte er keine Ahnung, was es sein könnte. Vom Frühstück bis jetzt hatte er darüber nachgedacht, es konnte sich eigentlich nur um einige Turniere im Ausland handeln, die er bisher nicht springen wollte. Johannesburg, Sydney, Tokio, Mexiko, Manila. »Laska ist zu jung dazu«, hatte er immer gesagt. »Diese Flugstrapazen, diese mörderischen Parcours unter der glühenden Sonne! Wenn sie drei Jahre älter ist, dann ja. Soll Laska in ein paar Jahren Beine wie Rosenkohlstöcke haben? Der Ausflug nach San Franzisko hat sie sehr mitgenommen.«
»Und sie hat hinterher in Moskau doch gesiegt«, konterte Fallersfeld. »Laska kann man nicht mit normalen Maßstäben messen, sie ist wie ein Urpferd. Ich habe so etwas bisher noch nicht gesehen.«
Fallersfeld trank sein Glas Orangensaft leer, faßte sich an den Nacken und verzog die Lippen. Der Furunkel brannte wieder.
»Auch einen Saft?«
»Nein, lieber einen Martini.«
Sie warteten, bis der Hallenkellner das Getränk gebracht hatte, und musterten sich dann wie zwei Duellanten.
»Da bin ich«, sagte Hartung.
»Unverkennbar.« Fallersfeld schnaufte. »Horst, so geht es nicht weiter.«
»Natürlich nicht – aber was?«
»Ich sitze hier als Vermittler. Eine scheußliche Rolle, mein Lieber. Eher miste ich zehn Ställe aus und wasche den Gäulen die Schwanzrübe. Aber wie gesagt, so geht's nicht weiter.«
»Sie sollten eine Rätselecke machen, Baron.«
»Oben, auf Zimmer 119, wartet jemand, hat verheulte Augen und wagt nicht, mit Ihnen zu sprechen. Lösung?«
»Angela«, sagte Hartung leise. »Baron, ich wußte nicht, daß sie in Baden-Baden ist.«
»Der Unschuldsknabe! Jeder von uns weiß und erwartet es, daß Angela überall dort auftaucht, wo Sie reiten, nur Sie rollen immer die Augen und spielen uns den erstaunten heiligen Pferdnantus vor. Natürlich ist Angela auch in Baden-Baden, ich habe das Zimmer für sie bestellt und es übernommen, Ihnen den Dickschädel zurechtzusetzen.«
»Sie kennen meine Gründe, Baron.« Hartung verschanzte sich hinter dem Martiniglas.
»Papperlapapp! Lieben Sie Angela?«
»Ja. Sie ist die einzige Frau, die ich wirklich geliebt habe beziehungsweise die ich liebe. Kleine Abenteuer hat jeder Mann.«
»Wer redet davon? Horst, wenn Sie Angela wirklich so lieben, ist es eine Schande, ja eine Frechheit, sie so lange herumsitzen zu lassen! Sie wird nicht jünger dabei, und Sie schon gar nicht! Wie lange geht das jetzt mit euch?«
»Ich glaube fünf Jahre.«
»Noch nicht einmal das weiß er! Aber wissen Sie, wieviel reelle Chancen Angela Ihretwegen ausgeschlagen hat? Sie hat's mir erzählt. Ein dämliches Luder, habe ich gedacht. Partien, wie sie im Buche stehen – ein Landgerichtsrat, ein Architekt, ein Fabrikant für Düngemittel.«
»Ausgerechnet«, unterbrach ihn Hartung.
»Nicht auf dem hohen Roß sitzen, mein Lieber! Was ist schon ein Reiter?«
»Ich bin außerdem Diplomlandwirt.«
»Mistfahrer, würde der Volksmund sagen. Diplomierter Jauchenschöpfer. Äpfelpflücker mit Doktorgrad. Nur keine großen Töne, Horst! Also ich setze die Liste fort. Ein Supermarktbesitzer. Ein Arzt. Ein Autogroßhändler. Ein Großbauer mit einer Hühnerfarm von 400.000 Hennen. Ein Schriftsteller.«
»Den rechnen Sie zu den guten Partien?«
Fallersfeld überhörte den Einwurf und deutete auf sich.
»Und mich!«
»Was? Sie wollen Angela heiraten?«
»Wenn sie will – sofort.«
»Aber sie will nicht?«
»Nein. Sie liebt nur Sie. Unverständlich! Und deshalb sitze ich alter Trottel jetzt hier und spiele den Heiratsvermittler. Horst, alles, was Sie gegen eine Ehe anführen, ist Quatsch! Keine Zeit, die Turniere, die Pferde, das Training, ständig auf der Achse, nie zu Hause – das ganze Bild stimmt nicht mehr. Die großen Auslands- und Übersee-Parcours wollen Sie nicht reiten – ich sehe das ein, Laska ist zu jung dazu –, aber damit entfällt auch bei Ihnen das Hauptargument gegen die Ehe! Sie können heiraten, wenn Sie nur wollen! Warum aber wollen Sie nicht?«
»Ich habe Angst.«
Das war eine Antwort, die Fallersfeld aus dem Konzept brachte. Auf alles war er vorbereitet und hatte Entgegnungen dafür parat – aber Angst, bei Hartung, das konnte niemand einplanen.
»Ist Angela so gewalttätig?« fragte er
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