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Des Sieges bittere Tränen

Des Sieges bittere Tränen

Titel: Des Sieges bittere Tränen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bei mir können.«
    »Pferde sind keine Hornochsen! Aber Sie sind einer!«
    »Schimpfen Sie, so lange Sie Lust haben, nur tun Sie endlich etwas!« Er drehte den Kopf zur Seite und sah hinüber zu Angela. Sie saß in einem Sessel und hatte kapituliert. Alles Zureden hatte nichts geholfen, alles Bitten und Flehen, keine Küsse und kein Streicheln.
    »Ich reite!« hatte Hartung erklärt. »Es muß nur jemand da sein, der mir die richtigen Bandagen anlegt. Mit den Zähnen knirschen kann ich dann allein.«
    »Hilf du mir wenigstens«, sagte er jetzt. Es klang kläglich. »Sag, daß du mich verstehst.«
    »Ich sage kein Wort mehr. Du bist wie ein kleiner ungezogener Junge, der sein Spielzeug nicht bekommt.«
    »Wenn ich nicht reite, ist unsere Equipe um eine Chance ärmer.«
    »Das weiß jeder! Aber es gibt noch mehr als Reitersiege! Deine Gesundheit ist wichtiger. Ein verkrüppelter Hartung nutzt keinem mehr etwas.«
    »Bravo!« Dr. Rölle beugte sich über Hartung. »Man sollte Sie ohrfeigen!«
    »Angi, helfen Sie mit!« Dr. Rölle hatte einen Berg Bandagen vor sich liegen. Er drückte Hartung vorsichtig in eine sitzende Stellung und begann dann, wieder die linke Schulter und die Brust mit den festen Leinenbändern zu umwickeln.
    Nomo Fukujachi, der keuchend das Zimmer erreicht hatte, stand wortlos neben dem Tisch und sah zu, wie Dr. Rölle aus dem Oberkörper Hartungs eine weiße Rolle machte. Erst als die Bandagen saßen und Hartung vorsichtig vom Tisch glitt, die ersten Schritte machte, den Arm in ein Dreieckstuch schob, sagte er mit einem deutlichen Unterton von Unnachgiebigkeit:
    »Als Turnierleiter werde ich Sie nicht reiten lassen. Ich sperre Sie, Mr. Hartung!«
    Hartung blieb stehen. Sein Gesicht wurde sehr ernst.
    »Das steht in Ihrer Macht, Mr. Fukujachi. Aber dann garantiere ich Ihnen, daß die gesamte deutsche Mannschaft nicht antritt. Hier bin ich der Equipenchef!«
    »Wollen Sie einen Skandal?« fragte Fukujachi.
    »Ich nicht.«
    »Ihr Ritt ist halber Selbstmord.«
    »Aber nur ein halber! Solange die Chancen 50:50 stehen, gibt es gar keine Fragen mehr.«
    »Es ist sinnlos, Mr. Fukujachi.« Angela schüttelte, den Kopf. Sie kannte Hartung lange genug, um zu wissen, daß jetzt keine Worte mehr halfen. »Entweder er fällt vom Pferd, oder er schafft es – eine andere Alternative gibt es jetzt nicht mehr.«
    »Ich werde nach Deutschland telegrafieren.«
    »Auch das haben wir schon getan.« Dr. Rölle packte die restlichen Binden in seinen großen Tierarztkoffer. »Baron Fallersfeld ist weit weg, Hartung weigert sich, telefonisch mit ihm zu sprechen – was soll man da noch machen?«
    »Dem verdammten Kerl eine Spritze geben!« rief Fukujachi, gar nicht mehr voll asiatischer Höflichkeit. »Damit er achtundvierzig Stunden schläft!«
    »Ihr könnt reden, soviel ihr wollt«, sagte Hartung. Er marschierte im Zimmer hin und her und zwang sich, nicht an seinen Arm und die Schmerzen zu denken. »Ich reite doch!«
    Zwei Nächte Schmerzen. Zwei Nächte keinen Schlaf. Die geringste Bewegung brannte wie Feuer in der Schulter. Selbst das Gehen, die leichte Erschütterung jedes Schrittes, spürte er als Stiche im Schlüsselbein.
    Stundenlang saß er im Bett, gegen die Rückwand gelehnt. Das war die beste Haltung, in der er schmerzfrei war, wenn er ganz ruhig saß und sich kaum bewegte.
    Morgen reite ich, sagte er sich immer wieder vor. Ich weiß, daß es Wahnsinn ist, aber die jungen Reiter sind so unsicher, wenn ich ausfalle. Ihnen fehlt die internationale Erfahrung, sie haben noch nicht die Kaltschnäuzigkeit, mit der man über einen Parcours reitet, nicht die Nerven, wenn sie plötzlich allein dastehen und die ganze Last des Wettstreits auf ihren Schultern ruht. Ich muß reiten!
    Am Morgen des Turniertages stand er früh auf und wartete nicht, bis Angela kam und ihm beim Waschen half. Mühsam, von Schmerzen geplagt, rasierte er sich, steckte den Kopf unter den kalten Wasserstrahl, um die Müdigkeit aus seinem Hirn zu treiben, und zog sich dann mit einer Hand an. Bis zu den Stiefeln gelang es, dann saß er auf dem Stuhl und wartete.
    Wer zuerst kam, war Romanowski. Er sah Hartung im Reitzeug und hieb mit der Faust gegen die Wand, daß es wie ein Paukenschlag dröhnte.
    »Det mach ick nich mit!« erklärte er. »Ooch die anderen Kameraden sajen, det Se im Bett bleiben sollen.«
    »Zieh mir die Stiefel an, Pedro.«
    »Nee, Herrchen, det tu ick nich.«
    »Du hältst sie mir hin, und ich trete

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