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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nächsten Krankenhaus, in die Unfall-Station, und lieferte ihn dort ab.
    Früher als beabsichtigt kehrte Romanowski in die Stallungen zurück. An seinem Hinterkopf prangte eine dicke Beule, die Magenpartie war blau unterlaufen, an der linken Schulter hatte er Prellungen, das rechte Auge wuchs durch eine Schwellung zu. Die japanischen Ärzte, die ihn untersucht hatten, gaben ihm ein Mittel zum Einreiben mit, eine übelriechende Flüssigkeit, die Romanowski sofort in den Rinnstein goß. Das war ein Fehler, denn seine Selbstbehandlung mit Eisbeutel und Alkoholumschlägen dauerte länger.
    »Japan is nischt für uns, Olle«, sagte er am Abend zu Laska. »Jetzt muß ick nur die richtije Ausrede hab'n, die Herrchen ooch jloobt.«
    Das war nicht nötig. Horst Hartung kam nicht mehr in die Stallungen. Er besichtigte in Tokio die berühmte Judo-Schule des Meisters aller Klassen, Eno Takajaka.
    Zu Tokio gehörten die Ginza, der Fudschijama – der heilige Berg –, das Geisha-Theater mit der stundenlangen Tee-Zeremonie, die Samurai-Oper, eine Besichtigung der neuen Industrie-Giganten, die Gärten und Parks, der Smog, jener Nebel aus Abgasen und Regenwolken, bei dem die Japaner sich weiße Atemmasken vor den Mund binden, der Kaiserpalast mit seinen jahrhundertelang unzugänglichen Gärten und die Judo-Schule von Takajaka.
    Dr. Rölle, Hartung, Angela und der Turnierleiter Fukujachi hatten Tokio in stundenlangen Ausflügen kennengelernt. Fukujachi erwies sich dabei als hervorragender Führer, der auch hinter Türen blicken durfte, die sonst Europäern verschlossen bleiben.
    Hartung imponierte das Leben in dieser Stadt und die unglaubliche Energie dieser Menschen, die Japan zur drittgrößten Handelsnation der Welt gemacht hatten. Angela war von den Modegeschäften verzaubert. New York, Paris, Rom konnten nicht mehr bieten – im Gegenteil, hier kam noch der Charme des Ostens hinzu.
    Auf der Ginza kaufte sich Angela drei Kleider, eng, an den Seiten hoch geschlitzt. »Ich verliebe mich zum zweitenmal in sie«, sagte Hartung lachend zu Dr. Rölle. »Ich werde Angela mit ihr selbst betrügen.«
    Für Dr. Rölle hatte Fukujachi eine Besichtigung der Veterinärklinik arrangiert. Dr. Rölle sah einer Pferdeoperation zu, ließ sich neue Narkosemittel für Großvieh erklären und durfte bei einer Gesäugekarzinom-Operation an einer Hündin assistieren. Nach dem Eingriff verbeugten sich die japanischen Kollegen höflich und nannten Dr. Rölle – Fukujachi übersetzte es – einen großen Meister.
    »Da hören Sie's«, sagte Dr. Rölle stolz. »Von euch kriegt man ja nie ein Lob.«
    »Gästen gegenüber sind Japaner immer von ausgesuchter Höflichkeit.« Hartung wandte sich an Fukujachi. Dr. Rölle hakte sich bei Angela ein.
    »Beschimpfen Sie mich nicht, Angi«, sagte er, »wenn ich Ihrem Verlobten eines Tages die Knochen breche. Nur um ihm zu zeigen, daß ein Viehdoktor ihn behandeln kann!«
    In bester Stimmung fuhren sie zur Judo-Schule.
    Eno Takajaka empfing sie in der großen Vorhalle. Er trug die Judoka-Kleidung, die weiße Hose und den weiten weißen Kittel, den sein Meistergürtel über der Hüfte zusammenhielt. Die breite Brust glänzte, als sei sie mit Öl eingerieben.
    »Ich freue mich, daß Sie mein unwürdiges Institut beehren«, sagte er in fließendem Deutsch. »Ich war drei Jahre in Deutschland, auf der Sporthochschule in Köln. Ein schönes Land. Ich habe viele Freunde in Deutschland.«
    Dann wurden Hartung und Angela getrennt. Takajaka führte ihn in eine Kabine, dort zog Hartung die weite Judokleidung an und tappte dann auf bloßen Sohlen hinter dem Meister her in den Übungssaal. Dort standen vierzig Japaner und verneigten sich tief, als Takajaka mit seinem Gast erschien. Dr. Rölle und Nomo Fukujachi saßen an der Schmalwand des Saales auf niedrigen Hockern.
    »Wollen Sie etwa mitmachen?« rief Dr. Rölle, als er Hartung in Judokleidung sah.
    »Der Meister will mir einige Kniffe vorführen.«
    »Denken Sie daran, übermorgen ist das Turnier.«
    »Wer vom Pferd fallen kann, wird auch auf die Matte fallen können.«
    »Verstehen Sie denn was von Judo?«
    »Nicht das geringste.«
    Eno Takajaka gab ein kurzes Kommando. Die vierzig Japaner bildeten zwanzig Paare, stellten sich einander gegenüber, griffen sich an und legten – exakt wie bei einem Ballett – den Gegner auf den Rücken. Es waren die Männer links.
    Aufspringen, neues Kommando. Neuer Angriff, ein Wirbeln von Leibern, die Männer rechts lagen auf dem Boden.

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