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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und tröstend.
    Am Abend brachten vier Uniformierte die Sättel und Stiefel Hartungs in sein Zimmer. Sie waren zerschnitten, aufgerissen, zerfetzt. Selbst die Trensen hatte man in Stücke zerlegt.
    »Freuen Sie sich«, sagte Borolenko, der kurz darauf hereinschaute. »Nichts gefunden!«
    »Und damit soll ich reiten?« Hartung gab einem der Springsättel einen Tritt. »Völlig unbrauchbar! Und meine Stiefel sind auch aufgeschlitzt!«
    »Es wird sich alles regeln lassen.«
    »Das nicht mehr!«
    »Es war unerläßlich für unsere Ermittlungen. Gute Nacht …«
    Borolenko schloß die Tür.
    Gute Nacht, dachte er. Sie werden schlafen. Ich aber werde wieder auf meinem Ast hocken wie ein Affe.
    Nur noch zwei Tage bis zum Turnier. Das Stadion ist ausverkauft. Noch gilt die Nachrichtensperre, aber morgen müssen wir bekanntgeben, daß die deutsche Equipe verhaftet ist. Das offizielle Kommunique. Was dann folgt, ist bekannt: diplomatische Verhandlungen, Vorlage der Ermittlungsergebnisse, Rechtsbeistand für die Beklagten. Und was kann man gegen sie anführen? Nur, daß in einem Wagen Kokain gewesen ist. Eine magere Anklage, und sie wissen es.
    Borolenko fuhr hinaus zum Dynamo-Stadion. Der Kordon der Scharfschützen hatte sich bereits postiert. Leutnant Stupkin meldete:
    »Genosse Dobchinskij ist auch gekommen. Er liegt in einem Loch dort unter dem großen Holunderstrauch.«
    Auch das noch, dachte Borolenko. Semjon Iwanowitsch Dobchinskij, der Erste Kommissar des MWD. Das wird eine Nacht! Ich werde aufpassen müssen, daß er nicht schnarcht wie ein Wasserbüffel.
    Gebrochen schlich Borolenko zu dem Holunderstrauch.
    Niemand erschien, die Päckchen abzuholen.
    Dobchinskij schlief in seinem Loch, Borolenko nickte gegen Morgen ein. Leutnant Stupkin schwankte vor Müdigkeit.
    Im Laufe dieses Tages taten Dr. Rölle und der Futtermeister etwas, was eigentlich nicht ihre Aufgabe war – sie longierten alle Pferde ab, damit sie nicht steif wurden. Major Borolenko, der nach vier Stunden Schlaf wieder bei den Ställen erschien, erlaubte, daß die Pferde trainiert wurden. Im Stadion hatte der Aufbau der Hindernisse begonnen. Oberst Tamaschek von der Offiziersreitschule Moskau hatte den Parcours entworfen – eine höllische Strecke, die eigentlich nur einer gewinnen konnte: Hauptmann Djomka Ulanowitsch Pollowjeff, der beste Reiter der Sowjetunion. Er überwachte mit Oberst Tamaschek das Aufsetzen der Hindernisse. Auf der Aschenbahn exerzierte das Ehrenbataillon. Das Musikkorps marschierte mit unwahrscheinlicher Präzision auf. Auf dem Abreiteplatz übten die sowjetischen Reiter. Die Fahnen stiegen an den riesigen Masten hoch.
    Borolenko wurde es übel, wenn er das alles sah.
    Noch wissen sie es nicht, aber morgen bricht das hier alles zusammen. Es wird der größte Skandal, den Moskau bisher erlebt hat!
    »Üben Sie, Doktor«, sagte er zu Dr. Rölle. »Ich sehe ein, daß die Pferde steif werden vom langen Stehen.«
    Und Dr. Rölle arbeitete die Pferde durch. Er war kein glänzender Reiter, aber er konnte die Pferde lockern, kleinere Sprünge mit ihnen machen und die Lektionen der Dressur, die Grundlage aller Erfolge, durchnehmen. Auch der Futtermeister ritt mit ihnen seine Runden, machte Cavaletti-Arbeit und Gehorsamsübungen. Nur an Laska traute sich keiner heran. An der Longe gehorchte sie Dr. Rolle wie ein braves Zirkuspferd, aber kam er mit dem Sattel, stieg sie vorne hoch.
    Am dritten Tag ging mit Laska eine Wandlung vor sich. Sie ließ sich von Dr. Rölle den Sattel auflegen, sie ließ Dr. Rölle aufsitzen, sie ging mit Dr. Rölle in die Bahn. Der Tierarzt begriff es selbst nicht, ritt ein paar Runden auf Laska, probierte alle Gänge durch und wurde dann mutig, ritt ein Hindernis von nur einem Meter an – eine Einzelstange – und flog dann mit Laska hoch durch die Luft. Sie kamen getrennt auf dem Boden an.
    »Was für ein Pferd«, sagte Dr. Rölle, als er vom Rasen aufstand. »Man hat das Gefühl, es gäbe keine Schwere mehr. Laska, du Luder, wir probieren es noch mal!«
    Und es gelang. Dr. Rölle blieb im Sattel.
    Nach zwei Stunden kamen russische Stallknechte und holten Sättel, Zaumzeug, Halfter, Longen und Stiefel wieder ab. Borolenko hatte es durchgesetzt, daß man der deutschen Mannschaft das Notwendigste auslieh.
    »Ihr eigenes Material existiert nicht mehr«, sagte er schon am ersten Tag zu Dr. Rölle. »Wir müssen gründlich sein.«
    Vor der dritten Nacht, der letzten, erschien Borolenko noch einmal in Hartungs Zimmer.

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